Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Der gläubige Christ erwäget
Barmhertzigkeit erlangen können. Zu dieser Herr-
lichkeit wird noch eine grössere kommen, nach dieser
Zeit; denn wenn die Seele ist vom Leibe geschieden,
so soll sie sogleich gelangen zum Anschauen deines
Angesichts, sie soll deinen Heiligen zugesellet und
mit himmlischer Freude erfüllet werden. Zu solcher
Herrlichkeit wird auch der Leib nach der Auferste-
hung gelangen, da soll er verkläret werden und
leuchten wie die Sonne. Ach mein GOtt! verlei-
he mir Gnade, daß ich diese Herrlichkeit möge alle-
zeit vor Augen haben, wie ich im Sterben recht wer-
de anfangen zu leben, wie mein Elend im Tode,
nicht aber mein Leben in dir, ein Ende nehmen werde,
und daß ich alsdenn aus der Unruhe zur Ruhe, aus
der Trübsal zur Freude, aus der Angst zur Wonne,
aus der Traurigkeit und dem Jammerthal zum
Trost gelangen soll. Ach! erhalte mich im Glau-
ben und Frömmigkeit, daß ich, wenn die Welt mich
verführen will, gedencke, wer ich sey, nemlich dein
Kind, und was ich noch von dir zu erwarten habe,
nemlich die ewige Herrlichkeit und Seligkeit, damit
ich nimmermehr die Welt möge lieb haben, und dar-
über des Himmels Herrlichkeit versäumen. Hilff,
daß ich wie die Läuffer, so in den Schrancken lieffen,
aufmercksam waren auf alle Tritte, damit sie das
Kleinod erlangeten, auch möge fürsichtig wandeln,
nicht als die Unweisen, sondern als die Weisen, da-
mit ich am Ende meines Lebens mit Wahrheit sagen
könne: Ich habe einen guten Kampf gekämpfet,
ich habe meinen Lauf vollendet, habe Glauben ge-

halten,

Der gläubige Chriſt erwäget
Barmhertzigkeit erlangen können. Zu dieſer Herr-
lichkeit wird noch eine gröſſere kommen, nach dieſer
Zeit; denn wenn die Seele iſt vom Leibe geſchieden,
ſo ſoll ſie ſogleich gelangen zum Anſchauen deines
Angeſichts, ſie ſoll deinen Heiligen zugeſellet und
mit himmliſcher Freude erfüllet werden. Zu ſolcher
Herrlichkeit wird auch der Leib nach der Auferſte-
hung gelangen, da ſoll er verkläret werden und
leuchten wie die Sonne. Ach mein GOtt! verlei-
he mir Gnade, daß ich dieſe Herrlichkeit möge alle-
zeit vor Augen haben, wie ich im Sterben recht wer-
de anfangen zu leben, wie mein Elend im Tode,
nicht aber mein Leben in dir, ein Ende nehmen werde,
und daß ich alsdenn aus der Unruhe zur Ruhe, aus
der Trübſal zur Freude, aus der Angſt zur Wonne,
aus der Traurigkeit und dem Jammerthal zum
Troſt gelangen ſoll. Ach! erhalte mich im Glau-
ben und Frömmigkeit, daß ich, wenn die Welt mich
verführen will, gedencke, wer ich ſey, nemlich dein
Kind, und was ich noch von dir zu erwarten habe,
nemlich die ewige Herrlichkeit und Seligkeit, damit
ich nimmermehr die Welt möge lieb haben, und dar-
über des Himmels Herrlichkeit verſäumen. Hilff,
daß ich wie die Läuffer, ſo in den Schrancken lieffen,
aufmerckſam waren auf alle Tritte, damit ſie das
Kleinod erlangeten, auch möge fürſichtig wandeln,
nicht als die Unweiſen, ſondern als die Weiſen, da-
mit ich am Ende meines Lebens mit Wahrheit ſagen
könne: Ich habe einen guten Kampf gekämpfet,
ich habe meinen Lauf vollendet, habe Glauben ge-

halten,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0212" n="190"/><fw place="top" type="header">Der gläubige Chri&#x017F;t erwäget</fw><lb/>
Barmhertzigkeit erlangen können. Zu die&#x017F;er Herr-<lb/>
lichkeit wird noch eine grö&#x017F;&#x017F;ere kommen, nach die&#x017F;er<lb/>
Zeit; denn wenn die Seele i&#x017F;t vom Leibe ge&#x017F;chieden,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;oll &#x017F;ie &#x017F;ogleich gelangen zum An&#x017F;chauen deines<lb/>
Ange&#x017F;ichts, &#x017F;ie &#x017F;oll deinen Heiligen zuge&#x017F;ellet und<lb/>
mit himmli&#x017F;cher Freude erfüllet werden. Zu &#x017F;olcher<lb/>
Herrlichkeit wird auch der Leib nach der Aufer&#x017F;te-<lb/>
hung gelangen, da &#x017F;oll er verkläret werden und<lb/>
leuchten wie die Sonne. Ach mein GOtt! verlei-<lb/>
he mir Gnade, daß ich die&#x017F;e Herrlichkeit möge alle-<lb/>
zeit vor Augen haben, wie ich im Sterben recht wer-<lb/>
de anfangen zu leben, wie mein Elend im Tode,<lb/>
nicht aber mein Leben in dir, ein Ende nehmen werde,<lb/>
und daß ich alsdenn aus der Unruhe zur Ruhe, aus<lb/>
der Trüb&#x017F;al zur Freude, aus der Ang&#x017F;t zur Wonne,<lb/>
aus der Traurigkeit und dem Jammerthal zum<lb/>
Tro&#x017F;t gelangen &#x017F;oll. Ach! erhalte mich im Glau-<lb/>
ben und Frömmigkeit, daß ich, wenn die Welt mich<lb/>
verführen will, gedencke, wer ich &#x017F;ey, nemlich dein<lb/>
Kind, und was ich noch von dir zu erwarten habe,<lb/>
nemlich die ewige Herrlichkeit und Seligkeit, damit<lb/>
ich nimmermehr die Welt möge lieb haben, und dar-<lb/>
über des Himmels Herrlichkeit ver&#x017F;äumen. Hilff,<lb/>
daß ich wie die Läuffer, &#x017F;o in den Schrancken lieffen,<lb/>
aufmerck&#x017F;am waren auf alle Tritte, damit &#x017F;ie das<lb/>
Kleinod erlangeten, auch möge für&#x017F;ichtig wandeln,<lb/>
nicht als die Unwei&#x017F;en, &#x017F;ondern als die Wei&#x017F;en, da-<lb/>
mit ich am Ende meines Lebens mit Wahrheit &#x017F;agen<lb/>
könne: Ich habe einen guten Kampf gekämpfet,<lb/>
ich habe meinen Lauf vollendet, habe Glauben ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">halten,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0212] Der gläubige Chriſt erwäget Barmhertzigkeit erlangen können. Zu dieſer Herr- lichkeit wird noch eine gröſſere kommen, nach dieſer Zeit; denn wenn die Seele iſt vom Leibe geſchieden, ſo ſoll ſie ſogleich gelangen zum Anſchauen deines Angeſichts, ſie ſoll deinen Heiligen zugeſellet und mit himmliſcher Freude erfüllet werden. Zu ſolcher Herrlichkeit wird auch der Leib nach der Auferſte- hung gelangen, da ſoll er verkläret werden und leuchten wie die Sonne. Ach mein GOtt! verlei- he mir Gnade, daß ich dieſe Herrlichkeit möge alle- zeit vor Augen haben, wie ich im Sterben recht wer- de anfangen zu leben, wie mein Elend im Tode, nicht aber mein Leben in dir, ein Ende nehmen werde, und daß ich alsdenn aus der Unruhe zur Ruhe, aus der Trübſal zur Freude, aus der Angſt zur Wonne, aus der Traurigkeit und dem Jammerthal zum Troſt gelangen ſoll. Ach! erhalte mich im Glau- ben und Frömmigkeit, daß ich, wenn die Welt mich verführen will, gedencke, wer ich ſey, nemlich dein Kind, und was ich noch von dir zu erwarten habe, nemlich die ewige Herrlichkeit und Seligkeit, damit ich nimmermehr die Welt möge lieb haben, und dar- über des Himmels Herrlichkeit verſäumen. Hilff, daß ich wie die Läuffer, ſo in den Schrancken lieffen, aufmerckſam waren auf alle Tritte, damit ſie das Kleinod erlangeten, auch möge fürſichtig wandeln, nicht als die Unweiſen, ſondern als die Weiſen, da- mit ich am Ende meines Lebens mit Wahrheit ſagen könne: Ich habe einen guten Kampf gekämpfet, ich habe meinen Lauf vollendet, habe Glauben ge- halten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/212
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/212>, abgerufen am 21.11.2024.