Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Gemüthe. Denn erstlich ist er ein Abgöttischer/
weil er sein Vertrauen auff das geborgte Geld
setzet/ dahinter doch keine Hülffe noch Glück
steckt. Zum andern ist er falsch und diebisch ge-
gen seinen Nechsten/ mit dem er spielet/ indem er
durch solch Mittel suchet seinem Rechsten das
Seinige abzugewinnen. Drittens/ so betrügt
er sich selber/ indem er sich einbildet/ dadurch zu
gewinnen/ da es doch offt kömmt/ daß er verspie-
let/ und wird dadurch des andern/ der ihm gelie-
hen hat/ sein Schuldner. So er nun wieder
bezahlet/ so ist sein Verlust ohne dem an sich selbst
richtig. Bezahlet er aber nicht/ so denckt er zwar
freylich/ daß er das geborgte gewonnen habe/
wenn aber dieses rechtmäßig gewonnen heist/ so
ist aller Diebstahl ein Gewinst. Uber diß alles
will ich noch kürtzlich erweisen/ daß an diesem A-
berglauben gantz nichts seyn könne. Zum E-
xempel: Es spielen ihrer dreye mit einander/
welche alle dreye das Geld geborgt haben/ alle
dreye aber können unmöglich gewinnen/ welcher
demnach verspielet von diesen dreyen/ der hat so
wohl sein Geld geborget/ als die andern beyde;
wie kömmt es aber/ daß bey ihme das geborgte
Geld nicht auch seine Wirckung/ wie bey denen
andern/ thut? Darum bedenckt es doch/ ihr
aber gläubischen Thoren!

Das

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Gemuͤthe. Denn erſtlich iſt er ein Abgoͤttiſcher/
weil er ſein Vertrauen auff das geborgte Geld
ſetzet/ dahinter doch keine Huͤlffe noch Gluͤck
ſteckt. Zum andern iſt er falſch und diebiſch ge-
gen ſeinen Nechſten/ mit dem er ſpielet/ indem er
durch ſolch Mittel ſuchet ſeinem Rechſten das
Seinige abzugewinnen. Drittens/ ſo betruͤgt
er ſich ſelber/ indem er ſich einbildet/ dadurch zu
gewinnen/ da es doch offt koͤmmt/ daß er verſpie-
let/ und wird dadurch des andern/ der ihm gelie-
hen hat/ ſein Schuldner. So er nun wieder
bezahlet/ ſo iſt ſein Verluſt ohne dem an ſich ſelbſt
richtig. Bezahlet er aber nicht/ ſo denckt er zwar
freylich/ daß er das geborgte gewonnen habe/
wenn aber dieſes rechtmaͤßig gewonnen heiſt/ ſo
iſt aller Diebſtahl ein Gewinſt. Uber diß alles
will ich noch kuͤrtzlich erweiſen/ daß an dieſem A-
berglauben gantz nichts ſeyn koͤnne. Zum E-
xempel: Es ſpielen ihrer dreye mit einander/
welche alle dreye das Geld geborgt haben/ alle
dreye aber koͤnnen unmoͤglich gewinnen/ welcher
demnach verſpielet von dieſen dreyen/ der hat ſo
wohl ſein Geld geborget/ als die andern beyde;
wie koͤmmt es aber/ daß bey ihme das geborgte
Geld nicht auch ſeine Wirckung/ wie bey denen
andern/ thut? Darum bedenckt es doch/ ihr
aber glaͤubiſchen Thoren!

Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0113" n="91"/><fw place="top" type="header">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</fw><lb/>
Gemu&#x0364;the. Denn er&#x017F;tlich i&#x017F;t er ein Abgo&#x0364;tti&#x017F;cher/<lb/>
weil er &#x017F;ein Vertrauen auff das geborgte Geld<lb/>
&#x017F;etzet/ dahinter doch keine Hu&#x0364;lffe noch Glu&#x0364;ck<lb/>
&#x017F;teckt. Zum andern i&#x017F;t er fal&#x017F;ch und diebi&#x017F;ch ge-<lb/>
gen &#x017F;einen Nech&#x017F;ten/ mit dem er &#x017F;pielet/ indem er<lb/>
durch &#x017F;olch Mittel &#x017F;uchet &#x017F;einem Rech&#x017F;ten das<lb/>
Seinige abzugewinnen. Drittens/ &#x017F;o betru&#x0364;gt<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;elber/ indem er &#x017F;ich einbildet/ dadurch zu<lb/>
gewinnen/ da es doch offt ko&#x0364;mmt/ daß er ver&#x017F;pie-<lb/>
let/ und wird dadurch des andern/ der ihm gelie-<lb/>
hen hat/ &#x017F;ein Schuldner. So er nun wieder<lb/>
bezahlet/ &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ein Verlu&#x017F;t ohne dem an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
richtig. Bezahlet er aber nicht/ &#x017F;o denckt er zwar<lb/>
freylich/ daß er das geborgte gewonnen habe/<lb/>
wenn aber die&#x017F;es rechtma&#x0364;ßig gewonnen hei&#x017F;t/ &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t aller Dieb&#x017F;tahl ein Gewin&#x017F;t. Uber diß alles<lb/>
will ich noch ku&#x0364;rtzlich erwei&#x017F;en/ daß an die&#x017F;em A-<lb/>
berglauben gantz nichts &#x017F;eyn ko&#x0364;nne. Zum E-<lb/>
xempel: Es &#x017F;pielen ihrer dreye mit einander/<lb/>
welche alle dreye das Geld geborgt haben/ alle<lb/>
dreye aber ko&#x0364;nnen unmo&#x0364;glich gewinnen/ welcher<lb/>
demnach ver&#x017F;pielet von die&#x017F;en dreyen/ der hat &#x017F;o<lb/>
wohl &#x017F;ein Geld geborget/ als die andern beyde;<lb/>
wie ko&#x0364;mmt es aber/ daß bey ihme das geborgte<lb/>
Geld nicht auch &#x017F;eine Wirckung/ wie bey denen<lb/>
andern/ thut? Darum bedenckt es <choice><sic>dech</sic><corr>doch</corr></choice>/ ihr<lb/>
aber gla&#x0364;ubi&#x017F;chen Thoren!</p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0113] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Gemuͤthe. Denn erſtlich iſt er ein Abgoͤttiſcher/ weil er ſein Vertrauen auff das geborgte Geld ſetzet/ dahinter doch keine Huͤlffe noch Gluͤck ſteckt. Zum andern iſt er falſch und diebiſch ge- gen ſeinen Nechſten/ mit dem er ſpielet/ indem er durch ſolch Mittel ſuchet ſeinem Rechſten das Seinige abzugewinnen. Drittens/ ſo betruͤgt er ſich ſelber/ indem er ſich einbildet/ dadurch zu gewinnen/ da es doch offt koͤmmt/ daß er verſpie- let/ und wird dadurch des andern/ der ihm gelie- hen hat/ ſein Schuldner. So er nun wieder bezahlet/ ſo iſt ſein Verluſt ohne dem an ſich ſelbſt richtig. Bezahlet er aber nicht/ ſo denckt er zwar freylich/ daß er das geborgte gewonnen habe/ wenn aber dieſes rechtmaͤßig gewonnen heiſt/ ſo iſt aller Diebſtahl ein Gewinſt. Uber diß alles will ich noch kuͤrtzlich erweiſen/ daß an dieſem A- berglauben gantz nichts ſeyn koͤnne. Zum E- xempel: Es ſpielen ihrer dreye mit einander/ welche alle dreye das Geld geborgt haben/ alle dreye aber koͤnnen unmoͤglich gewinnen/ welcher demnach verſpielet von dieſen dreyen/ der hat ſo wohl ſein Geld geborget/ als die andern beyde; wie koͤmmt es aber/ daß bey ihme das geborgte Geld nicht auch ſeine Wirckung/ wie bey denen andern/ thut? Darum bedenckt es doch/ ihr aber glaͤubiſchen Thoren! Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/113
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/113>, abgerufen am 21.11.2024.