Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Untersuchung/ derer von super-klugen Römischen Reich verjaget worden. Man ge-dencke nur/ mit was für einer Weißheit sie ihre Kinder alsobald/ da sie kaum zwey Ta- ge alt sind/ können zu heldenmüthigen Rit- tern machen! Sie reitzen ihre Männer an/ daß sie unter dem alten Eisen einem alten ver- rosteten Sebel oder Rauff-Degen hervor su- chen müssen/ (denn vor denen polirten und scharffen fürchten sich die Frau Wöchnerin- nen selbst) diese alte stumpffe und rostige Plempe müssen die gehorsamen Männer neh- men/ und ihren neugebohrnen Printzen in die Hände geben/ und also ist der neue Ritter fertig/ und fürchtet sich vor niemanden/ ausser wenn irgend die Frau Wöchnerin starck nieset/ da er- schrickt der arme junge Fincken Ritter/ daß er das Fresel davon kriegt/ und schüttet alle seine Courage in die Windel/ daß also der Helden- Muth auff einmahl in Koth verwandelt wird. Wenn ich meine Gedancken über diese Narre- they offenhertzig entdecken soll/ so vermeine ich/ daß sich die Eltern/ bey Practicirung dieses Puncts/ in Beobachtung ihrer Kinder Wohl- farth/ sehr beydnisch (will nicht sagen Teuffelisch) erweisen. Denn eines theils sind sie der Sache ungewiß/ daß auff oben angeführte Ceremoni- en ihre Kinder so behertzt werden sollen; andern theils/ wenn ja die Sache/ nach ihrer Einbil- dung/
Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen Roͤmiſchen Reich verjaget worden. Man ge-dencke nur/ mit was fuͤr einer Weißheit ſie ihre Kinder alſobald/ da ſie kaum zwey Ta- ge alt ſind/ koͤnnen zu heldenmuͤthigen Rit- tern machen! Sie reitzen ihre Maͤnner an/ daß ſie unter dem alten Eiſen einem alten ver- roſteten Sebel oder Rauff-Degen hervor ſu- chen muͤſſen/ (denn vor denen polirten und ſcharffen fuͤrchten ſich die Frau Woͤchnerin- nen ſelbſt) dieſe alte ſtumpffe und roſtige Plempe muͤſſen die gehorſamen Maͤnner neh- men/ und ihren neugebohrnen Printzen in die Haͤnde geben/ und alſo iſt der neue Ritter fertig/ und fuͤrchtet ſich vor niemanden/ auſſer wenn irgend die Frau Woͤchnerin ſtarck nieſet/ da er- ſchrickt der arme junge Fincken Ritter/ daß er das Freſel davon kriegt/ und ſchuͤttet alle ſeine Courage in die Windel/ daß alſo der Helden- Muth auff einmahl in Koth verwandelt wird. Wenn ich meine Gedancken uͤber dieſe Narre- they offenhertzig entdecken ſoll/ ſo vermeine ich/ daß ſich die Eltern/ bey Practicirung dieſes Puncts/ in Beobachtung ihrer Kinder Wohl- farth/ ſehr beydniſch (will nicht ſagen Teuffeliſch) erweiſen. Denn eines theils ſind ſie der Sache ungewiß/ daß auff oben angefuͤhrte Ceremoni- en ihre Kinder ſo behertzt werden ſollen; andern theils/ wenn ja die Sache/ nach ihrer Einbil- dung/
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Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
Roͤmiſchen Reich verjaget worden. Man ge-
dencke nur/ mit was fuͤr einer Weißheit ſie
ihre Kinder alſobald/ da ſie kaum zwey Ta-
ge alt ſind/ koͤnnen zu heldenmuͤthigen Rit-
tern machen! Sie reitzen ihre Maͤnner an/
daß ſie unter dem alten Eiſen einem alten ver-
roſteten Sebel oder Rauff-Degen hervor ſu-
chen muͤſſen/ (denn vor denen polirten und
ſcharffen fuͤrchten ſich die Frau Woͤchnerin-
nen ſelbſt) dieſe alte ſtumpffe und roſtige
Plempe muͤſſen die gehorſamen Maͤnner neh-
men/ und ihren neugebohrnen Printzen in die
Haͤnde geben/ und alſo iſt der neue Ritter fertig/
und fuͤrchtet ſich vor niemanden/ auſſer wenn
irgend die Frau Woͤchnerin ſtarck nieſet/ da er-
ſchrickt der arme junge Fincken Ritter/ daß er
das Freſel davon kriegt/ und ſchuͤttet alle ſeine
Courage in die Windel/ daß alſo der Helden-
Muth auff einmahl in Koth verwandelt wird.
Wenn ich meine Gedancken uͤber dieſe Narre-
they offenhertzig entdecken ſoll/ ſo vermeine ich/
daß ſich die Eltern/ bey Practicirung dieſes
Puncts/ in Beobachtung ihrer Kinder Wohl-
farth/ ſehr beydniſch (will nicht ſagen Teuffeliſch)
erweiſen. Denn eines theils ſind ſie der Sache
ungewiß/ daß auff oben angefuͤhrte Ceremoni-
en ihre Kinder ſo behertzt werden ſollen; andern
theils/ wenn ja die Sache/ nach ihrer Einbil-
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