Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

diese Art wird es nicht schwer seyn, an jedem Orte
die Zeit der Kinder dergestalt auszufüllen, daß sie vom
Morgen bis in die Nacht, oder wenigstens so lange,
bis ihnen keine Zeit und Lust zum Betteln mehr übrig
bleibt, auf eine solche Art beschäftigt und unter Auf-
sicht gehalten sind, daß weder die Lehrer überladen
werden, noch die Gesundheit und der Frohsinn der Kin-
der darunter Noth leiden.

§. 62.

Jn Hinsicht auf das Alter der Kinder ist
zwar allerdings eine anhaltende und angemessene Be-
schäftigung ganz kleiner Kinder anfänglich mit
vielen Schwierigkeiten verbunden, und selten treten da-
her in die in Württemberg bereits bestehenden Jndu-
strie-Schulen die Kinder schon mit dem vierten oder
fünften, gewöhnlich mit dem sechsten oder siebenten,
zuweilen auch erst mit dem zehenten Jahre ein. Allein
die Erfahrung hat gelehrt, daß selbst Kinder von 4
Jahren sich oft in kurzer Zeit sehr an Ordnung und
Arbeitsamkeit gewöhnen lassen, und da bey solchen
Kindern alsdann von dem weiteren Unterrichte Früchte
zu erwarten sind, welche man mit aller Mühe bey ei-
nem großen Theile derjenigen Kinder, welche bis in
das 9te oder 10te Jahr sich ganz selbst überlassen wa-
ren, vergeblich zu erzielen streben würde, so sollten sie
wo möglich schon mit dem 4ten bis 5ten, in jedem
Falle aber wenigstens mit dem 6ten Jahre, in welchem
sie auch in die Elementar-Schulen eintreten müssen, in
die Anstalt gebracht werden. -- Was die Zeit des
Austritts betrifft; so werden zwar in einigen würt-
tembergischen Jndustrie-Schulen die jungen Leute, ob
sie gleich bereits ganz erwachsen sind, bis in das sech-

6

dieſe Art wird es nicht ſchwer ſeyn, an jedem Orte
die Zeit der Kinder dergeſtalt auszufuͤllen, daß ſie vom
Morgen bis in die Nacht, oder wenigſtens ſo lange,
bis ihnen keine Zeit und Luſt zum Betteln mehr uͤbrig
bleibt, auf eine ſolche Art beſchaͤftigt und unter Auf-
ſicht gehalten ſind, daß weder die Lehrer uͤberladen
werden, noch die Geſundheit und der Frohſinn der Kin-
der darunter Noth leiden.

§. 62.

Jn Hinſicht auf das Alter der Kinder iſt
zwar allerdings eine anhaltende und angemeſſene Be-
ſchaͤftigung ganz kleiner Kinder anfaͤnglich mit
vielen Schwierigkeiten verbunden, und ſelten treten da-
her in die in Wuͤrttemberg bereits beſtehenden Jndu-
ſtrie-Schulen die Kinder ſchon mit dem vierten oder
fuͤnften, gewoͤhnlich mit dem ſechsten oder ſiebenten,
zuweilen auch erſt mit dem zehenten Jahre ein. Allein
die Erfahrung hat gelehrt, daß ſelbſt Kinder von 4
Jahren ſich oft in kurzer Zeit ſehr an Ordnung und
Arbeitſamkeit gewoͤhnen laſſen, und da bey ſolchen
Kindern alsdann von dem weiteren Unterrichte Fruͤchte
zu erwarten ſind, welche man mit aller Muͤhe bey ei-
nem großen Theile derjenigen Kinder, welche bis in
das 9te oder 10te Jahr ſich ganz ſelbſt uͤberlaſſen wa-
ren, vergeblich zu erzielen ſtreben wuͤrde, ſo ſollten ſie
wo moͤglich ſchon mit dem 4ten bis 5ten, in jedem
Falle aber wenigſtens mit dem 6ten Jahre, in welchem
ſie auch in die Elementar-Schulen eintreten muͤſſen, in
die Anſtalt gebracht werden. — Was die Zeit des
Austritts betrifft; ſo werden zwar in einigen wuͤrt-
tembergiſchen Jnduſtrie-Schulen die jungen Leute, ob
ſie gleich bereits ganz erwachſen ſind, bis in das ſech-

6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0091" n="81"/>
die&#x017F;e Art wird es nicht &#x017F;chwer &#x017F;eyn, an jedem Orte<lb/>
die Zeit der Kinder derge&#x017F;talt auszufu&#x0364;llen, daß &#x017F;ie vom<lb/>
Morgen bis in die Nacht, oder wenig&#x017F;tens &#x017F;o lange,<lb/>
bis ihnen keine Zeit und Lu&#x017F;t zum Betteln mehr u&#x0364;brig<lb/>
bleibt, auf eine &#x017F;olche Art be&#x017F;cha&#x0364;ftigt und unter Auf-<lb/>
&#x017F;icht gehalten &#x017F;ind, daß weder die Lehrer u&#x0364;berladen<lb/>
werden, noch die Ge&#x017F;undheit und der Froh&#x017F;inn der Kin-<lb/>
der darunter Noth leiden.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 62.</head><lb/>
        <p>Jn Hin&#x017F;icht auf <hi rendition="#g">das Alter der Kinder</hi> i&#x017F;t<lb/>
zwar allerdings eine anhaltende und angeme&#x017F;&#x017F;ene Be-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ftigung <hi rendition="#g">ganz kleiner Kinder</hi> anfa&#x0364;nglich mit<lb/>
vielen Schwierigkeiten verbunden, und &#x017F;elten treten da-<lb/>
her in die in Wu&#x0364;rttemberg bereits be&#x017F;tehenden Jndu-<lb/>
&#x017F;trie-Schulen die Kinder &#x017F;chon mit dem vierten oder<lb/>
fu&#x0364;nften, gewo&#x0364;hnlich mit dem &#x017F;echsten oder &#x017F;iebenten,<lb/>
zuweilen auch er&#x017F;t mit dem zehenten Jahre ein. Allein<lb/>
die Erfahrung hat gelehrt, daß &#x017F;elb&#x017F;t Kinder von 4<lb/>
Jahren &#x017F;ich oft in kurzer Zeit &#x017F;ehr an Ordnung und<lb/>
Arbeit&#x017F;amkeit gewo&#x0364;hnen la&#x017F;&#x017F;en, und da bey &#x017F;olchen<lb/>
Kindern alsdann von dem weiteren Unterrichte Fru&#x0364;chte<lb/>
zu erwarten &#x017F;ind, welche man mit aller Mu&#x0364;he bey ei-<lb/>
nem großen Theile derjenigen Kinder, welche bis in<lb/>
das 9te oder 10te Jahr &#x017F;ich ganz &#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en wa-<lb/>
ren, vergeblich zu erzielen &#x017F;treben wu&#x0364;rde, &#x017F;o &#x017F;ollten &#x017F;ie<lb/>
wo mo&#x0364;glich &#x017F;chon mit dem 4ten bis 5ten, in jedem<lb/>
Falle aber wenig&#x017F;tens mit dem 6ten Jahre, in welchem<lb/>
&#x017F;ie auch in die Elementar-Schulen eintreten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, in<lb/>
die An&#x017F;talt gebracht werden. &#x2014; Was die Zeit des<lb/><hi rendition="#g">Austritts</hi> betrifft; &#x017F;o werden zwar in einigen wu&#x0364;rt-<lb/>
tembergi&#x017F;chen Jndu&#x017F;trie-Schulen die jungen Leute, ob<lb/>
&#x017F;ie gleich bereits ganz erwach&#x017F;en &#x017F;ind, bis in das &#x017F;ech-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">6</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0091] dieſe Art wird es nicht ſchwer ſeyn, an jedem Orte die Zeit der Kinder dergeſtalt auszufuͤllen, daß ſie vom Morgen bis in die Nacht, oder wenigſtens ſo lange, bis ihnen keine Zeit und Luſt zum Betteln mehr uͤbrig bleibt, auf eine ſolche Art beſchaͤftigt und unter Auf- ſicht gehalten ſind, daß weder die Lehrer uͤberladen werden, noch die Geſundheit und der Frohſinn der Kin- der darunter Noth leiden. §. 62. Jn Hinſicht auf das Alter der Kinder iſt zwar allerdings eine anhaltende und angemeſſene Be- ſchaͤftigung ganz kleiner Kinder anfaͤnglich mit vielen Schwierigkeiten verbunden, und ſelten treten da- her in die in Wuͤrttemberg bereits beſtehenden Jndu- ſtrie-Schulen die Kinder ſchon mit dem vierten oder fuͤnften, gewoͤhnlich mit dem ſechsten oder ſiebenten, zuweilen auch erſt mit dem zehenten Jahre ein. Allein die Erfahrung hat gelehrt, daß ſelbſt Kinder von 4 Jahren ſich oft in kurzer Zeit ſehr an Ordnung und Arbeitſamkeit gewoͤhnen laſſen, und da bey ſolchen Kindern alsdann von dem weiteren Unterrichte Fruͤchte zu erwarten ſind, welche man mit aller Muͤhe bey ei- nem großen Theile derjenigen Kinder, welche bis in das 9te oder 10te Jahr ſich ganz ſelbſt uͤberlaſſen wa- ren, vergeblich zu erzielen ſtreben wuͤrde, ſo ſollten ſie wo moͤglich ſchon mit dem 4ten bis 5ten, in jedem Falle aber wenigſtens mit dem 6ten Jahre, in welchem ſie auch in die Elementar-Schulen eintreten muͤſſen, in die Anſtalt gebracht werden. — Was die Zeit des Austritts betrifft; ſo werden zwar in einigen wuͤrt- tembergiſchen Jnduſtrie-Schulen die jungen Leute, ob ſie gleich bereits ganz erwachſen ſind, bis in das ſech- 6

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/91
Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/91>, abgerufen am 24.05.2024.