Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleinitz, Alexandra von: Offener Brief einer Studirenden an die Gegner der „Studentinnen“ unter den Studenten. Zürich, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite
I.
Offener Brief einer Studirenden
an die
Gegner der "Studentinnen" unter den Studenten.


Es scheint leider eine Thatsache - erst dringt dunkel und
verworren das Gerücht zu uns, dann entnehmen wir es Zeitungs-
berichten - wir, Ihre weiblichen Studiengenossen an der hiesigen
Hochschule, werden von Ihnen unsern männlichen Mitschülern an-
gegriffen; Sie wollen unsere Ausschliessung von der Universität
beantragen, wollen beantragen, dass ein Vorrecht, grossherzig uns
eingeräumt von schweizerischer Vorurtheilslosigkeit, schweizerischem
Rechtssinn, und von uns mit Dankbarkeit begrüsst, mit Dankbar-
keit benutzt, auf's Neue uns entzogen werde! -

Meine Herren, wir hören und staunen, aber wir begreifen nicht.
Die Sache erscheint uns eben so unerhört als räthselhaft, eben so
räthselhaft als traurig und beklagenswerth. Erblicken Sie in diesem
Ausspruch keine Herausforderung. Vergessen Sie es nicht, Sie
Ihrerseits haben uns herausgefordert, nein, nicht herausgefordert,
bereits angegriffen - uns, die wir in vollständigster Harmlosigkeit
wahrlich von keinerlei Seite irgend einer Feindseligkeit gewärtig
waren. - Müssen wir Ihr Vorgehen nicht als Kränkung empfinden?
Sind wir nicht genöthigt uns einzugestehen, dass wir in Ihrer
Handlungsweise das Resultat solcher Motive zu beklagen haben,
die für uns die Bedeutung eines Vorwurfs besitzen? - Es ist nicht

I.
Offener Brief einer Studirenden
an die
Gegner der „Studentinnen“ unter den Studenten.


Es scheint leider eine Thatsache – erst dringt dunkel und
verworren das Gerücht zu uns, dann entnehmen wir es Zeitungs-
berichten – wir, Ihre weiblichen Studiengenossen an der hiesigen
Hochschule, werden von Ihnen unsern männlichen Mitschülern an-
gegriffen; Sie wollen unsere Ausschliessung von der Universität
beantragen, wollen beantragen, dass ein Vorrecht, grossherzig uns
eingeräumt von schweizerischer Vorurtheilslosigkeit, schweizerischem
Rechtssinn, und von uns mit Dankbarkeit begrüsst, mit Dankbar-
keit benutzt, auf's Neue uns entzogen werde! –

Meine Herren, wir hören und staunen, aber wir begreifen nicht.
Die Sache erscheint uns eben so unerhört als räthselhaft, eben so
räthselhaft als traurig und beklagenswerth. Erblicken Sie in diesem
Ausspruch keine Herausforderung. Vergessen Sie es nicht, Sie
Ihrerseits haben uns herausgefordert, nein, nicht herausgefordert,
bereits angegriffen – uns, die wir in vollständigster Harmlosigkeit
wahrlich von keinerlei Seite irgend einer Feindseligkeit gewärtig
waren. – Müssen wir Ihr Vorgehen nicht als Kränkung empfinden?
Sind wir nicht genöthigt uns einzugestehen, dass wir in Ihrer
Handlungsweise das Resultat solcher Motive zu beklagen haben,
die für uns die Bedeutung eines Vorwurfs besitzen? – Es ist nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0003" n="[3]"/>
      <div n="1">
        <head>I.<lb/><hi rendition="#fr">Offener Brief einer Studirenden</hi><lb/>
an die<lb/>
Gegner der &#x201E;Studentinnen&#x201C; unter den Studenten.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Es scheint leider eine Thatsache &#x2013; erst dringt dunkel und<lb/>
verworren das Gerücht zu uns, dann entnehmen wir es Zeitungs-<lb/>
berichten &#x2013; wir, Ihre weiblichen Studiengenossen an der hiesigen<lb/>
Hochschule, werden von Ihnen unsern männlichen Mitschülern an-<lb/>
gegriffen; Sie wollen unsere Ausschliessung von der Universität<lb/>
beantragen, wollen beantragen, dass ein Vorrecht, grossherzig uns<lb/>
eingeräumt von schweizerischer Vorurtheilslosigkeit, schweizerischem<lb/>
Rechtssinn, und von uns mit Dankbarkeit begrüsst, mit Dankbar-<lb/>
keit benutzt, auf's Neue uns entzogen werde! &#x2013; </p><lb/>
        <p>Meine Herren, wir hören und staunen, aber wir begreifen nicht.<lb/>
Die Sache erscheint uns eben so unerhört als räthselhaft, eben so<lb/>
räthselhaft als traurig und beklagenswerth. Erblicken Sie in diesem<lb/>
Ausspruch keine Herausforderung. Vergessen Sie es nicht, Sie<lb/>
Ihrerseits haben uns herausgefordert, nein, nicht herausgefordert,<lb/>
bereits angegriffen &#x2013; uns, die wir in vollständigster Harmlosigkeit<lb/>
wahrlich von keinerlei Seite irgend einer Feindseligkeit gewärtig<lb/>
waren. &#x2013; Müssen wir Ihr Vorgehen nicht als Kränkung empfinden?<lb/>
Sind wir nicht genöthigt uns einzugestehen, dass wir in Ihrer<lb/>
Handlungsweise das Resultat solcher Motive zu beklagen haben,<lb/>
die für uns die Bedeutung eines Vorwurfs besitzen? &#x2013; Es ist nicht<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[3]/0003] I. Offener Brief einer Studirenden an die Gegner der „Studentinnen“ unter den Studenten. Es scheint leider eine Thatsache – erst dringt dunkel und verworren das Gerücht zu uns, dann entnehmen wir es Zeitungs- berichten – wir, Ihre weiblichen Studiengenossen an der hiesigen Hochschule, werden von Ihnen unsern männlichen Mitschülern an- gegriffen; Sie wollen unsere Ausschliessung von der Universität beantragen, wollen beantragen, dass ein Vorrecht, grossherzig uns eingeräumt von schweizerischer Vorurtheilslosigkeit, schweizerischem Rechtssinn, und von uns mit Dankbarkeit begrüsst, mit Dankbar- keit benutzt, auf's Neue uns entzogen werde! – Meine Herren, wir hören und staunen, aber wir begreifen nicht. Die Sache erscheint uns eben so unerhört als räthselhaft, eben so räthselhaft als traurig und beklagenswerth. Erblicken Sie in diesem Ausspruch keine Herausforderung. Vergessen Sie es nicht, Sie Ihrerseits haben uns herausgefordert, nein, nicht herausgefordert, bereits angegriffen – uns, die wir in vollständigster Harmlosigkeit wahrlich von keinerlei Seite irgend einer Feindseligkeit gewärtig waren. – Müssen wir Ihr Vorgehen nicht als Kränkung empfinden? Sind wir nicht genöthigt uns einzugestehen, dass wir in Ihrer Handlungsweise das Resultat solcher Motive zu beklagen haben, die für uns die Bedeutung eines Vorwurfs besitzen? – Es ist nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Frauenstudium, betreut von Andreas Neumann und Anna Pfundt, FSU Jena und JLU Gießen : Bereitstellung der Texttranskription. (2021-06-15T09:43:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Neumann, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-06-15T09:43:56Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleinitz_brief_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleinitz_brief_1872/3
Zitationshilfe: Schleinitz, Alexandra von: Offener Brief einer Studirenden an die Gegner der „Studentinnen“ unter den Studenten. Zürich, 1872, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleinitz_brief_1872/3>, abgerufen am 19.04.2024.