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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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men so schändlich beym Betteln und im Gerichte gemiß-
brauchet habe.
Wolt ihr noch weiter an eure Sünden gedencken? Antw. Ja,
denn ihr sind viel und übergroß.
Wenn ihr denn an alle eure Sünden nicht gedencken könnet, da
ihr von Jugend an sie betrieben habet? Antw. Jch muß
GOtt bitten, daß er mich durch seinen Geist auf dieselbe
führe.
Wenn ihr nun daran gedencket, was müsset ihr dabey für Ge-
dancken haben? Antw. Traurige Gedancken.
Habt ihr auch darüber traurige Gedancken gehabt? Antw. Jch
hätte sie wol haben sollen und nunmehro auch gerne ha-
ben wollen, aber ich bin nicht dazu heran zu bringen ge-
wesen: denn alle meine Gedancken sind nur dahin ge-
gangen, wie ich möchte frey werden.
Was ist die Ursache? Antw. 1.) Die Liebe zu meinem Leben,
und zu meinen Kindern. 2.) Weil ich nicht GOtt geglau-
bet, sondern gedacht mit Menschen im Gerichte zu handeln,
vor welchen mich nicht zu traurig habe anstellen wollen.
3.) Die Gesellschafft die um mir gewesen, so mir manch
Lustiges vorgeschwatzet. 4.) Meine Heucheley, da ich mich
manchmal sonderlich bißher vor Prediger traurig gestellet,
und doch nicht traurig gewesen. Am allermeisten 5.) mein
Unglaube, daß ich nicht geglaubet, GOtt forschete mich ob
ich auf bösen Wegen wäre.
Wolt ihr denn nun gerne traurig werden über eure Sünden?
Antw. Ja.
Warum? Antw. Weil Freude ist über einem Sünder im
Himmel der Busse thut, und keine wahre Busse ohne
Göttliche Traurigkeit geschiehet.
Wenn ihr denn nicht traurig darüber werden könnet? Antw.
So will ich GOtt um seinen Geist bitten.
Habt
men ſo ſchaͤndlich beym Betteln und im Gerichte gemiß-
brauchet habe.
Wolt ihr noch weiter an eure Suͤnden gedencken? Antw. Ja,
denn ihr ſind viel und uͤbergroß.
Wenn ihr denn an alle eure Suͤnden nicht gedencken koͤnnet, da
ihr von Jugend an ſie betrieben habet? Antw. Jch muß
GOtt bitten, daß er mich durch ſeinen Geiſt auf dieſelbe
fuͤhre.
Wenn ihr nun daran gedencket, was muͤſſet ihr dabey fuͤr Ge-
dancken haben? Antw. Traurige Gedancken.
Habt ihr auch daruͤber traurige Gedancken gehabt? Antw. Jch
haͤtte ſie wol haben ſollen und nunmehro auch gerne ha-
ben wollen, aber ich bin nicht dazu heran zu bringen ge-
weſen: denn alle meine Gedancken ſind nur dahin ge-
gangen, wie ich moͤchte frey werden.
Was iſt die Urſache? Antw. 1.) Die Liebe zu meinem Leben,
und zu meinen Kindern. 2.) Weil ich nicht GOtt geglau-
bet, ſondern gedacht mit Menſchen im Gerichte zu handeln,
vor welchen mich nicht zu traurig habe anſtellen wollen.
3.) Die Geſellſchafft die um mir geweſen, ſo mir manch
Luſtiges vorgeſchwatzet. 4.) Meine Heucheley, da ich mich
manchmal ſonderlich bißher vor Prediger traurig geſtellet,
und doch nicht traurig geweſen. Am allermeiſten 5.) mein
Unglaube, daß ich nicht geglaubet, GOtt forſchete mich ob
ich auf boͤſen Wegen waͤre.
Wolt ihr denn nun gerne traurig werden uͤber eure Suͤnden?
Antw. Ja.
Warum? Antw. Weil Freude iſt uͤber einem Suͤnder im
Himmel der Buſſe thut, und keine wahre Buſſe ohne
Goͤttliche Traurigkeit geſchiehet.
Wenn ihr denn nicht traurig daruͤber werden koͤnnet? Antw.
So will ich GOtt um ſeinen Geiſt bitten.
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[68[66]/0074] men ſo ſchaͤndlich beym Betteln und im Gerichte gemiß- brauchet habe. Wolt ihr noch weiter an eure Suͤnden gedencken? Antw. Ja, denn ihr ſind viel und uͤbergroß. Wenn ihr denn an alle eure Suͤnden nicht gedencken koͤnnet, da ihr von Jugend an ſie betrieben habet? Antw. Jch muß GOtt bitten, daß er mich durch ſeinen Geiſt auf dieſelbe fuͤhre. Wenn ihr nun daran gedencket, was muͤſſet ihr dabey fuͤr Ge- dancken haben? Antw. Traurige Gedancken. Habt ihr auch daruͤber traurige Gedancken gehabt? Antw. Jch haͤtte ſie wol haben ſollen und nunmehro auch gerne ha- ben wollen, aber ich bin nicht dazu heran zu bringen ge- weſen: denn alle meine Gedancken ſind nur dahin ge- gangen, wie ich moͤchte frey werden. Was iſt die Urſache? Antw. 1.) Die Liebe zu meinem Leben, und zu meinen Kindern. 2.) Weil ich nicht GOtt geglau- bet, ſondern gedacht mit Menſchen im Gerichte zu handeln, vor welchen mich nicht zu traurig habe anſtellen wollen. 3.) Die Geſellſchafft die um mir geweſen, ſo mir manch Luſtiges vorgeſchwatzet. 4.) Meine Heucheley, da ich mich manchmal ſonderlich bißher vor Prediger traurig geſtellet, und doch nicht traurig geweſen. Am allermeiſten 5.) mein Unglaube, daß ich nicht geglaubet, GOtt forſchete mich ob ich auf boͤſen Wegen waͤre. Wolt ihr denn nun gerne traurig werden uͤber eure Suͤnden? Antw. Ja. Warum? Antw. Weil Freude iſt uͤber einem Suͤnder im Himmel der Buſſe thut, und keine wahre Buſſe ohne Goͤttliche Traurigkeit geſchiehet. Wenn ihr denn nicht traurig daruͤber werden koͤnnet? Antw. So will ich GOtt um ſeinen Geiſt bitten. Habt

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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 68[66]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/74>, abgerufen am 17.05.2024.