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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
geben/ was von einer spinnenden Weibs-Person
gesagt wird/ ist eine abergläubische Thorheit. U-
berdiß ist es auch was recht närrisches/ daß wenn
die Sache ja wahr wäre/ (da es doch s. v. erlogen
ist) daß eine spinnende Weibs-Person/ so einem
auff dem Felde begegnete/ ein böses Zeichen wä-
re/ man durch das Umkehren und Reitung eines
andern Weges/ solch vermeyntes böses Zeichen
verbessern will. Denn wo einmahl das Be-
gegnen eines solchen Weibes geschehen ist/ so
macht das Umkehren ja die geschehene Sache
nicht ungeschehen/ und mag der Reiter fort reiten
oder wieder umkehren/ so lässet er das Weib hin-
ter sich/ ja er kömmt durch das Fortreiten noch
eher von ihr/ weil sie nicht hinter ihme her gehet/
als wenn er umkehret. Ich erinnere mich zu
unterschiedlichen mahlen/ daß an solchen Orten/
allwo die Hirten-Weiber die Gewohnheit ha-
ben/ daß sie den Rocken auff die Seite in Gür-
tel stecken/ und auff dem Felde in währendem Ge-
hen zugleich spinnen/ mir dergleichen spinnende
Weiber begegnet sind/ ja ich bin zuweilen auch
wohl mit Fleiß auff sie zugeritten/ und habe sie
gefragt/ ob ich die rechte Strasse ritte? Aber
das kan ich mich nicht erinnern/ daß mir iemahls
hierauff etwas unglückliches begegnet oder wie-
derfahren sey/ derohalben ist an dieser Sache
nichts.

Solt

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
geben/ was von einer ſpinnenden Weibs-Perſon
geſagt wird/ iſt eine aberglaͤubiſche Thorheit. U-
berdiß iſt es auch was recht naͤrriſches/ daß wenn
die Sache ja wahr waͤre/ (da es doch ſ. v. erlogen
iſt) daß eine ſpinnende Weibs-Perſon/ ſo einem
auff dem Felde begegnete/ ein boͤſes Zeichen waͤ-
re/ man durch das Umkehren und Reitung eines
andern Weges/ ſolch vermeyntes boͤſes Zeichen
verbeſſern will. Denn wo einmahl das Be-
gegnen eines ſolchen Weibes geſchehen iſt/ ſo
macht das Umkehren ja die geſchehene Sache
nicht ungeſchehen/ und mag der Reiter fort reiten
oder wieder umkehren/ ſo laͤſſet er das Weib hin-
ter ſich/ ja er koͤmmt durch das Fortreiten noch
eher von ihr/ weil ſie nicht hinter ihme her gehet/
als wenn er umkehret. Ich erinnere mich zu
unterſchiedlichen mahlen/ daß an ſolchen Orten/
allwo die Hirten-Weiber die Gewohnheit ha-
ben/ daß ſie den Rocken auff die Seite in Guͤr-
tel ſtecken/ und auff dem Felde in waͤhrendem Ge-
hen zugleich ſpinnen/ mir dergleichen ſpinnende
Weiber begegnet ſind/ ja ich bin zuweilen auch
wohl mit Fleiß auff ſie zugeritten/ und habe ſie
gefragt/ ob ich die rechte Straſſe ritte? Aber
das kan ich mich nicht erinnern/ daß mir iemahls
hierauff etwas ungluͤckliches begegnet oder wie-
derfahren ſey/ derohalben iſt an dieſer Sache
nichts.

Solt
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[286/0110] Unterſuchung derer von ſuper-klugen geben/ was von einer ſpinnenden Weibs-Perſon geſagt wird/ iſt eine aberglaͤubiſche Thorheit. U- berdiß iſt es auch was recht naͤrriſches/ daß wenn die Sache ja wahr waͤre/ (da es doch ſ. v. erlogen iſt) daß eine ſpinnende Weibs-Perſon/ ſo einem auff dem Felde begegnete/ ein boͤſes Zeichen waͤ- re/ man durch das Umkehren und Reitung eines andern Weges/ ſolch vermeyntes boͤſes Zeichen verbeſſern will. Denn wo einmahl das Be- gegnen eines ſolchen Weibes geſchehen iſt/ ſo macht das Umkehren ja die geſchehene Sache nicht ungeſchehen/ und mag der Reiter fort reiten oder wieder umkehren/ ſo laͤſſet er das Weib hin- ter ſich/ ja er koͤmmt durch das Fortreiten noch eher von ihr/ weil ſie nicht hinter ihme her gehet/ als wenn er umkehret. Ich erinnere mich zu unterſchiedlichen mahlen/ daß an ſolchen Orten/ allwo die Hirten-Weiber die Gewohnheit ha- ben/ daß ſie den Rocken auff die Seite in Guͤr- tel ſtecken/ und auff dem Felde in waͤhrendem Ge- hen zugleich ſpinnen/ mir dergleichen ſpinnende Weiber begegnet ſind/ ja ich bin zuweilen auch wohl mit Fleiß auff ſie zugeritten/ und habe ſie gefragt/ ob ich die rechte Straſſe ritte? Aber das kan ich mich nicht erinnern/ daß mir iemahls hierauff etwas ungluͤckliches begegnet oder wie- derfahren ſey/ derohalben iſt an dieſer Sache nichts. Solt

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/110>, abgerufen am 23.11.2024.