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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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muthmassliche lage d. spätern u. alten minervatempels.
der plastischen Kunst nicht gehabt haben. Ausserdem
sieht mir der Kopf des Sonnengottes so alexandrinisch
aus, dass ich an der Geschichte festhalten und glauben
muss, dass dies Kunstwerk aus der Zeit des Lysimachos
stammt, der, nach Strabo, XIII, 1, nach Alexander's des
Grossen Tode hier den von diesem nach der Unterwer-
fung des persischen Reichs der Stadt Ilion versproche-
nen neuen Tempel der ilischen Minerva baute.

Dass ich nun das Kunstwerk auf dem steilen Ab-
hange des Berges fand, während es doch nothwendiger-
weise auf der entgegengesetzten Seite, über dem Ein-
gang zum Tempel, gestanden haben muss, ist nur da-
durch erklärlich, dass die Türken, welche hier Grab-
säulen suchten, diese Sculptur verschmähten, weil sie
lebendige Geschöpfe darstellt, deren Nachahmung sehr
streng im Koran verboten ist.

Unter den Ruinen dieses Tempels hoffe ich die
Trümmer jenes von Alexander dem Grossen hier vor-
gefundenen winzigen Tempels zu finden. Es scheint
mir jedoch nicht wahrscheinlich, dass ich in den Tiefen
des letztern den alten trojanischen Tempel entdecke,
in welchem Hekabe durch die Priesterin Theano ihr
kostbarstes Gewand auf die Knie der Minerva legen
liess (Ilias, VI, 302--304): ` E d ara peplon elousa Theano
kallipareos theken Athenaies epi gounasin eukomoio; eukhomene
d erato Dios koure megaloio (und die schönwangige
Theano, das Gewand nehmend, legte es auf die Knie
der schönlockigen Athene und betete inbrünstig zur
Tochter des grossen Zeus). Nach dem aus der Asche
von Opferthieren bestehenden steinfesten Schutt zu ur-
theilen, der mir auf einer Strecke von 25 Meter am öst-

muthmassliche lage d. spätern u. alten minervatempels.
der plastischen Kunst nicht gehabt haben. Ausserdem
sieht mir der Kopf des Sonnengottes so alexandrinisch
aus, dass ich an der Geschichte festhalten und glauben
muss, dass dies Kunstwerk aus der Zeit des Lysimachos
stammt, der, nach Strabo, XIII, 1, nach Alexander’s des
Grossen Tode hier den von diesem nach der Unterwer-
fung des persischen Reichs der Stadt Ilion versproche-
nen neuen Tempel der ilischen Minerva baute.

Dass ich nun das Kunstwerk auf dem steilen Ab-
hange des Berges fand, während es doch nothwendiger-
weise auf der entgegengesetzten Seite, über dem Ein-
gang zum Tempel, gestanden haben muss, ist nur da-
durch erklärlich, dass die Türken, welche hier Grab-
säulen suchten, diese Sculptur verschmähten, weil sie
lebendige Geschöpfe darstellt, deren Nachahmung sehr
streng im Koran verboten ist.

Unter den Ruinen dieses Tempels hoffe ich die
Trümmer jenes von Alexander dem Grossen hier vor-
gefundenen winzigen Tempels zu finden. Es scheint
mir jedoch nicht wahrscheinlich, dass ich in den Tiefen
des letztern den alten trojanischen Tempel entdecke,
in welchem Hekabe durch die Priesterin Theano ihr
kostbarstes Gewand auf die Knie der Minerva legen
liess (Ilias, VI, 302—304): ῾ Η δ̕ ἄρα πέπλον ἑλοῦσα Θεανὼ
καλλιπάρῃος ϑῆκεν Ἀϑηναίης ἐπὶ γούνασιν ἠϋκόμοιο· εὐχομένη
δ̕ ἠρᾶτο Διὸς κούρῃ μεγάλοιο (und die schönwangige
Theano, das Gewand nehmend, legte es auf die Knie
der schönlockigen Athene und betete inbrünstig zur
Tochter des grossen Zeus). Nach dem aus der Asche
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theilen, der mir auf einer Strecke von 25 Meter am öst-

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[102/0168] muthmassliche lage d. spätern u. alten minervatempels. der plastischen Kunst nicht gehabt haben. Ausserdem sieht mir der Kopf des Sonnengottes so alexandrinisch aus, dass ich an der Geschichte festhalten und glauben muss, dass dies Kunstwerk aus der Zeit des Lysimachos stammt, der, nach Strabo, XIII, 1, nach Alexander’s des Grossen Tode hier den von diesem nach der Unterwer- fung des persischen Reichs der Stadt Ilion versproche- nen neuen Tempel der ilischen Minerva baute. Dass ich nun das Kunstwerk auf dem steilen Ab- hange des Berges fand, während es doch nothwendiger- weise auf der entgegengesetzten Seite, über dem Ein- gang zum Tempel, gestanden haben muss, ist nur da- durch erklärlich, dass die Türken, welche hier Grab- säulen suchten, diese Sculptur verschmähten, weil sie lebendige Geschöpfe darstellt, deren Nachahmung sehr streng im Koran verboten ist. Unter den Ruinen dieses Tempels hoffe ich die Trümmer jenes von Alexander dem Grossen hier vor- gefundenen winzigen Tempels zu finden. Es scheint mir jedoch nicht wahrscheinlich, dass ich in den Tiefen des letztern den alten trojanischen Tempel entdecke, in welchem Hekabe durch die Priesterin Theano ihr kostbarstes Gewand auf die Knie der Minerva legen liess (Ilias, VI, 302—304): ῾ Η δ̕ ἄρα πέπλον ἑλοῦσα Θεανὼ καλλιπάρῃος ϑῆκεν Ἀϑηναίης ἐπὶ γούνασιν ἠϋκόμοιο· εὐχομένη δ̕ ἠρᾶτο Διὸς κούρῃ μεγάλοιο (und die schönwangige Theano, das Gewand nehmend, legte es auf die Knie der schönlockigen Athene und betete inbrünstig zur Tochter des grossen Zeus). Nach dem aus der Asche von Opferthieren bestehenden steinfesten Schutt zu ur- theilen, der mir auf einer Strecke von 25 Meter am öst-

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/168>, abgerufen am 21.11.2024.