Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.Kinder büßen müssen, woran sie, die Eltern, vielleicht Kinder buͤßen muͤſſen, woran ſie, die Eltern, vielleicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0108" n="98"/> Kinder buͤßen muͤſſen, woran ſie, die Eltern, vielleicht<lb/> ganz unſchuldig ſind, oder damit nicht den Eltern ge-<lb/> rade durch dieſe Entziehung einer ihnen zu Erhaltung<lb/> ihres Lebens unentbehrlichen Unterſtuͤtzung erſt ein Vor-<lb/> wand gegeben werden moͤge, ihre Kinder zum Betteln<lb/> anzuhalten. Jn der Regel moͤchte es alſo angemeſſener<lb/> ſeyn, nachlaͤßige Eltern mit einer eigentlichen Geldſtrafe<lb/> oder mit irgend einer anderen, nach den allgemeinen<lb/> Grundſaͤtzen und geſetzlichen Beſtimmungen uͤber Straf-<lb/> Anſaͤtze, und nahmentlich uͤber Straf-Anſaͤtze fuͤr Schul-<lb/> Verſaͤumniſſe, zu waͤhlenden Strafe zu belegen. —<lb/> Wenn dann uͤberdieß die <hi rendition="#g">Policey</hi> auf alle nicht nur<lb/> bettelnde, ſondern uͤberhaupt muͤßig umherlaufende ein-<lb/> heimiſche und fremde Kinder ein wachſames Auge hat,<lb/> und jedes Kind, welches ſie auf ſolche Art <hi rendition="#g">ergrei-<lb/> fen</hi> kann, den betreffenden geiſtlichen und weltlichen<lb/> Ortsvorſtehern <hi rendition="#g">uͤberliefert</hi>, wenn dieſe in jedem<lb/> ſolchen Falle zuerſt unterſuchen, ob bey dem Lehrer die<lb/> Erlaubniß zum Ausbleiben aus der Schule nachgeſucht,<lb/> und ob dieſer nicht vielleicht in Ertheilung ſolcher Er-<lb/> laubniß zu freygebig geweſen iſt, wenn ſie hierauf<lb/> unterſuchen, ob die Eltern Wiſſenſchaft von der Ver-<lb/> ſaͤumniß gehabt haben, und ob ſie Schuld daran ſind,<lb/> oder nicht, und wenn ſie hierauf wirklich den ſchuldig<lb/> erfundenen Theil zur Strafe ziehen; ſo kann es nicht<lb/> fehlen, daß die Jnduſtrie-Schulen den Zweck, wozu<lb/> ſie eigentlich beſtimmt ſind, nehmlich Abhaltung der<lb/> Kinder vom Bettel und Muͤßiggang, und Bildung<lb/> derſelben fuͤr ihren kuͤnftigen Beruf, bey dem groͤßten<lb/> Theile der Kinder wirklich erfuͤllen werden.</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [98/0108]
Kinder buͤßen muͤſſen, woran ſie, die Eltern, vielleicht
ganz unſchuldig ſind, oder damit nicht den Eltern ge-
rade durch dieſe Entziehung einer ihnen zu Erhaltung
ihres Lebens unentbehrlichen Unterſtuͤtzung erſt ein Vor-
wand gegeben werden moͤge, ihre Kinder zum Betteln
anzuhalten. Jn der Regel moͤchte es alſo angemeſſener
ſeyn, nachlaͤßige Eltern mit einer eigentlichen Geldſtrafe
oder mit irgend einer anderen, nach den allgemeinen
Grundſaͤtzen und geſetzlichen Beſtimmungen uͤber Straf-
Anſaͤtze, und nahmentlich uͤber Straf-Anſaͤtze fuͤr Schul-
Verſaͤumniſſe, zu waͤhlenden Strafe zu belegen. —
Wenn dann uͤberdieß die Policey auf alle nicht nur
bettelnde, ſondern uͤberhaupt muͤßig umherlaufende ein-
heimiſche und fremde Kinder ein wachſames Auge hat,
und jedes Kind, welches ſie auf ſolche Art ergrei-
fen kann, den betreffenden geiſtlichen und weltlichen
Ortsvorſtehern uͤberliefert, wenn dieſe in jedem
ſolchen Falle zuerſt unterſuchen, ob bey dem Lehrer die
Erlaubniß zum Ausbleiben aus der Schule nachgeſucht,
und ob dieſer nicht vielleicht in Ertheilung ſolcher Er-
laubniß zu freygebig geweſen iſt, wenn ſie hierauf
unterſuchen, ob die Eltern Wiſſenſchaft von der Ver-
ſaͤumniß gehabt haben, und ob ſie Schuld daran ſind,
oder nicht, und wenn ſie hierauf wirklich den ſchuldig
erfundenen Theil zur Strafe ziehen; ſo kann es nicht
fehlen, daß die Jnduſtrie-Schulen den Zweck, wozu
ſie eigentlich beſtimmt ſind, nehmlich Abhaltung der
Kinder vom Bettel und Muͤßiggang, und Bildung
derſelben fuͤr ihren kuͤnftigen Beruf, bey dem groͤßten
Theile der Kinder wirklich erfuͤllen werden.
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