Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Untersuchung/ derer von super-klugen re Frau dafür/ daß eine andere eine alte Koppel-Hure ist? was kan eine ehrliche/ Christliche und andächtige alte Mutter davor/ daß eine andere mit Segensprechen/ Aberglauben und Zaubern sich beschmißt? dahero billich ein Unterschied zu machen ist/ wiewohl man keiner ins Hertz sehen kan/ und dahero es mit der bösen Beschuldigung ein gefährlich Werck ist/ wo nicht die bösen Tha- ten offenbar sind; das scheinet zwar nicht un- wahr zu seyn/ daß mehrentheils die alten Wei- ber unter der Canalie, nicht viel ehrliche Adern in ihren Leibern tragen. Denn/ woher kommen wohl mehrentheils die schönen Aberglauben/ welche ich ietzt wiederlege/ als eben von solchen alten Wettermacherinnen/ und haben sie diesen ietzt vorhabenden Glaubens-Punct zu ihrer ei- genen Schande ersonnen. Wie ich denn selbst offt von dergleichen alten Weibern gehöret ha- be/ daß sie ihre eigene Schande nicht haben ver- schweigen können/ sondern/ wes das Hertz voll gewesen/ davon ist der Mund übergangen; mag ich demnach solchen gottlosen alten Weibern das Wort nicht reden/ sondern lasse diesem vorha- benden Punct mit der Condition stehen/ daß/ so ferne man früh ausgienge oder ritte/ und be- gegnete einem eine alte Zauberin/ welche durch ihre Hexerey und Vergifftung einem Schaden zuzufügen trachtete/ so ists gewiß nicht gut; ist aber
Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen re Frau dafuͤr/ daß eine andere eine alte Koppel-Hure iſt? was kan eine ehrliche/ Chriſtliche und andaͤchtige alte Mutter davor/ daß eine andere mit Segenſprechen/ Aberglauben und Zaubern ſich beſchmißt? dahero billich ein Unterſchied zu machen iſt/ wiewohl man keiner ins Hertz ſehen kan/ und dahero es mit der boͤſen Beſchuldigung ein gefaͤhrlich Werck iſt/ wo nicht die boͤſen Tha- ten offenbar ſind; das ſcheinet zwar nicht un- wahr zu ſeyn/ daß mehrentheils die alten Wei- ber unter der Canalie, nicht viel ehrliche Adern in ihren Leibern tragen. Denn/ woher kommen wohl mehrentheils die ſchoͤnen Aberglauben/ welche ich ietzt wiederlege/ als eben von ſolchen alten Wettermacherinnen/ und haben ſie dieſen ietzt vorhabenden Glaubens-Punct zu ihrer ei- genen Schande erſonnen. Wie ich denn ſelbſt offt von dergleichen alten Weibern gehoͤret ha- be/ daß ſie ihre eigene Schande nicht haben ver- ſchweigen koͤnnen/ ſondern/ wes das Hertz voll geweſen/ davon iſt der Mund uͤbergangen; mag ich demnach ſolchen gottloſen alten Weibern das Wort nicht reden/ ſondern laſſe dieſem vorha- benden Punct mit der Condition ſtehen/ daß/ ſo ferne man fruͤh ausgienge oder ritte/ und be- gegnete einem eine alte Zauberin/ welche durch ihre Hexerey und Vergifftung einem Schaden zuzufuͤgen trachtete/ ſo iſts gewiß nicht gut; iſt aber
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Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
re Frau dafuͤr/ daß eine andere eine alte Koppel-
Hure iſt? was kan eine ehrliche/ Chriſtliche und
andaͤchtige alte Mutter davor/ daß eine andere
mit Segenſprechen/ Aberglauben und Zaubern
ſich beſchmißt? dahero billich ein Unterſchied zu
machen iſt/ wiewohl man keiner ins Hertz ſehen
kan/ und dahero es mit der boͤſen Beſchuldigung
ein gefaͤhrlich Werck iſt/ wo nicht die boͤſen Tha-
ten offenbar ſind; das ſcheinet zwar nicht un-
wahr zu ſeyn/ daß mehrentheils die alten Wei-
ber unter der Canalie, nicht viel ehrliche Adern
in ihren Leibern tragen. Denn/ woher kommen
wohl mehrentheils die ſchoͤnen Aberglauben/
welche ich ietzt wiederlege/ als eben von ſolchen
alten Wettermacherinnen/ und haben ſie dieſen
ietzt vorhabenden Glaubens-Punct zu ihrer ei-
genen Schande erſonnen. Wie ich denn ſelbſt
offt von dergleichen alten Weibern gehoͤret ha-
be/ daß ſie ihre eigene Schande nicht haben ver-
ſchweigen koͤnnen/ ſondern/ wes das Hertz voll
geweſen/ davon iſt der Mund uͤbergangen; mag
ich demnach ſolchen gottloſen alten Weibern das
Wort nicht reden/ ſondern laſſe dieſem vorha-
benden Punct mit der Condition ſtehen/ daß/
ſo ferne man fruͤh ausgienge oder ritte/ und be-
gegnete einem eine alte Zauberin/ welche durch
ihre Hexerey und Vergifftung einem Schaden
zuzufuͤgen trachtete/ ſo iſts gewiß nicht gut; iſt
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