Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Untersuchung derer von super-klugen dingung/ ein Wahr-Wort/ und könte vor sichund schlecht hin wohl passiren/ wenn die alten Weiber es nicht zum Mißbrauch an wendeten/ und unter ihren albernen Aberglauben eine Stel- le einräumeten/ als sey es ein unbetrügliches Werck. Derowegen ich vor rathsam erachte/ dieses ein wenig zu untersuchen/ wie weit diese Meynung statt habe oder nicht. Es pflegen ei- nige verständige Leute davor zu halten/ daß man eines Haußwirths gantze Haußhaltung an dem Vrode könne observiren/ und wollen da- mit so viel zu verstehen geben/ daß ein unachtsa- mer Haußwirth seine Kinder und Gesinde nur nach ihren eigenen Gefallen das liebe Brod liesse berupffen und beränffteln/ und unordentlich da- von schneiden/ daß zuweilen die Rinde um und um abgeschnitten wird/ und nichts als die Brose liegen bleibet/ welche hernach gemeiniglich ver- schimmelt/ und auffs höchste denen Schweinen zu Theil wird. Wenn es nun also mit dem Brode zugehet/ so ist leichte zu vermuthen/ daß die übrige Haußhaltung auch nicht besser bestel- let werde/ und muß solcher Gestalt ein Hauß- wirth verarmen. Hingegen/ wer ordentlich Hauß hält/ seine Sachen alle wohl in acht nimmt/ und keine Unordnung mit Willen einreissen läs- set/ der wird auch nicht zugeben/ daß das liebe Brod von einem ieden nach eigenen Gefallen ver-
Unterſuchung derer von ſuper-klugen dingung/ ein Wahr-Wort/ und koͤnte vor ſichund ſchlecht hin wohl paſſiren/ wenn die alten Weiber es nicht zum Mißbrauch an wendeten/ und unter ihꝛen albernen Aberglauben eine Stel- le einraͤumeten/ als ſey es ein unbetruͤgliches Werck. Derowegen ich vor rathſam erachte/ dieſes ein wenig zu unterſuchen/ wie weit dieſe Meynung ſtatt habe oder nicht. Es pflegen ei- nige verſtaͤndige Leute davor zu halten/ daß man eines Haußwirths gantze Haußhaltung an dem Vrode koͤnne obſerviren/ und wollen da- mit ſo viel zu verſtehen geben/ daß ein unachtſa- mer Haußwirth ſeine Kinder und Geſinde nur nach ihren eigenen Gefallen das liebe Brod lieſſe berupffen und beraͤnffteln/ und unordentlich da- von ſchneiden/ daß zuweilen die Rinde um und um abgeſchnitten wird/ und nichts als die Broſe liegen bleibet/ welche hernach gemeiniglich ver- ſchimmelt/ und auffs hoͤchſte denen Schweinen zu Theil wird. Wenn es nun alſo mit dem Brode zugehet/ ſo iſt leichte zu vermuthen/ daß die uͤbrige Haußhaltung auch nicht beſſer beſtel- let werde/ und muß ſolcher Geſtalt ein Hauß- wirth verarmen. Hingegen/ wer ordentlich Hauß haͤlt/ ſeine Sachen alle wohl in acht nim̃t/ und keine Unordnung mit Willen einreiſſen laͤſ- ſet/ der wird auch nicht zugeben/ daß das liebe Brod von einem ieden nach eigenen Gefallen ver-
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Unterſuchung derer von ſuper-klugen
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und ſchlecht hin wohl paſſiren/ wenn die alten
Weiber es nicht zum Mißbrauch an wendeten/
und unter ihꝛen albernen Aberglauben eine Stel-
le einraͤumeten/ als ſey es ein unbetruͤgliches
Werck. Derowegen ich vor rathſam erachte/
dieſes ein wenig zu unterſuchen/ wie weit dieſe
Meynung ſtatt habe oder nicht. Es pflegen ei-
nige verſtaͤndige Leute davor zu halten/ daß man
eines Haußwirths gantze Haußhaltung an
dem Vrode koͤnne obſerviren/ und wollen da-
mit ſo viel zu verſtehen geben/ daß ein unachtſa-
mer Haußwirth ſeine Kinder und Geſinde nur
nach ihren eigenen Gefallen das liebe Brod lieſſe
berupffen und beraͤnffteln/ und unordentlich da-
von ſchneiden/ daß zuweilen die Rinde um und
um abgeſchnitten wird/ und nichts als die Broſe
liegen bleibet/ welche hernach gemeiniglich ver-
ſchimmelt/ und auffs hoͤchſte denen Schweinen
zu Theil wird. Wenn es nun alſo mit dem
Brode zugehet/ ſo iſt leichte zu vermuthen/ daß
die uͤbrige Haußhaltung auch nicht beſſer beſtel-
let werde/ und muß ſolcher Geſtalt ein Hauß-
wirth verarmen. Hingegen/ wer ordentlich
Hauß haͤlt/ ſeine Sachen alle wohl in acht nim̃t/
und keine Unordnung mit Willen einreiſſen laͤſ-
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