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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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§. 13.

Wann dann ausgemacht ist, daß gottlose Leute in einem wolbe-
stellten und weißlich regierten Lande viel Böses stifften, und menschlichen
Gesellschafften viele schädliche Ungelegenheiten verursachen, daß sie für solche
schleichende Seuche sich mit dem Leben so wenig als Habseligkeiten gnug-
sam schützen mögen; so richtet die Landes Obrig keit alle Sorgfältigkeit dawi-
der, daß sie nicht einbrechen noch überhand im Lande nehmen müssen: Sie
sey aber so wachsam und strenge als sie immer wolle, ein Gottloser wagets
dennoch, und ist keine Straffe so groß, daß sie dadurch gewarschauet und
gescheuchet würden. Dahero ist vermuthlich die Straffe des Rades er-
dacht, damit die Weißheit in eine Schärffe gehet, und der Gottlosigkeit
einen Riegel vorschiebet.

§. 14.

Strang und Schwerdt scheinet fast heut zu Tage verruchten Leu-
ten was Altes zu seyn, weil ihres Gleichen so viele schon vor ihren Augen
unter solchen fürchterlichen Dingen das Leben eingebüsset, dahero durch
Satans Eingeben, sie wol tichten, solche dadurch vollstreckte Leibes-Straf-
fen, für was Leichtes und Erträgliches zu halten, bevorab, da sie die Scham
und Ehrbarkeit bereits ausgezogen, hergegen sich mit liederlicher Leichtsin-
nigkeit verharnischet haben, gedenckende, wir sind die Ersten nicht, die solches
erleiden, so werden wir auch die Letzten nicht seyn, habens jene überwinden
und ausstehen können, wir wollens darauf auch wagen, es ist um eine saure
Stunde zu thun, so hats ein Ende, nur daß mans frisch wage, und es end-
lich auch darauf ankommen lasse; Allein ihre Frechheit kan ihnen die
Weißheit exasperiren, daß sie öffters in der Austheilung der Straffe mehr
thun muß, als sonst gewöhnlich gewesen, ohne daß sie deßwegen den Ver-
dacht einer Grausamkeit über sich zöge.

§. 15.

Ein gewisser Criticus über diesen angeführten Spruch Salomons
hat seine Gedancken denen unsrigen nicht zuwider: Es haben, spricht er,
gottlose Leute sich niemals bey Vermehrung ihrer Büberey so verschmitzt
und frech erweisen können, daß nicht andere verständige und weise Richter
ihnen dagegen mancherley Straffen hätten ersinnen und zumessen sollen.

Nunquam se solertes magis homines probarunt in flagitiis suis multipli-
candis, quam alii se peritos in comminiscenda pari poenarum varie-
tate. Dougtheus in Anal. S. Excurs. CXL p. 238.

§. 16.

Sonderlich ist noch bey denen allergottlosesten zu mercken, daß
sie sich gemeiniglich mit den besten Plümen einer vorgeschützten Unschuld zu
bestecken, sich befleißigen, weil sie wissen, daß sie darunter ihre Boßheit am

besten
B 2
§. 13.

Wann dann ausgemacht iſt, daß gottloſe Leute in einem wolbe-
ſtellten und weißlich regierten Lande viel Boͤſes ſtifften, und menſchlichen
Geſellſchafften viele ſchaͤdliche Ungelegenheiten verurſachen, daß ſie fuͤr ſolche
ſchleichende Seuche ſich mit dem Leben ſo wenig als Habſeligkeiten gnug-
ſam ſchuͤtzen moͤgen; ſo richtet die Landes Obrig keit alle Sorgfaͤltigkeit dawi-
der, daß ſie nicht einbrechen noch uͤberhand im Lande nehmen muͤſſen: Sie
ſey aber ſo wachſam und ſtrenge als ſie immer wolle, ein Gottloſer wagets
dennoch, und iſt keine Straffe ſo groß, daß ſie dadurch gewarſchauet und
geſcheuchet wuͤrden. Dahero iſt vermuthlich die Straffe des Rades er-
dacht, damit die Weißheit in eine Schaͤrffe gehet, und der Gottloſigkeit
einen Riegel vorſchiebet.

§. 14.

Strang und Schwerdt ſcheinet faſt heut zu Tage verruchten Leu-
ten was Altes zu ſeyn, weil ihres Gleichen ſo viele ſchon vor ihren Augen
unter ſolchen fuͤrchterlichen Dingen das Leben eingebuͤſſet, dahero durch
Satans Eingeben, ſie wol tichten, ſolche dadurch vollſtreckte Leibes-Straf-
fen, fuͤr was Leichtes und Ertraͤgliches zu halten, bevorab, da ſie die Scham
und Ehrbarkeit bereits ausgezogen, hergegen ſich mit liederlicher Leichtſin-
nigkeit verharniſchet haben, gedenckende, wir ſind die Erſten nicht, die ſolches
erleiden, ſo werden wir auch die Letzten nicht ſeyn, habens jene uͤberwinden
und ausſtehen koͤnnen, wir wollens darauf auch wagen, es iſt um eine ſaure
Stunde zu thun, ſo hats ein Ende, nur daß mans friſch wage, und es end-
lich auch darauf ankommen laſſe; Allein ihre Frechheit kan ihnen die
Weißheit exaſperiren, daß ſie oͤffters in der Austheilung der Straffe mehr
thun muß, als ſonſt gewoͤhnlich geweſen, ohne daß ſie deßwegen den Ver-
dacht einer Grauſamkeit uͤber ſich zoͤge.

§. 15.

Ein gewiſſer Criticus uͤber dieſen angefuͤhrten Spruch Salomons
hat ſeine Gedancken denen unſrigen nicht zuwider: Es haben, ſpricht er,
gottloſe Leute ſich niemals bey Vermehrung ihrer Buͤberey ſo verſchmitzt
und frech erweiſen koͤnnen, daß nicht andere verſtaͤndige und weiſe Richter
ihnen dagegen mancherley Straffen haͤtten erſinnen und zumeſſen ſollen.

Nunquam ſe ſolertes magis homines probarunt in flagitiis ſuis multipli-
candis, quam alii ſe peritos in comminiſcenda pari pœnarum varie-
tate. Dougtheus in Anal. S. Excurſ. CXL p. 238.

§. 16.

Sonderlich iſt noch bey denen allergottloſeſten zu mercken, daß
ſie ſich gemeiniglich mit den beſten Pluͤmen einer vorgeſchuͤtzten Unſchuld zu
beſtecken, ſich befleißigen, weil ſie wiſſen, daß ſie darunter ihre Boßheit am

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[11[9]/0009] §. 13.Wann dann ausgemacht iſt, daß gottloſe Leute in einem wolbe- ſtellten und weißlich regierten Lande viel Boͤſes ſtifften, und menſchlichen Geſellſchafften viele ſchaͤdliche Ungelegenheiten verurſachen, daß ſie fuͤr ſolche ſchleichende Seuche ſich mit dem Leben ſo wenig als Habſeligkeiten gnug- ſam ſchuͤtzen moͤgen; ſo richtet die Landes Obrig keit alle Sorgfaͤltigkeit dawi- der, daß ſie nicht einbrechen noch uͤberhand im Lande nehmen muͤſſen: Sie ſey aber ſo wachſam und ſtrenge als ſie immer wolle, ein Gottloſer wagets dennoch, und iſt keine Straffe ſo groß, daß ſie dadurch gewarſchauet und geſcheuchet wuͤrden. Dahero iſt vermuthlich die Straffe des Rades er- dacht, damit die Weißheit in eine Schaͤrffe gehet, und der Gottloſigkeit einen Riegel vorſchiebet. §. 14.Strang und Schwerdt ſcheinet faſt heut zu Tage verruchten Leu- ten was Altes zu ſeyn, weil ihres Gleichen ſo viele ſchon vor ihren Augen unter ſolchen fuͤrchterlichen Dingen das Leben eingebuͤſſet, dahero durch Satans Eingeben, ſie wol tichten, ſolche dadurch vollſtreckte Leibes-Straf- fen, fuͤr was Leichtes und Ertraͤgliches zu halten, bevorab, da ſie die Scham und Ehrbarkeit bereits ausgezogen, hergegen ſich mit liederlicher Leichtſin- nigkeit verharniſchet haben, gedenckende, wir ſind die Erſten nicht, die ſolches erleiden, ſo werden wir auch die Letzten nicht ſeyn, habens jene uͤberwinden und ausſtehen koͤnnen, wir wollens darauf auch wagen, es iſt um eine ſaure Stunde zu thun, ſo hats ein Ende, nur daß mans friſch wage, und es end- lich auch darauf ankommen laſſe; Allein ihre Frechheit kan ihnen die Weißheit exaſperiren, daß ſie oͤffters in der Austheilung der Straffe mehr thun muß, als ſonſt gewoͤhnlich geweſen, ohne daß ſie deßwegen den Ver- dacht einer Grauſamkeit uͤber ſich zoͤge. §. 15.Ein gewiſſer Criticus uͤber dieſen angefuͤhrten Spruch Salomons hat ſeine Gedancken denen unſrigen nicht zuwider: Es haben, ſpricht er, gottloſe Leute ſich niemals bey Vermehrung ihrer Buͤberey ſo verſchmitzt und frech erweiſen koͤnnen, daß nicht andere verſtaͤndige und weiſe Richter ihnen dagegen mancherley Straffen haͤtten erſinnen und zumeſſen ſollen. Nunquam ſe ſolertes magis homines probarunt in flagitiis ſuis multipli- candis, quam alii ſe peritos in comminiſcenda pari pœnarum varie- tate. Dougtheus in Anal. S. Excurſ. CXL p. 238. §. 16.Sonderlich iſt noch bey denen allergottloſeſten zu mercken, daß ſie ſich gemeiniglich mit den beſten Pluͤmen einer vorgeſchuͤtzten Unſchuld zu beſtecken, ſich befleißigen, weil ſie wiſſen, daß ſie darunter ihre Boßheit am beſten B 2

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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 11[9]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/9>, abgerufen am 21.11.2024.