Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Franzel trat entschieden vor; die Zaghaftigkeit war von ihr genommen, als sie reden mußte. Was fürcht' ich mich auch, sagte sie zu sich selbst. Ich will ja nichts Unrechtes, und den Kopf können sie mir nicht abreißen, und wenn sie noch so wild thun ... Ich hab' wohl eine rechte Bitt', fuhr sie dann laut fort, und ich meine, ihr werdet mir's nicht abschlagen. Ihr seid ja lauter Hausväter und Männer, die selber Kinder haben . . . Ihr wollt gewiß Alle, daß euern Kindern nicht zu wehe geschieht in der Welt, und so werdet ihr eine arme Person nicht im Stich lassen, die niemals erfahren hat, wie das ist, wenn man Vater und Mutter hat! Na, sagte der Zunftmeister, du bist wohl nur ein lediges Kind und gehst uns eigentlich nichts an -- aber weil deine Mutter doch die Tochter von einem Scharler wär, so wollen wir dich nicht verstoßen und dir helfen, wenn wir können. Wenn ihr wollt, dann könnt ihr auch, sagte Franzel herzhaft. Ich hab's redlich probirt und kann mich ausweisen darüber, daß ich mich als Magd hab' fortbringen wollen, aber es geht doch nicht. Die Leut' wollen mich nirgends in die Läng' behalten . . . Ihr wißt schon warum . . . Der Winter ist vor der Thür', und so hab' ich bitten wollen, ihr sollt mir durchhelfen und sollt mich mitspielen lassen im Theater . . . Sie wollte noch mehr sagen, aber der Uebermuth der Bursche, die zugehört hatten, unterbrach sie. Sie Franzel trat entschieden vor; die Zaghaftigkeit war von ihr genommen, als sie reden mußte. Was fürcht' ich mich auch, sagte sie zu sich selbst. Ich will ja nichts Unrechtes, und den Kopf können sie mir nicht abreißen, und wenn sie noch so wild thun ... Ich hab' wohl eine rechte Bitt', fuhr sie dann laut fort, und ich meine, ihr werdet mir's nicht abschlagen. Ihr seid ja lauter Hausväter und Männer, die selber Kinder haben . . . Ihr wollt gewiß Alle, daß euern Kindern nicht zu wehe geschieht in der Welt, und so werdet ihr eine arme Person nicht im Stich lassen, die niemals erfahren hat, wie das ist, wenn man Vater und Mutter hat! Na, sagte der Zunftmeister, du bist wohl nur ein lediges Kind und gehst uns eigentlich nichts an — aber weil deine Mutter doch die Tochter von einem Scharler wär, so wollen wir dich nicht verstoßen und dir helfen, wenn wir können. Wenn ihr wollt, dann könnt ihr auch, sagte Franzel herzhaft. Ich hab's redlich probirt und kann mich ausweisen darüber, daß ich mich als Magd hab' fortbringen wollen, aber es geht doch nicht. Die Leut' wollen mich nirgends in die Läng' behalten . . . Ihr wißt schon warum . . . Der Winter ist vor der Thür', und so hab' ich bitten wollen, ihr sollt mir durchhelfen und sollt mich mitspielen lassen im Theater . . . Sie wollte noch mehr sagen, aber der Uebermuth der Bursche, die zugehört hatten, unterbrach sie. Sie <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <pb facs="#f0028"/> <p>Franzel trat entschieden vor; die Zaghaftigkeit war von ihr genommen, als sie reden mußte. Was fürcht' ich mich auch, sagte sie zu sich selbst. Ich will ja nichts Unrechtes, und den Kopf können sie mir nicht abreißen, und wenn sie noch so wild thun ... Ich hab' wohl eine rechte Bitt', fuhr sie dann laut fort, und ich meine, ihr werdet mir's nicht abschlagen. Ihr seid ja lauter Hausväter und Männer, die selber Kinder haben . . . Ihr wollt gewiß Alle, daß euern Kindern nicht zu wehe geschieht in der Welt, und so werdet ihr eine arme Person nicht im Stich lassen, die niemals erfahren hat, wie das ist, wenn man Vater und Mutter hat!</p><lb/> <p>Na, sagte der Zunftmeister, du bist wohl nur ein lediges Kind und gehst uns eigentlich nichts an — aber weil deine Mutter doch die Tochter von einem Scharler wär, so wollen wir dich nicht verstoßen und dir helfen, wenn wir können.</p><lb/> <p>Wenn ihr wollt, dann könnt ihr auch, sagte Franzel herzhaft. Ich hab's redlich probirt und kann mich ausweisen darüber, daß ich mich als Magd hab' fortbringen wollen, aber es geht doch nicht. Die Leut' wollen mich nirgends in die Läng' behalten . . . Ihr wißt schon warum . . . Der Winter ist vor der Thür', und so hab' ich bitten wollen, ihr sollt mir durchhelfen und sollt mich mitspielen lassen im Theater . . .</p><lb/> <p>Sie wollte noch mehr sagen, aber der Uebermuth der Bursche, die zugehört hatten, unterbrach sie. Sie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
Franzel trat entschieden vor; die Zaghaftigkeit war von ihr genommen, als sie reden mußte. Was fürcht' ich mich auch, sagte sie zu sich selbst. Ich will ja nichts Unrechtes, und den Kopf können sie mir nicht abreißen, und wenn sie noch so wild thun ... Ich hab' wohl eine rechte Bitt', fuhr sie dann laut fort, und ich meine, ihr werdet mir's nicht abschlagen. Ihr seid ja lauter Hausväter und Männer, die selber Kinder haben . . . Ihr wollt gewiß Alle, daß euern Kindern nicht zu wehe geschieht in der Welt, und so werdet ihr eine arme Person nicht im Stich lassen, die niemals erfahren hat, wie das ist, wenn man Vater und Mutter hat!
Na, sagte der Zunftmeister, du bist wohl nur ein lediges Kind und gehst uns eigentlich nichts an — aber weil deine Mutter doch die Tochter von einem Scharler wär, so wollen wir dich nicht verstoßen und dir helfen, wenn wir können.
Wenn ihr wollt, dann könnt ihr auch, sagte Franzel herzhaft. Ich hab's redlich probirt und kann mich ausweisen darüber, daß ich mich als Magd hab' fortbringen wollen, aber es geht doch nicht. Die Leut' wollen mich nirgends in die Läng' behalten . . . Ihr wißt schon warum . . . Der Winter ist vor der Thür', und so hab' ich bitten wollen, ihr sollt mir durchhelfen und sollt mich mitspielen lassen im Theater . . .
Sie wollte noch mehr sagen, aber der Uebermuth der Bursche, die zugehört hatten, unterbrach sie. Sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T11:20:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T11:20:55Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |