Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

Unterrichts für die übrigen Kinder und ohne Vermeh-
rung der Kosten für die öffentlichen Cassen geschehen
könnte, besondere Jndustrie-Schulen errichtet
werden wollten, wie auch bereits in Hinsicht auf den
moralischen und intellectuellen Unterricht ähnliche soge-
nannte Privat-Schulen und Privat-Stunden
bestehen.

§. 67.

Besondere Rücksicht jedoch verdient die Behaup-
tung, daß sehr viele Eltern, besonders in ärmeren
Familien, ihre Kinder nicht, wenigstens nicht den
ganzen Tag über, entbehren können oder wol-
len
, weil sie dieselben von früher Jugend an, beson-
ders aber, wenn sie einmal heranwachsen, so fern nur
immer ihre Kräfte es erlauben, die meiste Zeit zu
ihrer Unterstützung und zur Beyhülfe in
ihrem Nahrungs-Erwerbe nöthig haben
. --
Hauptsächlich sollen viele Eltern ihre Kinder zur Bey-
hülfe und Unterstützung bey ihren eigenen Gewer-
ben und Geschäften
, und besonders in den Dör-
fern, und überhaupt in Orten, welche sich von dem
Acker- und Weinbau, der Baumzucht, und der Vieh-
zucht nähren, dieselben, besonders die Knaben, deu
Sommer über vom Frühjahr bis tief in den Herbst
hinein zu Feldarbeiten und zum Viehhüten, überhaupt
zu landwirthschaftlichen Geschäften, wozu sie oft gar
nicht einmal Taglöhner haben könnten, nothwendig
brauchen, während andere Kinder zu Hause die jün-
geren Geschwister hüten, auch andere häusliche Ge-
schäfte verrichten, überhaupt das Hauswesen versorgen
müssen, damit die Eltern desto eher ihren Arbeiten ob-
liegen können. -- Manche Eltern verdingen auch

Unterrichts fuͤr die uͤbrigen Kinder und ohne Vermeh-
rung der Koſten fuͤr die oͤffentlichen Caſſen geſchehen
koͤnnte, beſondere Jnduſtrie-Schulen errichtet
werden wollten, wie auch bereits in Hinſicht auf den
moraliſchen und intellectuellen Unterricht aͤhnliche ſoge-
nannte Privat-Schulen und Privat-Stunden
beſtehen.

§. 67.

Beſondere Ruͤckſicht jedoch verdient die Behaup-
tung, daß ſehr viele Eltern, beſonders in aͤrmeren
Familien, ihre Kinder nicht, wenigſtens nicht den
ganzen Tag uͤber, entbehren koͤnnen oder wol-
len
, weil ſie dieſelben von fruͤher Jugend an, beſon-
ders aber, wenn ſie einmal heranwachſen, ſo fern nur
immer ihre Kraͤfte es erlauben, die meiſte Zeit zu
ihrer Unterſtuͤtzung und zur Beyhuͤlfe in
ihrem Nahrungs-Erwerbe noͤthig haben
. —
Hauptſaͤchlich ſollen viele Eltern ihre Kinder zur Bey-
huͤlfe und Unterſtuͤtzung bey ihren eigenen Gewer-
ben und Geſchaͤften
, und beſonders in den Doͤr-
fern, und uͤberhaupt in Orten, welche ſich von dem
Acker- und Weinbau, der Baumzucht, und der Vieh-
zucht naͤhren, dieſelben, beſonders die Knaben, deu
Sommer uͤber vom Fruͤhjahr bis tief in den Herbſt
hinein zu Feldarbeiten und zum Viehhuͤten, uͤberhaupt
zu landwirthſchaftlichen Geſchaͤften, wozu ſie oft gar
nicht einmal Tagloͤhner haben koͤnnten, nothwendig
brauchen, waͤhrend andere Kinder zu Hauſe die juͤn-
geren Geſchwiſter huͤten, auch andere haͤusliche Ge-
ſchaͤfte verrichten, uͤberhaupt das Hausweſen verſorgen
muͤſſen, damit die Eltern deſto eher ihren Arbeiten ob-
liegen koͤnnen. — Manche Eltern verdingen auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0095" n="85"/>
Unterrichts fu&#x0364;r die u&#x0364;brigen Kinder und ohne Vermeh-<lb/>
rung der Ko&#x017F;ten fu&#x0364;r die o&#x0364;ffentlichen Ca&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;chehen<lb/>
ko&#x0364;nnte, <hi rendition="#g">be&#x017F;ondere Jndu&#x017F;trie-Schulen</hi> errichtet<lb/>
werden wollten, wie auch bereits in Hin&#x017F;icht auf den<lb/>
morali&#x017F;chen und intellectuellen Unterricht a&#x0364;hnliche &#x017F;oge-<lb/>
nannte <hi rendition="#g">Privat-Schulen</hi> und <hi rendition="#g">Privat-Stunden</hi><lb/>
be&#x017F;tehen.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 67.</head><lb/>
        <p>Be&#x017F;ondere Ru&#x0364;ck&#x017F;icht jedoch verdient die Behaup-<lb/>
tung, daß &#x017F;ehr viele Eltern, be&#x017F;onders in a&#x0364;rmeren<lb/>
Familien, <hi rendition="#g">ihre Kinder nicht</hi>, wenig&#x017F;tens nicht den<lb/>
ganzen Tag u&#x0364;ber, <hi rendition="#g">entbehren ko&#x0364;nnen oder wol-<lb/>
len</hi>, weil &#x017F;ie die&#x017F;elben von fru&#x0364;her Jugend an, be&#x017F;on-<lb/>
ders aber, wenn &#x017F;ie einmal heranwach&#x017F;en, &#x017F;o fern nur<lb/>
immer ihre Kra&#x0364;fte es erlauben, die mei&#x017F;te Zeit <hi rendition="#g">zu<lb/>
ihrer Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung und zur Beyhu&#x0364;lfe in<lb/>
ihrem Nahrungs-Erwerbe no&#x0364;thig haben</hi>. &#x2014;<lb/>
Haupt&#x017F;a&#x0364;chlich &#x017F;ollen viele Eltern ihre Kinder zur Bey-<lb/>
hu&#x0364;lfe und Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung bey ihren <hi rendition="#g">eigenen Gewer-<lb/>
ben und Ge&#x017F;cha&#x0364;ften</hi>, und be&#x017F;onders in den Do&#x0364;r-<lb/>
fern, und u&#x0364;berhaupt in Orten, welche &#x017F;ich von dem<lb/>
Acker- und Weinbau, der Baumzucht, und der Vieh-<lb/>
zucht na&#x0364;hren, die&#x017F;elben, be&#x017F;onders die Knaben, deu<lb/>
Sommer u&#x0364;ber vom Fru&#x0364;hjahr bis tief in den Herb&#x017F;t<lb/>
hinein zu Feldarbeiten und zum Viehhu&#x0364;ten, u&#x0364;berhaupt<lb/>
zu landwirth&#x017F;chaftlichen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften, wozu &#x017F;ie oft gar<lb/>
nicht einmal Taglo&#x0364;hner haben ko&#x0364;nnten, nothwendig<lb/>
brauchen, wa&#x0364;hrend andere Kinder zu Hau&#x017F;e die ju&#x0364;n-<lb/>
geren Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter hu&#x0364;ten, auch andere ha&#x0364;usliche Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;fte verrichten, u&#x0364;berhaupt das Hauswe&#x017F;en ver&#x017F;orgen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, damit die Eltern de&#x017F;to eher ihren Arbeiten ob-<lb/>
liegen ko&#x0364;nnen. &#x2014; Manche Eltern <hi rendition="#g">verdingen auch<lb/></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0095] Unterrichts fuͤr die uͤbrigen Kinder und ohne Vermeh- rung der Koſten fuͤr die oͤffentlichen Caſſen geſchehen koͤnnte, beſondere Jnduſtrie-Schulen errichtet werden wollten, wie auch bereits in Hinſicht auf den moraliſchen und intellectuellen Unterricht aͤhnliche ſoge- nannte Privat-Schulen und Privat-Stunden beſtehen. §. 67. Beſondere Ruͤckſicht jedoch verdient die Behaup- tung, daß ſehr viele Eltern, beſonders in aͤrmeren Familien, ihre Kinder nicht, wenigſtens nicht den ganzen Tag uͤber, entbehren koͤnnen oder wol- len, weil ſie dieſelben von fruͤher Jugend an, beſon- ders aber, wenn ſie einmal heranwachſen, ſo fern nur immer ihre Kraͤfte es erlauben, die meiſte Zeit zu ihrer Unterſtuͤtzung und zur Beyhuͤlfe in ihrem Nahrungs-Erwerbe noͤthig haben. — Hauptſaͤchlich ſollen viele Eltern ihre Kinder zur Bey- huͤlfe und Unterſtuͤtzung bey ihren eigenen Gewer- ben und Geſchaͤften, und beſonders in den Doͤr- fern, und uͤberhaupt in Orten, welche ſich von dem Acker- und Weinbau, der Baumzucht, und der Vieh- zucht naͤhren, dieſelben, beſonders die Knaben, deu Sommer uͤber vom Fruͤhjahr bis tief in den Herbſt hinein zu Feldarbeiten und zum Viehhuͤten, uͤberhaupt zu landwirthſchaftlichen Geſchaͤften, wozu ſie oft gar nicht einmal Tagloͤhner haben koͤnnten, nothwendig brauchen, waͤhrend andere Kinder zu Hauſe die juͤn- geren Geſchwiſter huͤten, auch andere haͤusliche Ge- ſchaͤfte verrichten, uͤberhaupt das Hausweſen verſorgen muͤſſen, damit die Eltern deſto eher ihren Arbeiten ob- liegen koͤnnen. — Manche Eltern verdingen auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/95
Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/95>, abgerufen am 18.05.2024.