Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.oder eine Magd, welche nicht bereits gewisse Handar- §. 8. Während der Dienstzeit selbst finden sie dann ge- oder eine Magd, welche nicht bereits gewiſſe Handar- §. 8. Waͤhrend der Dienſtzeit ſelbſt finden ſie dann ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0019" n="9"/> oder eine <hi rendition="#g">Magd</hi>, welche nicht bereits gewiſſe Handar-<lb/> beiten verſtehen, ſich Geſchicklichkeit zu Treibung ſol-<lb/> cher Arbeiten erworben, und ſich an anhaltendes und<lb/> fleißiges Arbeiten gewoͤhnt haben, wo im Gegentheil<lb/> junge Leute, welche dieſe Eigenſchaften bereits beſitzen,<lb/> auch vorzugsweiſe uͤberall geſucht, und beſſer als andere<lb/> behandelt und bezahlt werden. — Und wie ſchlimm<lb/> iſt es, wenn ein Lehrling bey einem Handwerk, ein<lb/> reiſender Handwerks-Geſelle, ein Bauernknecht ꝛc. ſich<lb/> nicht einmal einen Knopf an ein Kleidungsſtuͤck feſt-<lb/> naͤhen, wenn eine Dienſtmagd nicht einmal ihre Struͤm-<lb/> pfe ſelbſt ſtricken, ihre Kleidungsſtuͤcke, wenn ſie zerriſ-<lb/> ſen ſind, ſelbſt ausbeſſern, ſich zu ihrem Putz, auf<lb/> welchen doch jede in ihrer Art ſo ſehr ſieht, wenigſtens<lb/> Einiges ſelbſt machen, an ihrer dereinſtigen Ausſteuer<lb/> etwas vorbereiten kann!</p> </div><lb/> <div n="1"> <head>§. 8.</head><lb/> <p>Waͤhrend der Dienſtzeit ſelbſt finden ſie dann ge-<lb/> woͤhnlich keine Zeit und Gelegenheit mehr, ſie haben<lb/> auch nicht mehr ſo, wie in juͤngeren Jahren die Ge-<lb/> lenkigkeit und Gewandtheit, um ſich Fertigkeiten dieſer<lb/> Art zu erwerben. Wer wird aber ein ſo ungeſchicktes<lb/> Maͤdchen gerne zur Frau nehmen! Und welche Nach-<lb/> theile entſtehen nicht daraus, wenn ſie es auch wirklich<lb/> bis zum Eheſtand und zu einer eigenen Haushaltung<lb/> bringt! Wie gut waͤre es, wenn ſie als <hi rendition="#g">Hausmutter</hi><lb/> mit ihren Leuten ihren Flachs, ihren Hanf, ihre Wolle<lb/> ſelbſt verſpinnen, die Struͤmpfe fuͤr die Familie ſelbſt<lb/> ſtricken, die fuͤr dieſelbe erforderliche Leinwand ſelbſt<lb/> weben und bleichen, das Leib- und Bett-Weißzeug<lb/> ſelbſt verfertigen und waſchen, die zerriſſenen Kleidungs-<lb/> und Bettſtuͤcke ſelbſt ausbeſſern, und ſich dadurch nicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0019]
oder eine Magd, welche nicht bereits gewiſſe Handar-
beiten verſtehen, ſich Geſchicklichkeit zu Treibung ſol-
cher Arbeiten erworben, und ſich an anhaltendes und
fleißiges Arbeiten gewoͤhnt haben, wo im Gegentheil
junge Leute, welche dieſe Eigenſchaften bereits beſitzen,
auch vorzugsweiſe uͤberall geſucht, und beſſer als andere
behandelt und bezahlt werden. — Und wie ſchlimm
iſt es, wenn ein Lehrling bey einem Handwerk, ein
reiſender Handwerks-Geſelle, ein Bauernknecht ꝛc. ſich
nicht einmal einen Knopf an ein Kleidungsſtuͤck feſt-
naͤhen, wenn eine Dienſtmagd nicht einmal ihre Struͤm-
pfe ſelbſt ſtricken, ihre Kleidungsſtuͤcke, wenn ſie zerriſ-
ſen ſind, ſelbſt ausbeſſern, ſich zu ihrem Putz, auf
welchen doch jede in ihrer Art ſo ſehr ſieht, wenigſtens
Einiges ſelbſt machen, an ihrer dereinſtigen Ausſteuer
etwas vorbereiten kann!
§. 8.
Waͤhrend der Dienſtzeit ſelbſt finden ſie dann ge-
woͤhnlich keine Zeit und Gelegenheit mehr, ſie haben
auch nicht mehr ſo, wie in juͤngeren Jahren die Ge-
lenkigkeit und Gewandtheit, um ſich Fertigkeiten dieſer
Art zu erwerben. Wer wird aber ein ſo ungeſchicktes
Maͤdchen gerne zur Frau nehmen! Und welche Nach-
theile entſtehen nicht daraus, wenn ſie es auch wirklich
bis zum Eheſtand und zu einer eigenen Haushaltung
bringt! Wie gut waͤre es, wenn ſie als Hausmutter
mit ihren Leuten ihren Flachs, ihren Hanf, ihre Wolle
ſelbſt verſpinnen, die Struͤmpfe fuͤr die Familie ſelbſt
ſtricken, die fuͤr dieſelbe erforderliche Leinwand ſelbſt
weben und bleichen, das Leib- und Bett-Weißzeug
ſelbſt verfertigen und waſchen, die zerriſſenen Kleidungs-
und Bettſtuͤcke ſelbſt ausbeſſern, und ſich dadurch nicht
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