Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. kömmt Mehlthau und gifftiger Regen/ Schlos-sen/ Raupen/ Frost und andere Zufälle/ welche von denen in der Christ-Nacht umgebunden ge- wesenen Stroh-Bändern keinesweges können abgewendet werden. Nun sage mir doch ie- mand/ was denn die hülfflose Gauckeley mit den nassen Stroh-Bändern in der Christ-Nacht wohl für Nutzen bringen könne? Ich glaube/ daß niemand so hirnloß seyn wird/ wenn er die Sache ein wenig überlegen wird/ daß er ferner etwas auff diese Narren-Possen halten werde. Welcher Hagel/ welches Wetter wird sich lassen wehren? Welche Raupe in dem Sommer wird sich daran kehren/ Daß sie nicht der Bäume Früchte öffter- mahls verderben? Und welch Ungeziefer wird wohl derentwe- gen sterben/ Wenn ein halbes Jahr vorher/ um der Bäume Rinden/ Kluge Bauern nasses Stroh pflegen umzu- binden? Damit lässt sich GOttes Hand keinesweges halten. Drum soll ein rechtschaffner Christ GOtt nur lassen walten/ Und
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. koͤmmt Mehlthau und gifftiger Regen/ Schloſ-ſen/ Raupen/ Froſt und andere Zufaͤlle/ welche von denen in der Chriſt-Nacht umgebunden ge- weſenen Stroh-Baͤndern keinesweges koͤnnen abgewendet werden. Nun ſage mir doch ie- mand/ was denn die huͤlffloſe Gauckeley mit den naſſen Stroh-Baͤndern in der Chriſt-Nacht wohl fuͤr Nutzen bringen koͤnne? Ich glaube/ daß niemand ſo hirnloß ſeyn wird/ wenn er die Sache ein wenig uͤberlegen wird/ daß er ferner etwas auff dieſe Narren-Poſſen halten werde. Welcher Hagel/ welches Wetter wird ſich laſſen wehren? Welche Raupe in dem Sommer wird ſich daran kehren/ Daß ſie nicht der Baͤume Fruͤchte oͤffter- mahls verderben? Und welch Ungeziefer wird wohl derentwe- gen ſterben/ Wenn ein halbes Jahr vorher/ um der Baͤume Rinden/ Kluge Bauern naſſes Stroh pflegen umzu- binden? Damit laͤſſt ſich GOttes Hand keinesweges halten. Drum ſoll ein rechtſchaffner Chriſt GOtt nur laſſen walten/ Und
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
koͤmmt Mehlthau und gifftiger Regen/ Schloſ-
ſen/ Raupen/ Froſt und andere Zufaͤlle/ welche
von denen in der Chriſt-Nacht umgebunden ge-
weſenen Stroh-Baͤndern keinesweges koͤnnen
abgewendet werden. Nun ſage mir doch ie-
mand/ was denn die huͤlffloſe Gauckeley mit den
naſſen Stroh-Baͤndern in der Chriſt-Nacht
wohl fuͤr Nutzen bringen koͤnne? Ich glaube/
daß niemand ſo hirnloß ſeyn wird/ wenn er die
Sache ein wenig uͤberlegen wird/ daß er ferner
etwas auff dieſe Narren-Poſſen halten werde.
Welcher Hagel/ welches Wetter wird ſich
laſſen wehren?
Welche Raupe in dem Sommer wird ſich
daran kehren/
Daß ſie nicht der Baͤume Fruͤchte oͤffter-
mahls verderben?
Und welch Ungeziefer wird wohl derentwe-
gen ſterben/
Wenn ein halbes Jahr vorher/ um der
Baͤume Rinden/
Kluge Bauern naſſes Stroh pflegen umzu-
binden?
Damit laͤſſt ſich GOttes Hand keinesweges
halten.
Drum ſoll ein rechtſchaffner Chriſt GOtt
nur laſſen walten/
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