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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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festungsmauer die trümmer durchziehend.
kohlte Topfscherbe in der rothen Holzasche findet, wo-
mit die Räume gefüllt sind. Merkwürdigerweise findet
man unterhalb dieser uralten Häuser wiederum Haus-
wände, die jedenfalls noch älter sein müssen und
auch das Gepräge furchtbarer Glut tragen. In der
That, das Labyrinth von uralten, übereinandergebau-
ten Hausmauern, welches man hier in den Tiefen
des von Lysimachus gebauten Minervatempels findet,
ist einzig in der Welt und bietet dem Archäologen
den reichsten Stoff zu seinen Forschungen. Was mir
aber in diesem Labyrinth von Mauern am räthsel-
haftesten ist, ist eine von Westnordwest nach Süd-
südost dasselbe durchziehende, ebenfalls von Steinen
mit Erde gebaute, oben 1 Meter 85 Centimeter, unten
3 Meter 70 Centimeter breite und 31/2 Meter hohe
Festungsmauer, welche nicht unmittelbar auf dem Ur-
fels steht und erst gebaut ist, als sich auf diesem be-
reits eine Humusschicht von 1/2 Meter Dicke gebildet
hatte. Sie scheint daher etwas weniger alt zu sein als
der grosse Thurm, der unmittelbar auf dem Urboden
ruht.

Parallel laufend mit dieser Festungsmauer und nur
68 Centimeter davon entfernt sieht man in gleicher
Tiefe eine nur 60 Centimeter hohe Mauer, gleichfalls aus
mit Erde vereinigten Steinen erbaut. Die in grösster
Tiefe bisjetzt von mir ausgegrabene Stube hat 3 Meter
Höhe und 3 Meter 45 Centimeter Breite; sie mag aber
höher gewesen sein; ihre Länge ist mir noch nicht be-
kannt. In einem der Räume des obersten der un-
terhalb des Minervatempels befindlichen Häuser aus
vorgriechischer Zeit scheint eine Weinhandlung oder

Schliemann, Troja. 17

festungsmauer die trümmer durchziehend.
kohlte Topfscherbe in der rothen Holzasche findet, wo-
mit die Räume gefüllt sind. Merkwürdigerweise findet
man unterhalb dieser uralten Häuser wiederum Haus-
wände, die jedenfalls noch älter sein müssen und
auch das Gepräge furchtbarer Glut tragen. In der
That, das Labyrinth von uralten, übereinandergebau-
ten Hausmauern, welches man hier in den Tiefen
des von Lysimachus gebauten Minervatempels findet,
ist einzig in der Welt und bietet dem Archäologen
den reichsten Stoff zu seinen Forschungen. Was mir
aber in diesem Labyrinth von Mauern am räthsel-
haftesten ist, ist eine von Westnordwest nach Süd-
südost dasselbe durchziehende, ebenfalls von Steinen
mit Erde gebaute, oben 1 Meter 85 Centimeter, unten
3 Meter 70 Centimeter breite und 3½ Meter hohe
Festungsmauer, welche nicht unmittelbar auf dem Ur-
fels steht und erst gebaut ist, als sich auf diesem be-
reits eine Humusschicht von ½ Meter Dicke gebildet
hatte. Sie scheint daher etwas weniger alt zu sein als
der grosse Thurm, der unmittelbar auf dem Urboden
ruht.

Parallel laufend mit dieser Festungsmauer und nur
68 Centimeter davon entfernt sieht man in gleicher
Tiefe eine nur 60 Centimeter hohe Mauer, gleichfalls aus
mit Erde vereinigten Steinen erbaut. Die in grösster
Tiefe bisjetzt von mir ausgegrabene Stube hat 3 Meter
Höhe und 3 Meter 45 Centimeter Breite; sie mag aber
höher gewesen sein; ihre Länge ist mir noch nicht be-
kannt. In einem der Räume des obersten der un-
terhalb des Minervatempels befindlichen Häuser aus
vorgriechischer Zeit scheint eine Weinhandlung oder

Schliemann, Troja. 17
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[257/0323] festungsmauer die trümmer durchziehend. kohlte Topfscherbe in der rothen Holzasche findet, wo- mit die Räume gefüllt sind. Merkwürdigerweise findet man unterhalb dieser uralten Häuser wiederum Haus- wände, die jedenfalls noch älter sein müssen und auch das Gepräge furchtbarer Glut tragen. In der That, das Labyrinth von uralten, übereinandergebau- ten Hausmauern, welches man hier in den Tiefen des von Lysimachus gebauten Minervatempels findet, ist einzig in der Welt und bietet dem Archäologen den reichsten Stoff zu seinen Forschungen. Was mir aber in diesem Labyrinth von Mauern am räthsel- haftesten ist, ist eine von Westnordwest nach Süd- südost dasselbe durchziehende, ebenfalls von Steinen mit Erde gebaute, oben 1 Meter 85 Centimeter, unten 3 Meter 70 Centimeter breite und 3½ Meter hohe Festungsmauer, welche nicht unmittelbar auf dem Ur- fels steht und erst gebaut ist, als sich auf diesem be- reits eine Humusschicht von ½ Meter Dicke gebildet hatte. Sie scheint daher etwas weniger alt zu sein als der grosse Thurm, der unmittelbar auf dem Urboden ruht. Parallel laufend mit dieser Festungsmauer und nur 68 Centimeter davon entfernt sieht man in gleicher Tiefe eine nur 60 Centimeter hohe Mauer, gleichfalls aus mit Erde vereinigten Steinen erbaut. Die in grösster Tiefe bisjetzt von mir ausgegrabene Stube hat 3 Meter Höhe und 3 Meter 45 Centimeter Breite; sie mag aber höher gewesen sein; ihre Länge ist mir noch nicht be- kannt. In einem der Räume des obersten der un- terhalb des Minervatempels befindlichen Häuser aus vorgriechischer Zeit scheint eine Weinhandlung oder Schliemann, Troja. 17

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/323>, abgerufen am 26.11.2024.