Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung derer von super-klugen
nicht wohl ermessen. Wer einen Feind hat/ der
siehet solchen von weiten am liebsten; da man
nun/ bekandter massen/ denen Spinnen von Na-
tur feind ist/ wie kan es denn möglich seyn/ daß
wenn ein solch Ungezieffer auff iemandes seinem
Rocke kreucht/ es selbigen Tag soll Glück anzei-
gen? Denn von einem Feinde kan/ natürlicher
Weise/ kein Glück kommen; dahero vielmehr
zu besorgen ist/ daß das verhoffte Glück die Ei-
genschafft derer Spinn-Weben und Wespen-
Nester haben/ und schlechten Bestand halten
werde. Wer nun auff solche schöne Dinge sei-
ne Hoffnung und Vertrauen setzen will/ der
mag es/ auff seinen Gewinn und Verlust/ ver-
suchen; Ich halte nichts davon.

Das Glück/ das eine Spinne bringt/
Das Lied/ das eine Grille singt/
Das Häußgen/ das die Wespen machen/
Sind alles gar sehr schlechte Sachen.
Das 43. Capitel.

Wenn ein Mann über Land reitet/
und ihm ein Weib spinnend begegnet/ ists
ein böses Zeichen/ derohalben soll er um-
kehren/ und einen andern Weg
reiten.

DIeses Vorgeben ist eine offenbare Narr-
heit. Denn/ ists nicht wahr? wenn der-

jenige/

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
nicht wohl ermeſſen. Wer einen Feind hat/ der
ſiehet ſolchen von weiten am liebſten; da man
nun/ bekandter maſſen/ denen Spinnen von Na-
tur feind iſt/ wie kan es denn moͤglich ſeyn/ daß
wenn ein ſolch Ungezieffer auff iemandes ſeinem
Rocke kreucht/ es ſelbigen Tag ſoll Gluͤck anzei-
gen? Denn von einem Feinde kan/ natuͤrlicher
Weiſe/ kein Gluͤck kommen; dahero vielmehr
zu beſorgen iſt/ daß das verhoffte Gluͤck die Ei-
genſchafft derer Spinn-Weben und Weſpen-
Neſter haben/ und ſchlechten Beſtand halten
werde. Wer nun auff ſolche ſchoͤne Dinge ſei-
ne Hoffnung und Vertrauen ſetzen will/ der
mag es/ auff ſeinen Gewinn und Verluſt/ ver-
ſuchen; Ich halte nichts davon.

Das Glück/ das eine Spinne bringt/
Das Lied/ das eine Grille ſingt/
Das Haͤußgen/ das die Weſpen machen/
Sind alles gar ſehr ſchlechte Sachen.
Das 43. Capitel.

Wenn ein Mann uͤber Land reitet/
und ihm ein Weib ſpinnend begegnet/ iſts
ein boͤſes Zeichen/ derohalben ſoll er um-
kehren/ und einen andern Weg
reiten.

DIeſes Vorgeben iſt eine offenbare Narr-
heit. Denn/ iſts nicht wahr? wenn der-

jenige/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0108" n="284"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
nicht wohl erme&#x017F;&#x017F;en. Wer einen Feind hat/ der<lb/>
&#x017F;iehet &#x017F;olchen von weiten am lieb&#x017F;ten; da man<lb/>
nun/ bekandter ma&#x017F;&#x017F;en/ denen Spinnen von Na-<lb/>
tur feind i&#x017F;t/ wie kan es denn mo&#x0364;glich &#x017F;eyn/ daß<lb/>
wenn ein &#x017F;olch Ungezieffer auff iemandes &#x017F;einem<lb/>
Rocke kreucht/ es &#x017F;elbigen Tag &#x017F;oll Glu&#x0364;ck anzei-<lb/>
gen? Denn von einem Feinde kan/ natu&#x0364;rlicher<lb/>
Wei&#x017F;e/ kein Glu&#x0364;ck kommen; dahero vielmehr<lb/>
zu be&#x017F;orgen i&#x017F;t/ daß das verhoffte Glu&#x0364;ck die Ei-<lb/>
gen&#x017F;chafft derer Spinn-Weben und We&#x017F;pen-<lb/>
Ne&#x017F;ter haben/ und &#x017F;chlechten Be&#x017F;tand halten<lb/>
werde. Wer nun auff &#x017F;olche &#x017F;cho&#x0364;ne Dinge &#x017F;ei-<lb/>
ne Hoffnung und Vertrauen &#x017F;etzen will/ der<lb/>
mag es/ auff &#x017F;einen Gewinn und Verlu&#x017F;t/ ver-<lb/>
&#x017F;uchen; Ich halte nichts davon.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Das Glück/ das eine Spinne bringt/</l><lb/>
          <l>Das Lied/ das eine Grille &#x017F;ingt/</l><lb/>
          <l>Das Ha&#x0364;ußgen/ das die We&#x017F;pen machen/</l><lb/>
          <l>Sind alles gar &#x017F;ehr &#x017F;chlechte Sachen.</l>
        </lg>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das 43. Capitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p>Wenn ein Mann u&#x0364;ber Land reitet/<lb/>
und ihm ein Weib &#x017F;pinnend begegnet/ i&#x017F;ts<lb/><hi rendition="#c">ein bo&#x0364;&#x017F;es Zeichen/ derohalben &#x017F;oll er um-<lb/>
kehren/ und einen andern Weg<lb/>
reiten.</hi></p>
        </argument><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>Ie&#x017F;es Vorgeben i&#x017F;t eine offenbare Narr-<lb/>
heit. Denn/ i&#x017F;ts nicht wahr? wenn der-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jenige/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0108] Unterſuchung derer von ſuper-klugen nicht wohl ermeſſen. Wer einen Feind hat/ der ſiehet ſolchen von weiten am liebſten; da man nun/ bekandter maſſen/ denen Spinnen von Na- tur feind iſt/ wie kan es denn moͤglich ſeyn/ daß wenn ein ſolch Ungezieffer auff iemandes ſeinem Rocke kreucht/ es ſelbigen Tag ſoll Gluͤck anzei- gen? Denn von einem Feinde kan/ natuͤrlicher Weiſe/ kein Gluͤck kommen; dahero vielmehr zu beſorgen iſt/ daß das verhoffte Gluͤck die Ei- genſchafft derer Spinn-Weben und Weſpen- Neſter haben/ und ſchlechten Beſtand halten werde. Wer nun auff ſolche ſchoͤne Dinge ſei- ne Hoffnung und Vertrauen ſetzen will/ der mag es/ auff ſeinen Gewinn und Verluſt/ ver- ſuchen; Ich halte nichts davon. Das Glück/ das eine Spinne bringt/ Das Lied/ das eine Grille ſingt/ Das Haͤußgen/ das die Weſpen machen/ Sind alles gar ſehr ſchlechte Sachen. Das 43. Capitel. Wenn ein Mann uͤber Land reitet/ und ihm ein Weib ſpinnend begegnet/ iſts ein boͤſes Zeichen/ derohalben ſoll er um- kehren/ und einen andern Weg reiten. DIeſes Vorgeben iſt eine offenbare Narr- heit. Denn/ iſts nicht wahr? wenn der- jenige/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/108
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/108>, abgerufen am 23.11.2024.