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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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antiochus i. oder iii.; der name aristodikides.
Gemahlin Heil an die ilische Minerva, an Apollo (wel-
cher für seinen Ahnen galt), an die Siegesgöttin und
an andere Götter gerichtet würden; dass die Priesterin-
nen und Priester, die Senatoren und alle Magistrats-
personen der Stadt Kränze tragen und dass alle Bürger
und alle sonst in Sigeum ansässigen oder nur zeitweilig
dort wohnenden Fremden die Tugend und die Tapfer-
keit des grossen Königs laut preisen sollten; ferner
dass seine goldene Bildsäule zu Pferde im Tempel der
Minerva in Sigeum auf einem Piedestal von weissem
Marmor aufgestellt werden sollte, mit der Inschrift:
"Die Sigeer haben dem König Antiochus, dem Sohne des
Seleucus, diese Bildsäule errichtet für seine dem Tem-
pel bewiesene Frömmigkeit und weil er der Wohlthäter
und der Retter des Volkes ist; diese Ehrenbezeigung
soll in den Volksversammlungen und in den öffentlichen
Spielen ausgerufen werden." Es ist mir aber in dieser
Wildniss unmöglich zu ergründen, welchem alten Clas-
siker diese Episode entlehnt ist.

Wahrscheinlich wurde dem Antiochus I. ein ähn-
licher Empfang in Ilium bereitet, sodass er die Stadt
in gutem Andenken behielt. Dass er wohlwollende Ge-
sinnungen für die Ilier hegte, beweist auch die Inschrift
No. 3595 im "Corpus Inscriptionum Graecarum". Ob aber
er oder Antiochus der Grosse in der Inschrift gemeint
ist, wage ich nicht zu bestimmen.

Der in der Inschrift so vielfach erwähnte Aristodi-
kides, der Assier, ist ganz unbekannt, und kommt dieser
Name hier zum ersten mal vor. Auch der in der In-
schrift mehrfach genannts Ort Petra ist durchaus unbe-
kannt; derselbe muss hier in der Umgegend gelegen

antiochus i. oder iii.; der name aristodikides.
Gemahlin Heil an die ilische Minerva, an Apollo (wel-
cher für seinen Ahnen galt), an die Siegesgöttin und
an andere Götter gerichtet würden; dass die Priesterin-
nen und Priester, die Senatoren und alle Magistrats-
personen der Stadt Kränze tragen und dass alle Bürger
und alle sonst in Sigeum ansässigen oder nur zeitweilig
dort wohnenden Fremden die Tugend und die Tapfer-
keit des grossen Königs laut preisen sollten; ferner
dass seine goldene Bildsäule zu Pferde im Tempel der
Minerva in Sigeum auf einem Piedestal von weissem
Marmor aufgestellt werden sollte, mit der Inschrift:
„Die Sigeer haben dem König Antiochus, dem Sohne des
Seleucus, diese Bildsäule errichtet für seine dem Tem-
pel bewiesene Frömmigkeit und weil er der Wohlthäter
und der Retter des Volkes ist; diese Ehrenbezeigung
soll in den Volksversammlungen und in den öffentlichen
Spielen ausgerufen werden.“ Es ist mir aber in dieser
Wildniss unmöglich zu ergründen, welchem alten Clas-
siker diese Episode entlehnt ist.

Wahrscheinlich wurde dem Antiochus I. ein ähn-
licher Empfang in Ilium bereitet, sodass er die Stadt
in gutem Andenken behielt. Dass er wohlwollende Ge-
sinnungen für die Ilier hegte, beweist auch die Inschrift
No. 3595 im „Corpus Inscriptionum Graecarum“. Ob aber
er oder Antiochus der Grosse in der Inschrift gemeint
ist, wage ich nicht zu bestimmen.

Der in der Inschrift so vielfach erwähnte Aristodi-
kides, der Assier, ist ganz unbekannt, und kommt dieser
Name hier zum ersten mal vor. Auch der in der In-
schrift mehrfach genannts Ort Petra ist durchaus unbe-
kannt; derselbe muss hier in der Umgegend gelegen

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[208/0274] antiochus i. oder iii.; der name aristodikides. Gemahlin Heil an die ilische Minerva, an Apollo (wel- cher für seinen Ahnen galt), an die Siegesgöttin und an andere Götter gerichtet würden; dass die Priesterin- nen und Priester, die Senatoren und alle Magistrats- personen der Stadt Kränze tragen und dass alle Bürger und alle sonst in Sigeum ansässigen oder nur zeitweilig dort wohnenden Fremden die Tugend und die Tapfer- keit des grossen Königs laut preisen sollten; ferner dass seine goldene Bildsäule zu Pferde im Tempel der Minerva in Sigeum auf einem Piedestal von weissem Marmor aufgestellt werden sollte, mit der Inschrift: „Die Sigeer haben dem König Antiochus, dem Sohne des Seleucus, diese Bildsäule errichtet für seine dem Tem- pel bewiesene Frömmigkeit und weil er der Wohlthäter und der Retter des Volkes ist; diese Ehrenbezeigung soll in den Volksversammlungen und in den öffentlichen Spielen ausgerufen werden.“ Es ist mir aber in dieser Wildniss unmöglich zu ergründen, welchem alten Clas- siker diese Episode entlehnt ist. Wahrscheinlich wurde dem Antiochus I. ein ähn- licher Empfang in Ilium bereitet, sodass er die Stadt in gutem Andenken behielt. Dass er wohlwollende Ge- sinnungen für die Ilier hegte, beweist auch die Inschrift No. 3595 im „Corpus Inscriptionum Graecarum“. Ob aber er oder Antiochus der Grosse in der Inschrift gemeint ist, wage ich nicht zu bestimmen. Der in der Inschrift so vielfach erwähnte Aristodi- kides, der Assier, ist ganz unbekannt, und kommt dieser Name hier zum ersten mal vor. Auch der in der In- schrift mehrfach genannts Ort Petra ist durchaus unbe- kannt; derselbe muss hier in der Umgegend gelegen

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/274>, abgerufen am 24.11.2024.