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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
nem Wolffe begegnet/ und demselben erst stehet/
so erschrickt er alsobald/ und wird furchtsam/ su-
chet Gelegenheit die Flucht zu nehmen/ die er
doch nicht allezeit nehmen kan/ ehe ihn die Bestie
gewahr wird/ dahero hernach der Wolff/ wenn
er den Menschen auch erblickt/ solchen schon er-
schrocken und verzagt zu seyn mercket/ und ohne
allen Zweiffel desto behertzter anfallen wird;
hingegen aber/ wenn der Wolff den Menschen
zu erst siehet/ ehe der Mensch den Wolff vermu-
thet/ so gehet der Mensch unerschrocken fort/ und
machet vielmehr den Wolff erschrocken/ daß er
weichet. Wiewohl man am klügsten thut/ wenn
man diesen Bestien weichet/ weil sie zuweilen
nicht von der Stelle gehen/ wenn man über sie
hinfiele. Dieses sind also meine ohnmaßgebliche
Rationes, die ich habe/ nicht zu glauben was die-
ser Articul vom Wolffe lehret. Wolte aber nun
iemand einwenden und sagen: Dieses Vorge-
ben sey nicht von natürlichen lebendigen Wölf-
fen zu verstehen/ sondern von solchen/ die einem
gewöhnlich in heissen Tagen/ im Gehen oder
Reiten einem so nahe kämen/ daß man sie ohn-
versehens zwischen denen Beinen fühlete/ und
von ihnen s. v. in Steiß gebissen würde/ biß auffs
rohe Fleisch/ daß man hernach die Wunde wie-
der müste mit Hirsch-Unschlit schmieren; so will
ich dieses eben nicht wiederstreiten/ weil es wohl

seyn

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
nem Wolffe begegnet/ und demſelben erſt ſtehet/
ſo erſchrickt er alſobald/ und wird furchtſam/ ſu-
chet Gelegenheit die Flucht zu nehmen/ die er
doch nicht allezeit nehmen kan/ ehe ihn die Beſtie
gewahr wird/ dahero hernach der Wolff/ wenn
er den Menſchen auch erblickt/ ſolchen ſchon er-
ſchrocken und verzagt zu ſeyn mercket/ und ohne
allen Zweiffel deſto behertzter anfallen wird;
hingegen aber/ wenn der Wolff den Menſchen
zu erſt ſiehet/ ehe der Menſch den Wolff vermu-
thet/ ſo gehet der Menſch unerſchrocken fort/ und
machet vielmehr den Wolff erſchrocken/ daß er
weichet. Wiewohl man am kluͤgſten thut/ wenn
man dieſen Beſtien weichet/ weil ſie zuweilen
nicht von der Stelle gehen/ wenn man uͤber ſie
hinfiele. Dieſes ſind alſo meine ohnmaßgebliche
Rationes, die ich habe/ nicht zu glauben was die-
ſer Articul vom Wolffe lehret. Wolte aber nun
iemand einwenden und ſagen: Dieſes Vorge-
ben ſey nicht von natuͤrlichen lebendigen Woͤlf-
fen zu verſtehen/ ſondern von ſolchen/ die einem
gewoͤhnlich in heiſſen Tagen/ im Gehen oder
Reiten einem ſo nahe kaͤmen/ daß man ſie ohn-
verſehens zwiſchen denen Beinen fuͤhlete/ und
von ihnen ſ. v. in Steiß gebiſſen wuͤrde/ biß auffs
rohe Fleiſch/ daß man hernach die Wunde wie-
der muͤſte mit Hirſch-Unſchlit ſchmieren; ſo will
ich dieſes eben nicht wiederſtreiten/ weil es wohl

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[338/0162] Unterſuchung derer von ſuper-klugen nem Wolffe begegnet/ und demſelben erſt ſtehet/ ſo erſchrickt er alſobald/ und wird furchtſam/ ſu- chet Gelegenheit die Flucht zu nehmen/ die er doch nicht allezeit nehmen kan/ ehe ihn die Beſtie gewahr wird/ dahero hernach der Wolff/ wenn er den Menſchen auch erblickt/ ſolchen ſchon er- ſchrocken und verzagt zu ſeyn mercket/ und ohne allen Zweiffel deſto behertzter anfallen wird; hingegen aber/ wenn der Wolff den Menſchen zu erſt ſiehet/ ehe der Menſch den Wolff vermu- thet/ ſo gehet der Menſch unerſchrocken fort/ und machet vielmehr den Wolff erſchrocken/ daß er weichet. Wiewohl man am kluͤgſten thut/ wenn man dieſen Beſtien weichet/ weil ſie zuweilen nicht von der Stelle gehen/ wenn man uͤber ſie hinfiele. Dieſes ſind alſo meine ohnmaßgebliche Rationes, die ich habe/ nicht zu glauben was die- ſer Articul vom Wolffe lehret. Wolte aber nun iemand einwenden und ſagen: Dieſes Vorge- ben ſey nicht von natuͤrlichen lebendigen Woͤlf- fen zu verſtehen/ ſondern von ſolchen/ die einem gewoͤhnlich in heiſſen Tagen/ im Gehen oder Reiten einem ſo nahe kaͤmen/ daß man ſie ohn- verſehens zwiſchen denen Beinen fuͤhlete/ und von ihnen ſ. v. in Steiß gebiſſen wuͤrde/ biß auffs rohe Fleiſch/ daß man hernach die Wunde wie- der muͤſte mit Hirſch-Unſchlit ſchmieren; ſo will ich dieſes eben nicht wiederſtreiten/ weil es wohl ſeyn

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/162>, abgerufen am 28.11.2024.