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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
euch doch nicht einräume) so müsten die Heiligen
auch von GOtt die Gewalt bekommen/ denen
Menschen ihre Bitte zu gewähren; sagt ihr nun
dieses/ so verrathet ihr euch ja selbst/ daß ihr toll-
und thörichte Leute seyd; Denn warum rufft
ihr denn nicht den an/ durch dessen Krafft die Hei-
ligen euch hören/ und in welchem die Heiligen le-
ben/ und aus dessen Gewalt die Heiligen euch
helffen/ und euch euere Bitte gewähren sollen/
wie ihr meynet? Warum rufft ihr denn St.
Andreßen im gantzen Jahre zu keiner andern
Zeit mehr an/ als nur in der eintzigen Nacht vor
dem 30. Novembris? Schläffet er denn ir-
gend die gantze übrige Jahrs-Zeit/ oder schweif-
fet seine Seele (denn der Leib ist noch nicht auff-
erstanden) irgend die übrige Zeit in allen Län-
dern herum? Oder macht irgend GOtt eine
gewisse Eintheilung unter denen Verrichtungen
derer Heiligen/ daß den Tag der Heilige das ver-
richte/ ein anderer einen andern Tag was an-
ders/ und so fort/ biß das Jahr um ist/ daß die
Reihe wieder an den ersten kommet? Oder was
sind sonst eure närrische Gedancken von denen
Heiligen/ und sonderlich von St. Andreßen?
Wie kömmt denn eben St. Andreas zu dieser
Verrichtung/ daß er euch mit Männern versor-
gen soll? Vielleicht/ weil Andreas so viel heist/
als mannhafft; ist weit gesucht. Drum be-

dencket

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
euch doch nicht einraͤume) ſo muͤſten die Heiligen
auch von GOtt die Gewalt bekommen/ denen
Menſchen ihre Bitte zu gewaͤhren; ſagt ihr nun
dieſes/ ſo verrathet ihr euch ja ſelbſt/ daß ihr toll-
und thoͤrichte Leute ſeyd; Denn warum rufft
ihr denn nicht den an/ durch deſſen Krafft die Hei-
ligen euch hoͤren/ und in welchem die Heiligen le-
ben/ und aus deſſen Gewalt die Heiligen euch
helffen/ und euch euere Bitte gewaͤhren ſollen/
wie ihr meynet? Warum rufft ihr denn St.
Andreßen im gantzen Jahre zu keiner andern
Zeit mehr an/ als nur in der eintzigen Nacht vor
dem 30. Novembris? Schlaͤffet er denn ir-
gend die gantze uͤbrige Jahrs-Zeit/ oder ſchweif-
fet ſeine Seele (denn der Leib iſt noch nicht auff-
erſtanden) irgend die uͤbrige Zeit in allen Laͤn-
dern herum? Oder macht irgend GOtt eine
gewiſſe Eintheilung unter denen Verrichtungen
derer Heiligen/ daß den Tag der Heilige das ver-
richte/ ein anderer einen andern Tag was an-
ders/ und ſo fort/ biß das Jahr um iſt/ daß die
Reihe wieder an den erſten kommet? Oder was
ſind ſonſt eure naͤrriſche Gedancken von denen
Heiligen/ und ſonderlich von St. Andreßen?
Wie koͤmmt denn eben St. Andreas zu dieſer
Verrichtung/ daß er euch mit Maͤnnern verſor-
gen ſoll? Vielleicht/ weil Andreas ſo viel heiſt/
als mannhafft; iſt weit geſucht. Drum be-

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[190/0014] Unterſuchung derer von ſuper-klugen euch doch nicht einraͤume) ſo muͤſten die Heiligen auch von GOtt die Gewalt bekommen/ denen Menſchen ihre Bitte zu gewaͤhren; ſagt ihr nun dieſes/ ſo verrathet ihr euch ja ſelbſt/ daß ihr toll- und thoͤrichte Leute ſeyd; Denn warum rufft ihr denn nicht den an/ durch deſſen Krafft die Hei- ligen euch hoͤren/ und in welchem die Heiligen le- ben/ und aus deſſen Gewalt die Heiligen euch helffen/ und euch euere Bitte gewaͤhren ſollen/ wie ihr meynet? Warum rufft ihr denn St. Andreßen im gantzen Jahre zu keiner andern Zeit mehr an/ als nur in der eintzigen Nacht vor dem 30. Novembris? Schlaͤffet er denn ir- gend die gantze uͤbrige Jahrs-Zeit/ oder ſchweif- fet ſeine Seele (denn der Leib iſt noch nicht auff- erſtanden) irgend die uͤbrige Zeit in allen Laͤn- dern herum? Oder macht irgend GOtt eine gewiſſe Eintheilung unter denen Verrichtungen derer Heiligen/ daß den Tag der Heilige das ver- richte/ ein anderer einen andern Tag was an- ders/ und ſo fort/ biß das Jahr um iſt/ daß die Reihe wieder an den erſten kommet? Oder was ſind ſonſt eure naͤrriſche Gedancken von denen Heiligen/ und ſonderlich von St. Andreßen? Wie koͤmmt denn eben St. Andreas zu dieſer Verrichtung/ daß er euch mit Maͤnnern verſor- gen ſoll? Vielleicht/ weil Andreas ſo viel heiſt/ als mannhafft; iſt weit geſucht. Drum be- dencket

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/14>, abgerufen am 21.11.2024.