Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.H., warum ich nicht, meiner eigenen Theo- rie gemäß, alle Völker in solche wieder un- ter sich erinnernde Perioden, denen er selbst (§. 22, II) geneigt ist, verteilet habe? Jch antworte: solche Perioden lassen sich nicht im Fluge aus unsern gewöhnlichen an Factis armen und an Raisonnemens reichen histo- rischen Compendien machen; sondern nur alsdenn erst, nachdem man eine Völkerge- schichte in ihrem ganzen Umfange und De- tail, folglich aus Quartanten, studiret hat. Nun umfasset doch die Weltgeschichte merere Duzende von Specialgeschichten; und jede einzelne Specialgeschichte, um sie, noch nicht aus Quellen, sondern nur aus vollständigen Hauptauctoren im Detail zu studiren, und sie sodann in Perioden auf ein paar Seiten zu pressen, kostet Gibeoniten-Fleiß mererer Monate. Jch lasse mir die Arbeit gefallen, und hüpfe nicht weg: aber der Tag ist in Göt- tingen wie anderswo nur 24 Stunden lang; man sei also so billig, und lasse mir Zeit. So oft ich bisher über die Weltgeschichte ge- lesen habe, habe ich jedesmal ein oder zwei Völker auf die Art ausgearbeitet. Eben jetzo bin ich mit den Longobarden (Vor- stell.
H., warum ich nicht, meiner eigenen Theo- rie gemaͤß, alle Voͤlker in ſolche wieder un- ter ſich erinnernde Perioden, denen er ſelbſt (§. 22, II) geneigt iſt, verteilet habe? Jch antworte: ſolche Perioden laſſen ſich nicht im Fluge aus unſern gewoͤhnlichen an Factis armen und an Raiſonnemens reichen hiſto- riſchen Compendien machen; ſondern nur alsdenn erſt, nachdem man eine Voͤlkerge- ſchichte in ihrem ganzen Umfange und De- tail, folglich aus Quartanten, ſtudiret hat. Nun umfaſſet doch die Weltgeſchichte merere Duzende von Specialgeſchichten; und jede einzelne Specialgeſchichte, um ſie, noch nicht aus Quellen, ſondern nur aus vollſtaͤndigen Hauptauctoren im Detail zu ſtudiren, und ſie ſodann in Perioden auf ein paar Seiten zu preſſen, koſtet Gibeoniten-Fleiß mererer Monate. Jch laſſe mir die Arbeit gefallen, und hüpfe nicht weg: aber der Tag iſt in Goͤt- tingen wie anderswo nur 24 Stunden lang; man ſei alſo ſo billig, und laſſe mir Zeit. So oft ich bisher uͤber die Weltgeſchichte ge- leſen habe, habe ich jedesmal ein oder zwei Voͤlker auf die Art ausgearbeitet. Eben jetzo bin ich mit den Longobarden (Vor- ſtell.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0092" n="296[72]"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> vielen andern. Vielleicht fragt mich Hr.<lb/> H., warum ich nicht, meiner eigenen Theo-<lb/> rie gemaͤß, alle Voͤlker in ſolche wieder un-<lb/> ter ſich erinnernde Perioden, denen er ſelbſt<lb/> (§. 22, <hi rendition="#aq">II</hi>) geneigt iſt, verteilet habe? Jch<lb/> antworte: <hi rendition="#fr">ſolche</hi> Perioden laſſen ſich nicht<lb/> im Fluge aus unſern gewoͤhnlichen an Factis<lb/> armen und an Raiſonnemens reichen hiſto-<lb/> riſchen Compendien machen; ſondern nur<lb/> alsdenn erſt, nachdem man eine Voͤlkerge-<lb/> ſchichte in ihrem ganzen Umfange und De-<lb/> tail, folglich aus Quartanten, ſtudiret hat.<lb/> Nun umfaſſet doch die Weltgeſchichte merere<lb/> Duzende von Specialgeſchichten; und jede<lb/> einzelne Specialgeſchichte, um ſie, noch nicht<lb/> aus Quellen, ſondern nur aus vollſtaͤndigen<lb/> Hauptauctoren im Detail zu ſtudiren, und<lb/> ſie ſodann in Perioden auf ein paar Seiten<lb/> zu preſſen, koſtet Gibeoniten-Fleiß mererer<lb/> Monate. Jch laſſe mir die Arbeit gefallen,<lb/> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">hüpfe</hi> nicht <hi rendition="#i">weg:</hi></hi> aber der Tag iſt in Goͤt-<lb/> tingen wie anderswo nur 24 Stunden lang;<lb/> man ſei alſo ſo <hi rendition="#fr">billig,</hi> und laſſe mir Zeit.<lb/> So oft ich bisher uͤber die Weltgeſchichte ge-<lb/> leſen habe, habe ich jedesmal ein oder zwei<lb/> Voͤlker auf <hi rendition="#fr">die</hi> Art ausgearbeitet. Eben<lb/> jetzo bin ich mit den <hi rendition="#fr">Longobarden</hi> (Vor-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſtell.</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [296[72]/0092]
vielen andern. Vielleicht fragt mich Hr.
H., warum ich nicht, meiner eigenen Theo-
rie gemaͤß, alle Voͤlker in ſolche wieder un-
ter ſich erinnernde Perioden, denen er ſelbſt
(§. 22, II) geneigt iſt, verteilet habe? Jch
antworte: ſolche Perioden laſſen ſich nicht
im Fluge aus unſern gewoͤhnlichen an Factis
armen und an Raiſonnemens reichen hiſto-
riſchen Compendien machen; ſondern nur
alsdenn erſt, nachdem man eine Voͤlkerge-
ſchichte in ihrem ganzen Umfange und De-
tail, folglich aus Quartanten, ſtudiret hat.
Nun umfaſſet doch die Weltgeſchichte merere
Duzende von Specialgeſchichten; und jede
einzelne Specialgeſchichte, um ſie, noch nicht
aus Quellen, ſondern nur aus vollſtaͤndigen
Hauptauctoren im Detail zu ſtudiren, und
ſie ſodann in Perioden auf ein paar Seiten
zu preſſen, koſtet Gibeoniten-Fleiß mererer
Monate. Jch laſſe mir die Arbeit gefallen,
und hüpfe nicht weg: aber der Tag iſt in Goͤt-
tingen wie anderswo nur 24 Stunden lang;
man ſei alſo ſo billig, und laſſe mir Zeit.
So oft ich bisher uͤber die Weltgeſchichte ge-
leſen habe, habe ich jedesmal ein oder zwei
Voͤlker auf die Art ausgearbeitet. Eben
jetzo bin ich mit den Longobarden (Vor-
ſtell.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |