Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

jedoch, ohne Rücksicht auf die kleine Zahl, mit demjenigen Fleisse,
den mir das Bewußtseyn, daß Collegienlesen für einen deutschen
Universitätsdocenten eine pflichtmäßigere Arbeit als Bücher-
schreiben wäre, abnötigte.

Jn den beiden folgenden halben Jaren mehrte sich all-
mälich die Anzal meiner Zuhörer: teils weil fünfe meiner Hrn.
Collegen, denen mein Plan aus dem Gerüchte bekannt worden
war, mir ihre Söhne zuschickten; teils weil des verstorbenen
Hrn. Generals von Zastrow Exc. das Studium der Weltge
schichte Jhren Hrn. Officiers empfalen. Weiß jemand, daß ich
irgend eine malam artem plausus quaerendi, wie sich die Sta-
tuten ausdrucken, gebraucht: der melde und beweise es, wenn
wie und wo er will! Dennoch hörte ich bereits von allerhand
Vorwürfen sprechen, die man diesem meinem Collegio machte.
Allein da dieses nur noch priuatim geschah, so nahm ich keine
andre Notiz davon, als daß ich meinen Plan drucken ließ;
zwar eigentlich und absichtlich als eine Apologie meines ver-
läumdeten Collegii, aber eine so behutsame Apologie, daß kein
einziger auswärtiger Recensent dieses Absichtliche darinnen ge-
merket hat.

Seit dem Herbste 1771 war die Anzal meiner Zuhörer
in der Weltgeschichte über 70, und nachher gegen 100, und in
meinen übrigen Vorlesungen nach Proportion, gestiegen. Und
gerade seit der Zeit wagten es einige, ihre Unzufriedenheit über
mich mit mererer Publicität zu erkennen zu geben.

Der Zeitpunct war übel gewählt. Warum liessen sie mich
vorher in Ruhe, und fiengen nun just ihren Unfug an? So
gewöhnlich von Leuten, die etwas leicht Geld zu verdienen schei-
nen, der Verdacht ist, daß es nicht mit rechten Dingen zugehe:
eben so gewöhnlich ist von andern, die jene darüber anfeinden,
die Vermutung, daß sie jene nur aus Neid anfeinden, und daß
sie selbst zu der zalreichen Klasse von Menschen gehören, die Hun-
ger zu fühlen meinen, so oft sie einen andern essen sehen.

Hr.
C c 3

jedoch, ohne Rückſicht auf die kleine Zahl, mit demjenigen Fleiſſe,
den mir das Bewußtſeyn, daß Collegienleſen für einen deutſchen
Univerſitätsdocenten eine pflichtmäßigere Arbeit als Bücher-
ſchreiben wäre, abnötigte.

Jn den beiden folgenden halben Jaren mehrte ſich all-
mälich die Anzal meiner Zuhörer: teils weil fünfe meiner Hrn.
Collegen, denen mein Plan aus dem Gerüchte bekannt worden
war, mir ihre Söhne zuſchickten; teils weil des verſtorbenen
Hrn. Generals von Zaſtrow Exc. das Studium der Weltge
ſchichte Jhren Hrn. Officiers empfalen. Weiß jemand, daß ich
irgend eine malam artem plauſus quaerendi, wie ſich die Sta-
tuten ausdrucken, gebraucht: der melde und beweiſe es, wenn
wie und wo er will! Dennoch hörte ich bereits von allerhand
Vorwürfen ſprechen, die man dieſem meinem Collegio machte.
Allein da dieſes nur noch priuatim geſchah, ſo nahm ich keine
andre Notiz davon, als daß ich meinen Plan drucken ließ;
zwar eigentlich und abſichtlich als eine Apologie meines ver-
läumdeten Collegii, aber eine ſo behutſame Apologie, daß kein
einziger auswärtiger Recenſent dieſes Abſichtliche darinnen ge-
merket hat.

Seit dem Herbſte 1771 war die Anzal meiner Zuhörer
in der Weltgeſchichte über 70, und nachher gegen 100, und in
meinen übrigen Vorleſungen nach Proportion, geſtiegen. Und
gerade ſeit der Zeit wagten es einige, ihre Unzufriedenheit über
mich mit mererer Publicität zu erkennen zu geben.

Der Zeitpunct war übel gewählt. Warum lieſſen ſie mich
vorher in Ruhe, und fiengen nun juſt ihren Unfug an? So
gewöhnlich von Leuten, die etwas leicht Geld zu verdienen ſchei-
nen, der Verdacht iſt, daß es nicht mit rechten Dingen zugehe:
eben ſo gewöhnlich iſt von andern, die jene darüber anfeinden,
die Vermutung, daß ſie jene nur aus Neid anfeinden, und daß
ſie ſelbſt zu der zalreichen Klaſſe von Menſchen gehören, die Hun-
ger zu fühlen meinen, ſo oft ſie einen andern eſſen ſehen.

Hr.
C c 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0201" n="405[181]"/>
jedoch, ohne Rück&#x017F;icht auf die kleine Zahl, mit demjenigen Flei&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
den mir das Bewußt&#x017F;eyn, daß Collegienle&#x017F;en für einen deut&#x017F;chen<lb/>
Univer&#x017F;itätsdocenten eine pflichtmäßigere Arbeit als Bücher-<lb/>
&#x017F;chreiben wäre, abnötigte.</p><lb/>
              <p>Jn den beiden folgenden halben Jaren mehrte &#x017F;ich all-<lb/>
mälich die Anzal meiner Zuhörer: teils weil fünfe meiner Hrn.<lb/>
Collegen, denen mein Plan aus dem Gerüchte bekannt worden<lb/>
war, mir ihre Söhne zu&#x017F;chickten; teils weil des ver&#x017F;torbenen<lb/>
Hrn. Generals von Za&#x017F;trow Exc. das Studium der Weltge<lb/>
&#x017F;chichte Jhren Hrn. Officiers empfalen. Weiß jemand, daß ich<lb/>
irgend eine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">malam artem plau&#x017F;us quaerendi,</hi></hi> wie &#x017F;ich die Sta-<lb/>
tuten ausdrucken, gebraucht: der melde und bewei&#x017F;e es, wenn<lb/>
wie und wo er will! Dennoch hörte ich bereits von allerhand<lb/>
Vorwürfen &#x017F;prechen, die man die&#x017F;em meinem Collegio machte.<lb/>
Allein da die&#x017F;es nur noch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">priuatim</hi></hi> ge&#x017F;chah, &#x017F;o nahm ich keine<lb/>
andre Notiz davon, als daß ich meinen Plan drucken ließ;<lb/>
zwar eigentlich und ab&#x017F;ichtlich als eine Apologie meines ver-<lb/>
läumdeten Collegii, aber eine &#x017F;o behut&#x017F;ame Apologie, daß kein<lb/>
einziger auswärtiger Recen&#x017F;ent die&#x017F;es Ab&#x017F;ichtliche darinnen ge-<lb/>
merket hat.</p><lb/>
              <p>Seit dem Herb&#x017F;te 1771 war die Anzal meiner Zuhörer<lb/>
in der Weltge&#x017F;chichte über 70, und nachher gegen 100, und in<lb/>
meinen übrigen Vorle&#x017F;ungen nach Proportion, ge&#x017F;tiegen. Und<lb/>
gerade &#x017F;eit der Zeit wagten es einige, ihre Unzufriedenheit über<lb/>
mich mit mererer Publicität zu erkennen zu geben.</p><lb/>
              <p>Der Zeitpunct war übel gewählt. Warum lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mich<lb/>
vorher in Ruhe, und fiengen nun ju&#x017F;t ihren Unfug an? So<lb/>
gewöhnlich von Leuten, die etwas leicht Geld zu verdienen &#x017F;chei-<lb/>
nen, der Verdacht i&#x017F;t, daß es nicht mit rechten Dingen zugehe:<lb/>
eben &#x017F;o gewöhnlich i&#x017F;t von andern, die jene darüber anfeinden,<lb/>
die Vermutung, daß &#x017F;ie jene nur aus Neid anfeinden, und daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t zu der zalreichen Kla&#x017F;&#x017F;e von Men&#x017F;chen gehören, die Hun-<lb/>
ger zu fühlen meinen, &#x017F;o oft &#x017F;ie einen andern e&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ehen.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">C c 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Hr.</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405[181]/0201] jedoch, ohne Rückſicht auf die kleine Zahl, mit demjenigen Fleiſſe, den mir das Bewußtſeyn, daß Collegienleſen für einen deutſchen Univerſitätsdocenten eine pflichtmäßigere Arbeit als Bücher- ſchreiben wäre, abnötigte. Jn den beiden folgenden halben Jaren mehrte ſich all- mälich die Anzal meiner Zuhörer: teils weil fünfe meiner Hrn. Collegen, denen mein Plan aus dem Gerüchte bekannt worden war, mir ihre Söhne zuſchickten; teils weil des verſtorbenen Hrn. Generals von Zaſtrow Exc. das Studium der Weltge ſchichte Jhren Hrn. Officiers empfalen. Weiß jemand, daß ich irgend eine malam artem plauſus quaerendi, wie ſich die Sta- tuten ausdrucken, gebraucht: der melde und beweiſe es, wenn wie und wo er will! Dennoch hörte ich bereits von allerhand Vorwürfen ſprechen, die man dieſem meinem Collegio machte. Allein da dieſes nur noch priuatim geſchah, ſo nahm ich keine andre Notiz davon, als daß ich meinen Plan drucken ließ; zwar eigentlich und abſichtlich als eine Apologie meines ver- läumdeten Collegii, aber eine ſo behutſame Apologie, daß kein einziger auswärtiger Recenſent dieſes Abſichtliche darinnen ge- merket hat. Seit dem Herbſte 1771 war die Anzal meiner Zuhörer in der Weltgeſchichte über 70, und nachher gegen 100, und in meinen übrigen Vorleſungen nach Proportion, geſtiegen. Und gerade ſeit der Zeit wagten es einige, ihre Unzufriedenheit über mich mit mererer Publicität zu erkennen zu geben. Der Zeitpunct war übel gewählt. Warum lieſſen ſie mich vorher in Ruhe, und fiengen nun juſt ihren Unfug an? So gewöhnlich von Leuten, die etwas leicht Geld zu verdienen ſchei- nen, der Verdacht iſt, daß es nicht mit rechten Dingen zugehe: eben ſo gewöhnlich iſt von andern, die jene darüber anfeinden, die Vermutung, daß ſie jene nur aus Neid anfeinden, und daß ſie ſelbſt zu der zalreichen Klaſſe von Menſchen gehören, die Hun- ger zu fühlen meinen, ſo oft ſie einen andern eſſen ſehen. Hr. C c 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/201
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 405[181]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/201>, abgerufen am 21.11.2024.