Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.Zutritt zum Gnaden-Thron. Nichts ware, und zu der Zeit, da ich in meinemBlut lage. Was bin ich doch? und was ist mei- nes Vatters Haus? Ich hatte keine Gestalt, ich war arm, blind und bloß. Soll ich dann die Ehre haben, verlobt zu werden mit dir, o König Him- mels und der Erden, Glantz der Herrlichkeit, Sohn des lebendigen GOttes? Doch weil es dir beliebt, dich mit mir, und mich mit dir zu vermählen, so ge- schehe dein Wille. Siehe, hie ist mein Hertz, das beste, was ich in meiner Armuth habe; mache es gantz zu deinem Tempel. Gieb, was du gebietest, und gebiete, was du willt, so soll mein Wille und dein Wille eins seyn. HERR! du kennest mein Hertz, du bist ein Bräutigam, der Hertzen und Nieren prüffet; du weist ja, daß ich dich lieb habe: Was frag ich nun nach Himmel und Erden! da du, o GOtt Himmels und der Erden! mein Freund bist. Die Welt mag sich verlieben in ihre vergängliche Ei- telkeiten, die betrüglicher als ein Traum seyn. Meine Lust und Freude soll seyn zu dir, dessen Liebe stärcker ist wie der Tod, und innbrünstiger als eine Flamme des HErrn! Hinweg, o schnöde Welt, dei- ne Blicke sind lauter Stricke; dein Liebkosen ist ein Gesang der Syrenen, und dein Glantz gleichet den Aepfeln Sodoma, auswendig schön, inwendig Staub und Asche. JEsus soll mein Hertz haben; er soll es allein haben, er soll es beständig haben, mich soll die Welt nicht scheiden, mich soll der Tod nicht trennen. Ach du theurester Seelen-Schatz! blas an das glimmende Füncklein der Liebe, daß es bren-
Zutritt zum Gnaden-Thron. Nichts ware, und zu der Zeit, da ich in meinemBlut lage. Was bin ich doch? und was iſt mei- nes Vatters Haus? Ich hatte keine Geſtalt, ich war arm, blind und bloß. Soll ich dann die Ehre haben, verlobt zu werden mit dir, o König Him- mels und der Erden, Glantz der Herrlichkeit, Sohn des lebendigen GOttes? Doch weil es dir beliebt, dich mit mir, und mich mit dir zu vermählen, ſo ge- ſchehe dein Wille. Siehe, hie iſt mein Hertz, das beſte, was ich in meiner Armuth habe; mache es gantz zu deinem Tempel. Gieb, was du gebieteſt, und gebiete, was du willt, ſo ſoll mein Wille und dein Wille eins ſeyn. HERR! du kenneſt mein Hertz, du biſt ein Bräutigam, der Hertzen und Nieren prüffet; du weiſt ja, daß ich dich lieb habe: Was frag ich nun nach Himmel und Erden! da du, o GOtt Himmels und der Erden! mein Freund biſt. Die Welt mag ſich verlieben in ihre vergängliche Ei- telkeiten, die betrüglicher als ein Traum ſeyn. Meine Luſt und Freude ſoll ſeyn zu dir, deſſen Liebe ſtärcker iſt wie der Tod, und innbrünſtiger als eine Flamme des HErrn! Hinweg, o ſchnöde Welt, dei- ne Blicke ſind lauter Stricke; dein Liebkoſen iſt ein Geſang der Syrenen, und dein Glantz gleichet den Aepfeln Sodoma, auswendig ſchön, inwendig Staub und Aſche. JEſus ſoll mein Hertz haben; er ſoll es allein haben, er ſoll es beſtändig haben, mich ſoll die Welt nicht ſcheiden, mich ſoll der Tod nicht trennen. Ach du theureſter Seelen-Schatz! blas an das glimmende Füncklein der Liebe, daß es bren-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0374" n="352"/><fw place="top" type="header">Zutritt zum Gnaden-Thron.</fw><lb/> Nichts ware, und zu der Zeit, da ich in meinem<lb/> Blut lage. Was bin ich doch? und was iſt mei-<lb/> nes Vatters Haus? Ich hatte keine Geſtalt, ich<lb/> war arm, blind und bloß. Soll ich dann die Ehre<lb/> haben, verlobt zu werden mit dir, o König Him-<lb/> mels und der Erden, Glantz der Herrlichkeit, Sohn<lb/> des lebendigen GOttes? Doch weil es dir beliebt,<lb/> dich mit mir, und mich mit dir zu vermählen, ſo ge-<lb/> ſchehe dein Wille. Siehe, hie iſt mein Hertz, das<lb/> beſte, was ich in meiner Armuth habe; mache es<lb/> gantz zu deinem Tempel. Gieb, was du gebieteſt,<lb/> und gebiete, was du willt, ſo ſoll mein Wille und<lb/> dein Wille eins ſeyn. HERR! du kenneſt mein<lb/> Hertz, du biſt ein Bräutigam, der Hertzen und<lb/> Nieren prüffet; du weiſt ja, daß ich dich lieb habe:<lb/> Was frag ich nun nach Himmel und Erden! da du,<lb/> o GOtt Himmels und der Erden! mein Freund biſt.<lb/> Die Welt mag ſich verlieben in ihre vergängliche Ei-<lb/> telkeiten, die betrüglicher als ein Traum ſeyn.<lb/> Meine Luſt und Freude ſoll ſeyn zu dir, deſſen Liebe<lb/> ſtärcker iſt wie der Tod, und innbrünſtiger als eine<lb/> Flamme des HErrn! Hinweg, o ſchnöde Welt, dei-<lb/> ne Blicke ſind lauter Stricke; dein Liebkoſen iſt ein<lb/> Geſang der Syrenen, und dein Glantz gleichet den<lb/> Aepfeln Sodoma, auswendig ſchön, inwendig<lb/> Staub und Aſche. JEſus ſoll mein Hertz haben;<lb/> er ſoll es allein haben, er ſoll es beſtändig haben,<lb/> mich ſoll die Welt nicht ſcheiden, mich ſoll der Tod<lb/> nicht trennen. Ach du theureſter Seelen-Schatz!<lb/> blas an das glimmende Füncklein der Liebe, daß es<lb/> <fw place="bottom" type="catch">bren-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [352/0374]
Zutritt zum Gnaden-Thron.
Nichts ware, und zu der Zeit, da ich in meinem
Blut lage. Was bin ich doch? und was iſt mei-
nes Vatters Haus? Ich hatte keine Geſtalt, ich
war arm, blind und bloß. Soll ich dann die Ehre
haben, verlobt zu werden mit dir, o König Him-
mels und der Erden, Glantz der Herrlichkeit, Sohn
des lebendigen GOttes? Doch weil es dir beliebt,
dich mit mir, und mich mit dir zu vermählen, ſo ge-
ſchehe dein Wille. Siehe, hie iſt mein Hertz, das
beſte, was ich in meiner Armuth habe; mache es
gantz zu deinem Tempel. Gieb, was du gebieteſt,
und gebiete, was du willt, ſo ſoll mein Wille und
dein Wille eins ſeyn. HERR! du kenneſt mein
Hertz, du biſt ein Bräutigam, der Hertzen und
Nieren prüffet; du weiſt ja, daß ich dich lieb habe:
Was frag ich nun nach Himmel und Erden! da du,
o GOtt Himmels und der Erden! mein Freund biſt.
Die Welt mag ſich verlieben in ihre vergängliche Ei-
telkeiten, die betrüglicher als ein Traum ſeyn.
Meine Luſt und Freude ſoll ſeyn zu dir, deſſen Liebe
ſtärcker iſt wie der Tod, und innbrünſtiger als eine
Flamme des HErrn! Hinweg, o ſchnöde Welt, dei-
ne Blicke ſind lauter Stricke; dein Liebkoſen iſt ein
Geſang der Syrenen, und dein Glantz gleichet den
Aepfeln Sodoma, auswendig ſchön, inwendig
Staub und Aſche. JEſus ſoll mein Hertz haben;
er ſoll es allein haben, er ſoll es beſtändig haben,
mich ſoll die Welt nicht ſcheiden, mich ſoll der Tod
nicht trennen. Ach du theureſter Seelen-Schatz!
blas an das glimmende Füncklein der Liebe, daß es
bren-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |