scholten wurde, und niemal seinen Feinden drohete, daß er sich an ihnen künfftig rächen wollte, da er lid- te, stellete aber vielmehr alles dem heim, der da recht richtet. Ach! gieb mir auch einen solchen stillen, sanfftmüthigen und friedfertigen Sinn, daß ich kei- nen Groll und Haß in meinem Hertzen behalten, und die Sonne über meinen Zorn nicht untergehen lassen, sondern ehe es noch Nacht wird, ehe ich noch einschlafe, meinen Widerwärtigen von Her- tzen verzeihen möge. Verleihe mir Krafft und Stär- cke, daß ich möge seyn wie ein Tauber, der nicht höret, und wie ein Stummer, der seinen Mund nicht aufthut, zur Zeit, wenn mich mein Feind schmähet. Hingegen gieb Gnade, daß ich mich freue, wenn es ihm wohl gehet, ihm alles Gute wünsche, gönne, ja ihm gerne helffe, und wohl thue, wenn es ihm übel gehen sollte. Bewahre mich, daß ich keine Feindschafft, weder in Worten, Ge- berden und Wercken spühren lasse, sondern wie ge- gen jedermann, also auch gegen meine Feinde, in dem Hertzen sey mitleidig, mit Worten freundlich und aufrichtig, mit Geberden holdselig, auch mit Wercken wohlthätig, damit durch meine Unver- söhnlichkeit mein Gebett nicht verhindert, und all mein Gottesdienst und Andacht verwerflich werde. Gieb, daß ich von Hertzen verzeihe und vergebe mei- nen Schuldigern, wie ich will, daß du mir meine Fehler und Missethaten verzeihen sollt, daß ich nicht täglich wider mich selbsten beten möge. Laß auf mich den Segen kommen, welchen du den Sanfftmüthi-
gen
Der gläubige Chriſt bittet
ſcholten wurde, und niemal ſeinen Feinden drohete, daß er ſich an ihnen künfftig rächen wollte, da er lid- te, ſtellete aber vielmehr alles dem heim, der da recht richtet. Ach! gieb mir auch einen ſolchen ſtillen, ſanfftmüthigen und friedfertigen Sinn, daß ich kei- nen Groll und Haß in meinem Hertzen behalten, und die Sonne über meinen Zorn nicht untergehen laſſen, ſondern ehe es noch Nacht wird, ehe ich noch einſchlafe, meinen Widerwärtigen von Her- tzen verzeihen möge. Verleihe mir Krafft und Stär- cke, daß ich möge ſeyn wie ein Tauber, der nicht höret, und wie ein Stummer, der ſeinen Mund nicht aufthut, zur Zeit, wenn mich mein Feind ſchmähet. Hingegen gieb Gnade, daß ich mich freue, wenn es ihm wohl gehet, ihm alles Gute wünſche, gönne, ja ihm gerne helffe, und wohl thue, wenn es ihm übel gehen ſollte. Bewahre mich, daß ich keine Feindſchafft, weder in Worten, Ge- berden und Wercken ſpühren laſſe, ſondern wie ge- gen jedermann, alſo auch gegen meine Feinde, in dem Hertzen ſey mitleidig, mit Worten freundlich und aufrichtig, mit Geberden holdſelig, auch mit Wercken wohlthätig, damit durch meine Unver- ſöhnlichkeit mein Gebett nicht verhindert, und all mein Gottesdienſt und Andacht verwerflich werde. Gieb, daß ich von Hertzen verzeihe und vergebe mei- nen Schuldigern, wie ich will, daß du mir meine Fehler und Miſſethaten verzeihen ſollt, daß ich nicht täglich wider mich ſelbſten beten möge. Laß auf mich den Segen kommen, welchen du den Sanfftmüthi-
gen
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Der gläubige Chriſt bittet
ſcholten wurde, und niemal ſeinen Feinden drohete,
daß er ſich an ihnen künfftig rächen wollte, da er lid-
te, ſtellete aber vielmehr alles dem heim, der da recht
richtet. Ach! gieb mir auch einen ſolchen ſtillen,
ſanfftmüthigen und friedfertigen Sinn, daß ich kei-
nen Groll und Haß in meinem Hertzen behalten,
und die Sonne über meinen Zorn nicht untergehen
laſſen, ſondern ehe es noch Nacht wird, ehe ich
noch einſchlafe, meinen Widerwärtigen von Her-
tzen verzeihen möge. Verleihe mir Krafft und Stär-
cke, daß ich möge ſeyn wie ein Tauber, der nicht
höret, und wie ein Stummer, der ſeinen Mund
nicht aufthut, zur Zeit, wenn mich mein Feind
ſchmähet. Hingegen gieb Gnade, daß ich mich
freue, wenn es ihm wohl gehet, ihm alles Gute
wünſche, gönne, ja ihm gerne helffe, und wohl
thue, wenn es ihm übel gehen ſollte. Bewahre mich,
daß ich keine Feindſchafft, weder in Worten, Ge-
berden und Wercken ſpühren laſſe, ſondern wie ge-
gen jedermann, alſo auch gegen meine Feinde, in
dem Hertzen ſey mitleidig, mit Worten freundlich
und aufrichtig, mit Geberden holdſelig, auch mit
Wercken wohlthätig, damit durch meine Unver-
ſöhnlichkeit mein Gebett nicht verhindert, und all
mein Gottesdienſt und Andacht verwerflich werde.
Gieb, daß ich von Hertzen verzeihe und vergebe mei-
nen Schuldigern, wie ich will, daß du mir meine
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/182>, abgerufen am 16.02.2025.
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