Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Untersuchung derer von super-klugen setzen/ kan ich aus folgender Begebenheit abneh-men. Meine nunmehro längst in GOtt ru- hende älteste Schwester hatte/ vor dem Beschluß ihres siebenden Jahres/ so viel gesponnen/ daß sie ein Mandel Ellen Leinwad davon wircken ließ/ welche ihr meine Mutter auffhub/ als einen Haußrath; und weil dieselbe bey Zeiten/ nechst der Gottesfurcht/ zu aller hand häußlichen Ver- richtungen angewiesen wurde/ muste sie in ihrem vierzehenden Jahre meines ältesten Bruders Haußhälterin werden/ weil er noch unverheyra- thet war; als aber sein Nabmens-Tag kam/ machte sie von ihrer Leinwad ein Hembd/ und band ihn damit an. Nun kan ich zwar nicht wis- sen/ indem ich davon keine observation zu selbi- ger Zeit gemacht habe/ was vor Glück er darin- nen gehabt hat? aber das erinnere ich mich noch wohl/ daß/ als er hernach/ Amts wegen/ der Brandenburgischen Armee/ welche/ wo ich nicht irre/ vor 30. Jahren vom Frantzöfischen Kriege aus dem Reich durch den Thüringer Wald in die Winter-Qvartiere zog/ biß auff den Frauen- waldt [ist ein schönes Fürstlich Gothisches Hauß und Gasthof im Thüringer Walde gelegen] ent- gegen geben muste/ um zu hintertreiben/ daß der March die Henneber gischen und Weimarischen Dörffer nicht so starck betreffen möchte; da trug sichs zu/ daß er in diesem Gasthofe über einem all- da
Unterſuchung derer von ſuper-klugen ſetzen/ kan ich aus folgender Begebenheit abneh-men. Meine nunmehro laͤngſt in GOtt ru- hende aͤlteſte Schweſter hatte/ vor dem Beſchluß ihres ſiebenden Jahres/ ſo viel geſponnen/ daß ſie ein Mandel Ellen Leinwad davon wircken ließ/ welche ihr meine Mutter auffhub/ als einen Haußrath; und weil dieſelbe bey Zeiten/ nechſt der Gottesfurcht/ zu aller hand haͤußlichen Ver- richtungen angewieſen wurde/ muſte ſie in ihrem vierzehenden Jahre meines aͤlteſten Bruders Haußhaͤlterin werden/ weil er noch unverheyra- thet war; als aber ſein Nabmens-Tag kam/ machte ſie von ihrer Leinwad ein Hembd/ und band ihn damit an. Nun kan ich zwar nicht wiſ- ſen/ indem ich davon keine obſervation zu ſelbi- ger Zeit gemacht habe/ was vor Gluͤck er darin- nen gehabt hat? aber das erinnere ich mich noch wohl/ daß/ als er hernach/ Amts wegen/ der Brandenburgiſchen Armee/ welche/ wo ich nicht irre/ vor 30. Jahren vom Frantzoͤfiſchen Kriege aus dem Reich durch den Thuͤringer Wald in die Winter-Qvartiere zog/ biß auff den Frauen- waldt [iſt ein ſchoͤnes Fuͤrſtlich Gothiſches Hauß und Gaſthof im Thuͤringer Walde gelegen] ent- gegen geben muſte/ um zu hintertreiben/ daß der March die Henneber giſchen und Weimariſchen Doͤrffer nicht ſo ſtarck betreffen moͤchte; da trug ſichs zu/ daß er in dieſem Gaſthofe uͤber einem all- da
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="232"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unterſuchung derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ſuper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/> ſetzen/ kan ich aus folgender Begebenheit abneh-<lb/> men. Meine nunmehro laͤngſt in GOtt ru-<lb/> hende aͤlteſte Schweſter hatte/ vor dem Beſchluß<lb/> ihres ſiebenden Jahres/ ſo viel geſponnen/ daß ſie<lb/> ein Mandel Ellen Leinwad davon wircken ließ/<lb/> welche ihr meine Mutter auffhub/ als einen<lb/> Haußrath; und weil dieſelbe bey Zeiten/ nechſt<lb/> der Gottesfurcht/ zu aller hand haͤußlichen Ver-<lb/> richtungen angewieſen wurde/ muſte ſie in ihrem<lb/> vierzehenden Jahre meines aͤlteſten Bruders<lb/> Haußhaͤlterin werden/ weil er noch unverheyra-<lb/> thet war; als aber ſein Nabmens-Tag kam/<lb/> machte ſie von ihrer Leinwad ein Hembd/ und<lb/> band ihn damit an. Nun kan ich zwar nicht wiſ-<lb/> ſen/ indem ich davon keine <hi rendition="#aq">obſervation</hi> zu ſelbi-<lb/> ger Zeit gemacht habe/ was vor Gluͤck er darin-<lb/> nen gehabt hat? aber das erinnere ich mich noch<lb/> wohl/ daß/ als er hernach/ Amts wegen/ der<lb/> Brandenburgiſchen Armee/ welche/ wo ich nicht<lb/> irre/ vor 30. Jahren vom Frantzoͤfiſchen Kriege<lb/> aus dem Reich durch den Thuͤringer Wald in die<lb/> Winter-Qvartiere zog/ biß auff den Frauen-<lb/> waldt [iſt ein ſchoͤnes Fuͤrſtlich Gothiſches Hauß<lb/> und Gaſthof im Thuͤringer Walde gelegen] ent-<lb/> gegen geben muſte/ um zu hintertreiben/ daß der<lb/><hi rendition="#aq">March</hi> die Henneber giſchen und Weimariſchen<lb/> Doͤrffer nicht ſo ſtarck betreffen moͤchte; da trug<lb/> ſichs zu/ daß er in dieſem Gaſthofe uͤber einem all-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">da</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [232/0056]
Unterſuchung derer von ſuper-klugen
ſetzen/ kan ich aus folgender Begebenheit abneh-
men. Meine nunmehro laͤngſt in GOtt ru-
hende aͤlteſte Schweſter hatte/ vor dem Beſchluß
ihres ſiebenden Jahres/ ſo viel geſponnen/ daß ſie
ein Mandel Ellen Leinwad davon wircken ließ/
welche ihr meine Mutter auffhub/ als einen
Haußrath; und weil dieſelbe bey Zeiten/ nechſt
der Gottesfurcht/ zu aller hand haͤußlichen Ver-
richtungen angewieſen wurde/ muſte ſie in ihrem
vierzehenden Jahre meines aͤlteſten Bruders
Haußhaͤlterin werden/ weil er noch unverheyra-
thet war; als aber ſein Nabmens-Tag kam/
machte ſie von ihrer Leinwad ein Hembd/ und
band ihn damit an. Nun kan ich zwar nicht wiſ-
ſen/ indem ich davon keine obſervation zu ſelbi-
ger Zeit gemacht habe/ was vor Gluͤck er darin-
nen gehabt hat? aber das erinnere ich mich noch
wohl/ daß/ als er hernach/ Amts wegen/ der
Brandenburgiſchen Armee/ welche/ wo ich nicht
irre/ vor 30. Jahren vom Frantzoͤfiſchen Kriege
aus dem Reich durch den Thuͤringer Wald in die
Winter-Qvartiere zog/ biß auff den Frauen-
waldt [iſt ein ſchoͤnes Fuͤrſtlich Gothiſches Hauß
und Gaſthof im Thuͤringer Walde gelegen] ent-
gegen geben muſte/ um zu hintertreiben/ daß der
March die Henneber giſchen und Weimariſchen
Doͤrffer nicht ſo ſtarck betreffen moͤchte; da trug
ſichs zu/ daß er in dieſem Gaſthofe uͤber einem all-
da
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |