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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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besten üben, oder so sie fürchten zerstreuet zu werden, sich damit am längsten
schützen können. Wer solche Schüler in die Schule bekommt, ersährets
was sie für Lectiones aufgeben, und wie sie sich wider ein vermuthliches To-
des-Urthel streuben können, bevorab, wenn sie es fühlen, daß es zum Rade
fallen möchte. Gemeiniglich hält es am allerhärtesten, wenn sie das rechte
Corpus delicti ausfpeien sollen. Dahero wenn sie sattsam Convicti, aber
selbst noch nicht Confessi sind, dem ungeacht aber dennoch sterben sollen,
wollen sie gemeiniglich vor dem Predigt-Amte wol grosse Sünder und gott-
lose Menschen heissen, aber wenn es aufs Haupt-Moment kommet, wollen
sie sich immer gerne davon abwickeln. Manche sind so verstockt, daß sie diese ihre
Boßheit mit in den Tod tragen, ehe sie selbige bekennen sollten, und solches
thun sie aus blinder Liebe zum zeitlichen Sünden-Leben, welches sie, unter
der Anführung des Satans also beharrlich fortzusetzen, gelüstet, nicht
wissende oder glaubende, daß der Satan dahinter stecke, der damit ihre arme
Seele zum Verderben heran schleppen wolle, da sie doch unter einem Christ-
lichen Gerichte ihme als ein Raub könnten abgenommen, und selig zu GOtt
bekehret werden. Es ist aber solches Verschweigen auch wol mehrmals,
wie wirs in dieser vorhabenden Historie bemercket haben, aus ungemeinem
Grimm und Boßheit kommen, so Banditen sonderlich wider ihre gütigste
Richter hegen, daß auch wol mit Lästern und Zeter-Geschrey verknüpffet
wird, indem sie vor denselben mit allen ihren angestrengten Lügen-Kräfften
nicht haben unschuldig hestehen können, so sollen die Gerichte von ihnen der
Ungerechtigkeit beschuldiget werden.

§. 17.

Solchem zuwider zu seyn ist billig, wenn ergangene Leibes-Straf-
fen mit ihren vorgetriebenen und aufgesuchten Gottlosigkeiten zur Historie
kommen, und öffentlich an den Tag geleget werden, daß die Executirte als
befundene Gottlose zerstreuet worden, die als ein fressender Krebs-Schaden
von dem menschlichen Societät-Cörper haben müssen abgeschnitten werden,
daß dadurch auch die Weißheit eines Königs auf dem Hoch-Gerichte im
Glantze bleibe, ohne daß ihr sodann von einem bekannten Axiomate Politico
etwas abgeschnitten würde: Einem Fürsten sollen die gehäufften Leibes-
Straffen so mißfällig seyn, als einem Medico die Menge derer Leichen.

Burgold. Notit rerum illustrium p. 640. Principi multa supplicia tam
exosa sint, quam Medico multa funera.

§. 18.

beſten uͤben, oder ſo ſie fuͤrchten zerſtreuet zu werden, ſich damit am laͤngſten
ſchuͤtzen koͤnnen. Wer ſolche Schuͤler in die Schule bekommt, erſaͤhrets
was ſie fuͤr Lectiones aufgeben, und wie ſie ſich wider ein vermuthliches To-
des-Urthel ſtreuben koͤnnen, bevorab, wenn ſie es fuͤhlen, daß es zum Rade
fallen moͤchte. Gemeiniglich haͤlt es am allerhaͤrteſten, wenn ſie das rechte
Corpus delicti ausfpeien ſollen. Dahero wenn ſie ſattſam Convicti, aber
ſelbſt noch nicht Confesſi ſind, dem ungeacht aber dennoch ſterben ſollen,
wollen ſie gemeiniglich vor dem Predigt-Amte wol groſſe Suͤnder und gott-
loſe Menſchen heiſſen, aber wenn es aufs Haupt-Moment kommet, wollen
ſie ſich im̃er gerne davon abwickeln. Manche ſind ſo verſtockt, daß ſie dieſe ihre
Boßheit mit in den Tod tragen, ehe ſie ſelbige bekennen ſollten, und ſolches
thun ſie aus blinder Liebe zum zeitlichen Suͤnden-Leben, welches ſie, unter
der Anfuͤhrung des Satans alſo beharrlich fortzuſetzen, geluͤſtet, nicht
wiſſende oder glaubende, daß der Satan dahinter ſtecke, der damit ihre arme
Seele zum Verderben heran ſchleppen wolle, da ſie doch unter einem Chriſt-
lichen Gerichte ihme als ein Raub koͤnnten abgenommen, und ſelig zu GOtt
bekehret werden. Es iſt aber ſolches Verſchweigen auch wol mehrmals,
wie wirs in dieſer vorhabenden Hiſtorie bemercket haben, aus ungemeinem
Grimm und Boßheit kommen, ſo Banditen ſonderlich wider ihre guͤtigſte
Richter hegen, daß auch wol mit Laͤſtern und Zeter-Geſchrey verknuͤpffet
wird, indem ſie vor denſelben mit allen ihren angeſtrengten Luͤgen-Kraͤfften
nicht haben unſchuldig heſtehen koͤnnen, ſo ſollen die Gerichte von ihnen der
Ungerechtigkeit beſchuldiget werden.

§. 17.

Solchem zuwider zu ſeyn iſt billig, wenn ergangene Leibes-Straf-
fen mit ihren vorgetriebenen und aufgeſuchten Gottloſigkeiten zur Hiſtorie
kommen, und oͤffentlich an den Tag geleget werden, daß die Executirte als
befundene Gottloſe zerſtreuet worden, die als ein freſſender Krebs-Schaden
von dem menſchlichen Societaͤt-Coͤrper haben muͤſſen abgeſchnitten werden,
daß dadurch auch die Weißheit eines Koͤnigs auf dem Hoch-Gerichte im
Glantze bleibe, ohne daß ihr ſodann von einem bekannten Axiomate Politico
etwas abgeſchnitten wuͤrde: Einem Fuͤrſten ſollen die gehaͤufften Leibes-
Straffen ſo mißfaͤllig ſeyn, als einem Medico die Menge derer Leichen.

Burgold. Notit rerum illuſtrium p. 640. Principi multa ſupplicia tam
exoſa ſint, quam Medico multa funera.

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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 12[10]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/10>, abgerufen am 09.11.2024.