Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
teutschen Wort-Verstand dieses Lateinischen
Verses ansiehet/ welcher also lautet: Caspar
schenckt Myrrhen/ Melchior den Weyrauch/
und Baltzer das Gold/ wer diese drey Nahmen
der drey Könige bey sich trägt/ der wird von der
bösen hin fallenden Seuche errettet; so möchte
man die Stranguriam über solchem Narren-
Verstand kriegen. Und kömmt nicht besser her-
aus/ als wenn einer die Pest wolte mit einem
Zettul oder Amulet vertreiben/ darein er schrie-
be: Clauß schiert die Hunde/ Matz laußt die
Säue/ und Barthel führt die Esel zum Tantze/
wer diese drey Nahmen der drey lustigen Harle-
qvin
en bey sich trägt/ der ist sicher für der Pest.
Gleichwie nun der/ der solches thäte/ in aller
Welt würde für einem Ertz-Narren gehalten
werden; also kan wahrhafftig der auch vor nicht
klüger angesehen werden/ der diesen drey-König-
Verß vor die fallende Sucht ersonnen hat.
Wenn Gold/ Weyrauch und Myrrhen gleich
solche ingredientia wären/ davon ein compo-
situm
und specificum antepilepticum könte
bereitet werden/ so käme es dennoch tolle genung
heraus/ da man glauben wolte/ daß die blosse Be-
schreibung solcher ingredientien/ und die Nah-
men derer/ die iemanden mit solchen materiali-
en beschencket hätten/ schon kräfftig genung seyn/
diese arge Kranckheit damit zu vertreiben. Denn

wenn
D d

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
teutſchen Wort-Verſtand dieſes Lateiniſchen
Verſes anſiehet/ welcher alſo lautet: Caſpar
ſchenckt Myrrhen/ Melchior den Weyrauch/
und Baltzer das Gold/ wer dieſe drey Nahmen
der drey Koͤnige bey ſich traͤgt/ der wird von der
boͤſen hin fallenden Seuche errettet; ſo moͤchte
man die Stranguriam uͤber ſolchem Narren-
Verſtand kriegen. Und koͤmmt nicht beſſer her-
aus/ als wenn einer die Peſt wolte mit einem
Zettul oder Amulet vertreiben/ darein er ſchrie-
be: Clauß ſchiert die Hunde/ Matz laußt die
Saͤue/ und Barthel fuͤhrt die Eſel zum Tantze/
wer dieſe drey Nahmen der drey luſtigen Harle-
qvin
en bey ſich traͤgt/ der iſt ſicher fuͤr der Peſt.
Gleichwie nun der/ der ſolches thaͤte/ in aller
Welt wuͤrde fuͤr einem Ertz-Narren gehalten
werden; alſo kan wahrhafftig der auch vor nicht
kluͤger angeſehen werden/ der dieſen drey-Koͤnig-
Verß vor die fallende Sucht erſonnen hat.
Wenn Gold/ Weyrauch und Myrrhen gleich
ſolche ingredientia waͤren/ davon ein compo-
ſitum
und ſpecificum antepilepticum koͤnte
bereitet werden/ ſo kaͤme es dennoch tolle genung
heraus/ da man glauben wolte/ daß die bloſſe Be-
ſchreibung ſolcher ingredientien/ und die Nah-
men derer/ die iemanden mit ſolchen materiali-
en beſchencket haͤtten/ ſchon kraͤfftig genung ſeyn/
dieſe arge Kranckheit damit zu vertreiben. Denn

wenn
D d
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0241" n="417"/><fw place="top" type="header">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</fw><lb/>
teut&#x017F;chen Wort-Ver&#x017F;tand die&#x017F;es Lateini&#x017F;chen<lb/>
Ver&#x017F;es an&#x017F;iehet/ welcher al&#x017F;o lautet: Ca&#x017F;par<lb/>
&#x017F;chenckt Myrrhen/ Melchior den Weyrauch/<lb/>
und Baltzer das Gold/ wer die&#x017F;e drey Nahmen<lb/>
der drey Ko&#x0364;nige bey &#x017F;ich tra&#x0364;gt/ der wird von der<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;en hin fallenden Seuche errettet; &#x017F;o mo&#x0364;chte<lb/>
man die <hi rendition="#aq">Stranguriam</hi> u&#x0364;ber &#x017F;olchem Narren-<lb/>
Ver&#x017F;tand kriegen. Und ko&#x0364;mmt nicht be&#x017F;&#x017F;er her-<lb/>
aus/ als wenn einer die Pe&#x017F;t wolte mit einem<lb/>
Zettul oder Amulet vertreiben/ darein er &#x017F;chrie-<lb/>
be: Clauß &#x017F;chiert die Hunde/ Matz laußt die<lb/>
Sa&#x0364;ue/ und Barthel fu&#x0364;hrt die E&#x017F;el zum Tantze/<lb/>
wer die&#x017F;e drey Nahmen der drey lu&#x017F;tigen <hi rendition="#aq">Harle-<lb/>
qvin</hi>en bey &#x017F;ich tra&#x0364;gt/ der i&#x017F;t &#x017F;icher fu&#x0364;r der Pe&#x017F;t.<lb/>
Gleichwie nun der/ der &#x017F;olches tha&#x0364;te/ in aller<lb/>
Welt wu&#x0364;rde fu&#x0364;r einem Ertz-Narren gehalten<lb/>
werden; al&#x017F;o kan wahrhafftig der auch vor nicht<lb/>
klu&#x0364;ger ange&#x017F;ehen werden/ der die&#x017F;en drey-Ko&#x0364;nig-<lb/>
Verß vor die fallende Sucht er&#x017F;onnen hat.<lb/>
Wenn Gold/ Weyrauch und Myrrhen gleich<lb/>
&#x017F;olche <hi rendition="#aq">ingredientia</hi> wa&#x0364;ren/ davon ein <hi rendition="#aq">compo-<lb/>
&#x017F;itum</hi> und <hi rendition="#aq">&#x017F;pecificum antepilepticum</hi> ko&#x0364;nte<lb/>
bereitet werden/ &#x017F;o ka&#x0364;me es dennoch tolle genung<lb/>
heraus/ da man glauben wolte/ daß die blo&#x017F;&#x017F;e Be-<lb/>
&#x017F;chreibung &#x017F;olcher <hi rendition="#aq">ingredienti</hi>en/ und die Nah-<lb/>
men derer/ die iemanden mit &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">materiali-</hi><lb/>
en be&#x017F;chencket ha&#x0364;tten/ &#x017F;chon kra&#x0364;fftig genung &#x017F;eyn/<lb/>
die&#x017F;e arge Kranckheit damit zu vertreiben. Denn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d</fw><fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[417/0241] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. teutſchen Wort-Verſtand dieſes Lateiniſchen Verſes anſiehet/ welcher alſo lautet: Caſpar ſchenckt Myrrhen/ Melchior den Weyrauch/ und Baltzer das Gold/ wer dieſe drey Nahmen der drey Koͤnige bey ſich traͤgt/ der wird von der boͤſen hin fallenden Seuche errettet; ſo moͤchte man die Stranguriam uͤber ſolchem Narren- Verſtand kriegen. Und koͤmmt nicht beſſer her- aus/ als wenn einer die Peſt wolte mit einem Zettul oder Amulet vertreiben/ darein er ſchrie- be: Clauß ſchiert die Hunde/ Matz laußt die Saͤue/ und Barthel fuͤhrt die Eſel zum Tantze/ wer dieſe drey Nahmen der drey luſtigen Harle- qvinen bey ſich traͤgt/ der iſt ſicher fuͤr der Peſt. Gleichwie nun der/ der ſolches thaͤte/ in aller Welt wuͤrde fuͤr einem Ertz-Narren gehalten werden; alſo kan wahrhafftig der auch vor nicht kluͤger angeſehen werden/ der dieſen drey-Koͤnig- Verß vor die fallende Sucht erſonnen hat. Wenn Gold/ Weyrauch und Myrrhen gleich ſolche ingredientia waͤren/ davon ein compo- ſitum und ſpecificum antepilepticum koͤnte bereitet werden/ ſo kaͤme es dennoch tolle genung heraus/ da man glauben wolte/ daß die bloſſe Be- ſchreibung ſolcher ingredientien/ und die Nah- men derer/ die iemanden mit ſolchen materiali- en beſchencket haͤtten/ ſchon kraͤfftig genung ſeyn/ dieſe arge Kranckheit damit zu vertreiben. Denn wenn D d

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/241
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/241>, abgerufen am 24.11.2024.