Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

nur manche Ausgabe, die ihr nun wehe thut, erspa-
ren, oder den Lohn, den sie nun Fremden bezahlen
muß, und vielleicht kaum aufzutreiben vermag, in Stun-
den selbst verdienen könnte, in welchen sie ihre Leute
doch bezahlen und unterhalten, Licht brennen, und das
Zimmer wärmen muß, und welche sie außerdem vor
langer Weile kaum auszufüllen, oder wenigstens in kei-
nem Falle eben so nützlich zu verwenden weiß, während
sie zugleich bey der Selbstverarbeitung eine weit dauer-
haftere -- ihren Verhältnissen und Bedürfnissen ange-
messenere Waare erhielte, als gewöhnlich diejenige ist,
welche man durch Fremde machen läßt, oder Kaufs-
weise von ihnen erhält, besonders wenn man nicht ein-
mal, was bey dergleichen ungeschickten Hausmüttern
überdieß der Fall ist, die Waare gehörig zu beurtheilen
versteht. -- Solche Weiber gehen dann oft, um eine
Ausgabe dieser Art zu ersparen, oder weil sie das Geld
dazu nicht aufzutreiben wissen, mit ihren Kindern lieber
in unreinlichen und zerrissenen Kleidern umher, und
werden dadurch zuletzt dem Manne gleichgültig oder
gar zum Eckel. Und können sie auch vollends nicht
einmal die allereinfachsten und nothwendigsten Speisen
kochen, wie es der Brauch ist, so sucht der Mann
außer dem Hause zu erhalten, was ihm zu Hause seine
Küche versagt, geht in das Wirthshaus, verzehrt dort
sein Geld, betrinkt sich wohl auch, und mißhandelt
dann, wennn er nach Hause kommt, Frau und Kinder.
-- Ueberdieß werden, wenn die Mutter dergleichen Ar-
beiten nicht versteht, auch die Töchter darin nicht un-
terrichtet und geübt, auch die Hülfe, welche diese ihr
in ihrem Hauswesen leisten könnten, geht verloren, und
auch sie und ihre Nachkommen werden so unwissend
und unglücklich, als ihre Mutter war.

nur manche Ausgabe, die ihr nun wehe thut, erſpa-
ren, oder den Lohn, den ſie nun Fremden bezahlen
muß, und vielleicht kaum aufzutreiben vermag, in Stun-
den ſelbſt verdienen koͤnnte, in welchen ſie ihre Leute
doch bezahlen und unterhalten, Licht brennen, und das
Zimmer waͤrmen muß, und welche ſie außerdem vor
langer Weile kaum auszufuͤllen, oder wenigſtens in kei-
nem Falle eben ſo nuͤtzlich zu verwenden weiß, waͤhrend
ſie zugleich bey der Selbſtverarbeitung eine weit dauer-
haftere — ihren Verhaͤltniſſen und Beduͤrfniſſen ange-
meſſenere Waare erhielte, als gewoͤhnlich diejenige iſt,
welche man durch Fremde machen laͤßt, oder Kaufs-
weiſe von ihnen erhaͤlt, beſonders wenn man nicht ein-
mal, was bey dergleichen ungeſchickten Hausmuͤttern
uͤberdieß der Fall iſt, die Waare gehoͤrig zu beurtheilen
verſteht. — Solche Weiber gehen dann oft, um eine
Ausgabe dieſer Art zu erſparen, oder weil ſie das Geld
dazu nicht aufzutreiben wiſſen, mit ihren Kindern lieber
in unreinlichen und zerriſſenen Kleidern umher, und
werden dadurch zuletzt dem Manne gleichguͤltig oder
gar zum Eckel. Und koͤnnen ſie auch vollends nicht
einmal die allereinfachſten und nothwendigſten Speiſen
kochen, wie es der Brauch iſt, ſo ſucht der Mann
außer dem Hauſe zu erhalten, was ihm zu Hauſe ſeine
Kuͤche verſagt, geht in das Wirthshaus, verzehrt dort
ſein Geld, betrinkt ſich wohl auch, und mißhandelt
dann, wennn er nach Hauſe kommt, Frau und Kinder.
— Ueberdieß werden, wenn die Mutter dergleichen Ar-
beiten nicht verſteht, auch die Toͤchter darin nicht un-
terrichtet und geuͤbt, auch die Huͤlfe, welche dieſe ihr
in ihrem Hausweſen leiſten koͤnnten, geht verloren, und
auch ſie und ihre Nachkommen werden ſo unwiſſend
und ungluͤcklich, als ihre Mutter war.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="10"/>
nur manche Ausgabe, die ihr nun wehe thut, er&#x017F;pa-<lb/>
ren, oder den Lohn, den &#x017F;ie nun Fremden bezahlen<lb/>
muß, und vielleicht kaum aufzutreiben vermag, in Stun-<lb/>
den &#x017F;elb&#x017F;t verdienen ko&#x0364;nnte, in welchen &#x017F;ie ihre Leute<lb/>
doch bezahlen und unterhalten, Licht brennen, und das<lb/>
Zimmer wa&#x0364;rmen muß, und welche &#x017F;ie außerdem vor<lb/>
langer Weile kaum auszufu&#x0364;llen, oder wenig&#x017F;tens in kei-<lb/>
nem Falle eben &#x017F;o nu&#x0364;tzlich zu verwenden weiß, wa&#x0364;hrend<lb/>
&#x017F;ie zugleich bey der Selb&#x017F;tverarbeitung eine weit dauer-<lb/>
haftere &#x2014; ihren Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en und Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en ange-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;enere Waare erhielte, als gewo&#x0364;hnlich diejenige i&#x017F;t,<lb/>
welche man durch Fremde machen la&#x0364;ßt, oder Kaufs-<lb/>
wei&#x017F;e von ihnen erha&#x0364;lt, be&#x017F;onders wenn man nicht ein-<lb/>
mal, was bey dergleichen unge&#x017F;chickten Hausmu&#x0364;ttern<lb/>
u&#x0364;berdieß der Fall i&#x017F;t, die Waare geho&#x0364;rig zu beurtheilen<lb/>
ver&#x017F;teht. &#x2014; Solche Weiber gehen dann oft, um eine<lb/>
Ausgabe die&#x017F;er Art zu er&#x017F;paren, oder weil &#x017F;ie das Geld<lb/>
dazu nicht aufzutreiben wi&#x017F;&#x017F;en, mit ihren Kindern lieber<lb/>
in unreinlichen und zerri&#x017F;&#x017F;enen Kleidern umher, und<lb/>
werden dadurch zuletzt dem Manne gleichgu&#x0364;ltig oder<lb/>
gar zum Eckel. Und ko&#x0364;nnen &#x017F;ie auch vollends nicht<lb/>
einmal die allereinfach&#x017F;ten und nothwendig&#x017F;ten Spei&#x017F;en<lb/>
kochen, wie es der Brauch i&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;ucht der Mann<lb/>
außer dem Hau&#x017F;e zu erhalten, was ihm zu Hau&#x017F;e &#x017F;eine<lb/>
Ku&#x0364;che ver&#x017F;agt, geht in das Wirthshaus, verzehrt dort<lb/>
&#x017F;ein Geld, betrinkt &#x017F;ich wohl auch, und mißhandelt<lb/>
dann, wennn er nach Hau&#x017F;e kommt, Frau und Kinder.<lb/>
&#x2014; Ueberdieß werden, wenn die Mutter dergleichen Ar-<lb/>
beiten nicht ver&#x017F;teht, auch die To&#x0364;chter darin nicht un-<lb/>
terrichtet und geu&#x0364;bt, auch die Hu&#x0364;lfe, welche die&#x017F;e ihr<lb/>
in ihrem Hauswe&#x017F;en lei&#x017F;ten ko&#x0364;nnten, geht verloren, und<lb/>
auch &#x017F;ie und ihre Nachkommen werden &#x017F;o unwi&#x017F;&#x017F;end<lb/>
und unglu&#x0364;cklich, als ihre Mutter war.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0020] nur manche Ausgabe, die ihr nun wehe thut, erſpa- ren, oder den Lohn, den ſie nun Fremden bezahlen muß, und vielleicht kaum aufzutreiben vermag, in Stun- den ſelbſt verdienen koͤnnte, in welchen ſie ihre Leute doch bezahlen und unterhalten, Licht brennen, und das Zimmer waͤrmen muß, und welche ſie außerdem vor langer Weile kaum auszufuͤllen, oder wenigſtens in kei- nem Falle eben ſo nuͤtzlich zu verwenden weiß, waͤhrend ſie zugleich bey der Selbſtverarbeitung eine weit dauer- haftere — ihren Verhaͤltniſſen und Beduͤrfniſſen ange- meſſenere Waare erhielte, als gewoͤhnlich diejenige iſt, welche man durch Fremde machen laͤßt, oder Kaufs- weiſe von ihnen erhaͤlt, beſonders wenn man nicht ein- mal, was bey dergleichen ungeſchickten Hausmuͤttern uͤberdieß der Fall iſt, die Waare gehoͤrig zu beurtheilen verſteht. — Solche Weiber gehen dann oft, um eine Ausgabe dieſer Art zu erſparen, oder weil ſie das Geld dazu nicht aufzutreiben wiſſen, mit ihren Kindern lieber in unreinlichen und zerriſſenen Kleidern umher, und werden dadurch zuletzt dem Manne gleichguͤltig oder gar zum Eckel. Und koͤnnen ſie auch vollends nicht einmal die allereinfachſten und nothwendigſten Speiſen kochen, wie es der Brauch iſt, ſo ſucht der Mann außer dem Hauſe zu erhalten, was ihm zu Hauſe ſeine Kuͤche verſagt, geht in das Wirthshaus, verzehrt dort ſein Geld, betrinkt ſich wohl auch, und mißhandelt dann, wennn er nach Hauſe kommt, Frau und Kinder. — Ueberdieß werden, wenn die Mutter dergleichen Ar- beiten nicht verſteht, auch die Toͤchter darin nicht un- terrichtet und geuͤbt, auch die Huͤlfe, welche dieſe ihr in ihrem Hausweſen leiſten koͤnnten, geht verloren, und auch ſie und ihre Nachkommen werden ſo unwiſſend und ungluͤcklich, als ihre Mutter war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/20
Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/20>, abgerufen am 03.12.2024.