Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Oder ist Hrn. Herders Meinung diese:
"weil in der Aggregation einzelner Geschich-
ten sehr oft ein Gemische wird; so aggregi-
re man lieber gar nicht, man setze die Völ-
ker nur so insularisch nach dem Alphabete
hin, man schreibe die Weltgeschichte in Form
eines Dictionnaire"? -- Will Hr. H. das?
Jst das seine Meinung? Der Einfall wäre
eines französischen Abbe's werth.

Die Teile wollen nicht halten, - sie flies-
sen auseinander,
sie fallen aus einander:
ächter
Postillantenstyl in einer Recension! Wozu 3
Phrases und 1 Englischer Strich zu Einem
-- ganz alltäglichen -- und hier zu einer fal-
schen Schlußfolge mißbrauchten -- Ge-
danken?

6. Insonderheit aber ist es mit dem
Einen in der Geschichte "fürs mensch-
liche Geschlecht
" betrachtet, immer für
uns Menschen eine so problematische
Sache
.

Nicht für uns Menschen, sondern für
mich Consistorial-Rath Herder.
Welche Ei-
telkeit, sich und seine Wenigkeit mit dem
Menschengeschlechte zu vermengen! Kan denn
nicht für ihn unendlich vieles problematisch
seyn, was es für andre nicht ist? Bossuets

Schüler


Oder iſt Hrn. Herders Meinung dieſe:
“weil in der Aggregation einzelner Geſchich-
ten ſehr oft ein Gemiſche wird; ſo aggregi-
re man lieber gar nicht, man ſetze die Voͤl-
ker nur ſo inſulariſch nach dem Alphabete
hin, man ſchreibe die Weltgeſchichte in Form
eines Dictionnaire”? — Will Hr. H. das?
Jſt das ſeine Meinung? Der Einfall waͤre
eines franzoͤſiſchen Abbe’s werth.

Die Teile wollen nicht halten, – ſie flieſ-
ſen auseinander,
ſie fallen aus einander:
aͤchter
Poſtillantenſtyl in einer Recenſion! Wozu 3
Phraſes und 1 Engliſcher Strich zu Einem
— ganz alltaͤglichen — und hier zu einer fal-
ſchen Schlußfolge mißbrauchten — Ge-
danken?

6. Inſonderheit aber iſt es mit dem
Einen in der Geſchichte “fürs menſch-
liche Geſchlecht
” betrachtet, immer für
uns Menſchen eine ſo problematiſche
Sache
.

Nicht für uns Menſchen, ſondern für
mich Conſiſtorial-Rath Herder.
Welche Ei-
telkeit, ſich und ſeine Wenigkeit mit dem
Menſchengeſchlechte zu vermengen! Kan denn
nicht fuͤr ihn unendlich vieles problematiſch
ſeyn, was es fuͤr andre nicht iſt? Boſſuets

Schuͤler
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0066" n="270[46]"/>
          <fw place="top" type="header">
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </fw>
          <p>Oder i&#x017F;t Hrn. Herders Meinung die&#x017F;e:<lb/>
&#x201C;weil in der Aggregation einzelner Ge&#x017F;chich-<lb/>
ten &#x017F;ehr oft ein Gemi&#x017F;che wird; &#x017F;o aggregi-<lb/>
re man lieber gar nicht, man &#x017F;etze die Vo&#x0364;l-<lb/>
ker nur &#x017F;o in&#x017F;ulari&#x017F;ch nach dem Alphabete<lb/>
hin, man &#x017F;chreibe die Weltge&#x017F;chichte in Form<lb/>
eines <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Dictionnaire</hi></hi>&#x201D;? &#x2014; Will Hr. H. das?<lb/>
J&#x017F;t das &#x017F;eine Meinung? Der Einfall wa&#x0364;re<lb/>
eines franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Abbe&#x2019;s werth.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Die Teile wollen <hi rendition="#i">nicht halten</hi>, &#x2013; &#x017F;ie <hi rendition="#i">flie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en auseinander,</hi> &#x017F;ie <hi rendition="#i">fallen aus einander:</hi></hi> a&#x0364;chter<lb/>
Po&#x017F;tillanten&#x017F;tyl in einer Recen&#x017F;ion! Wozu 3<lb/>
Phra&#x017F;es und 1 Engli&#x017F;cher Strich zu Einem<lb/>
&#x2014; ganz allta&#x0364;glichen &#x2014; und hier zu einer fal-<lb/>
&#x017F;chen Schlußfolge mißbrauchten &#x2014; Ge-<lb/>
danken?</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#et">6. <hi rendition="#aq">In&#x017F;onderheit aber i&#x017F;t es mit dem<lb/><hi rendition="#i">Einen</hi> in der Ge&#x017F;chichte &#x201C;<hi rendition="#i">fürs men&#x017F;ch-<lb/>
liche Ge&#x017F;chlecht</hi>&#x201D; betrachtet, immer für<lb/>
uns Men&#x017F;chen eine <hi rendition="#i">&#x017F;o problemati&#x017F;che<lb/>
Sache</hi>.</hi></hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Nicht <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">für uns Men&#x017F;chen</hi>,</hi> &#x017F;ondern <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">für<lb/>
mich Con&#x017F;i&#x017F;torial-Rath Herder.</hi></hi> Welche Ei-<lb/>
telkeit, &#x017F;ich und &#x017F;eine Wenigkeit mit dem<lb/>
Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechte zu vermengen! Kan denn<lb/>
nicht fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">ihn</hi> unendlich vieles problemati&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;eyn, was es fu&#x0364;r andre nicht i&#x017F;t? Bo&#x017F;&#x017F;uets<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Schu&#x0364;ler</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270[46]/0066] Oder iſt Hrn. Herders Meinung dieſe: “weil in der Aggregation einzelner Geſchich- ten ſehr oft ein Gemiſche wird; ſo aggregi- re man lieber gar nicht, man ſetze die Voͤl- ker nur ſo inſulariſch nach dem Alphabete hin, man ſchreibe die Weltgeſchichte in Form eines Dictionnaire”? — Will Hr. H. das? Jſt das ſeine Meinung? Der Einfall waͤre eines franzoͤſiſchen Abbe’s werth. Die Teile wollen nicht halten, – ſie flieſ- ſen auseinander, ſie fallen aus einander: aͤchter Poſtillantenſtyl in einer Recenſion! Wozu 3 Phraſes und 1 Engliſcher Strich zu Einem — ganz alltaͤglichen — und hier zu einer fal- ſchen Schlußfolge mißbrauchten — Ge- danken? 6. Inſonderheit aber iſt es mit dem Einen in der Geſchichte “fürs menſch- liche Geſchlecht” betrachtet, immer für uns Menſchen eine ſo problematiſche Sache. Nicht für uns Menſchen, ſondern für mich Conſiſtorial-Rath Herder. Welche Ei- telkeit, ſich und ſeine Wenigkeit mit dem Menſchengeſchlechte zu vermengen! Kan denn nicht fuͤr ihn unendlich vieles problematiſch ſeyn, was es fuͤr andre nicht iſt? Boſſuets Schuͤler

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/66
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 270[46]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/66>, abgerufen am 22.11.2024.