Gebett wegen Verfall des Christenthums und einreissender Laster: Wann man Böses siehet oder höret.
Psalm 12, 1. Hilff, HErr, die Heiligen haben abgenommen, und der Gläubigen ist wenig unter den Menschen - Kindern.
OZions GOtt! du bester Trost deren, die mit be- kümmerten und betrübten Seelen zu dir ihre Zuflucht nehmen: Ich würde kein lebendiges Glied deiner wahren Kirchen seyn, wann ich nicht schmertz- lich empfinden sollte, die jämmerliche Brüche Zions, und den Verfall deren, HErr JEsu! die sich nach deinem Namen nennen. Die Ehre deines Namens, die Gemeinschafft der Gläubigen, und das Mitlei- den gegen die, so mit sich selbst kein Mitleiden ha- ben, erforderts, nicht nur den betrübten Zustand zu beklagen, sondern auch bey dir um Hülffe und Bes- serung zu bitten. Hilff, HErr! deine Heilige haben abgenommen! wie wenig finden sich, die dich, o GOtt! in Aufrichtigkeit der Seelen meynen, die dich wahrhafftig fürchten, und das wahre Wesen des Christenthums in reiner Liebe und ungefärbtem Glauben und heiligem Wandel beweisen: Das blos- se Ceremonien - Werck des äusserlichen Christen- thums, das Mund - und Lippen-Werck soll deinen Dienst ausmachen? Zwar die Hertzen zu prüffen, stehet dir allein zu, o Hertzen - Kündiger! Aber wenn man aus den Früchten von den Bäumen urtheilen darf, so verrathen sich gar viele durch ihre Wercke, wie ihr Inwendiges beschaffen ist. Auch wie siehet man so viel arme Seelen in ihren herrschenden Sün-
den
Gebett wegen Verfall des Chriſtenthums und einreiſſender Laſter: Wann man Böſes ſiehet oder höret.
Pſalm 12, 1. Hilff, HErr, die Heiligen haben abgenommen, und der Gläubigen iſt wenig unter den Menſchen - Kindern.
OZions GOtt! du beſter Troſt deren, die mit be- kümmerten und betrübten Seelen zu dir ihre Zuflucht nehmen: Ich würde kein lebendiges Glied deiner wahren Kirchen ſeyn, wann ich nicht ſchmertz- lich empfinden ſollte, die jämmerliche Brüche Zions, und den Verfall deren, HErr JEſu! die ſich nach deinem Namen nennen. Die Ehre deines Namens, die Gemeinſchafft der Gläubigen, und das Mitlei- den gegen die, ſo mit ſich ſelbſt kein Mitleiden ha- ben, erforderts, nicht nur den betrübten Zuſtand zu beklagen, ſondern auch bey dir um Hülffe und Beſ- ſerung zu bitten. Hilff, HErr! deine Heilige haben abgenommen! wie wenig finden ſich, die dich, o GOtt! in Aufrichtigkeit der Seelen meynen, die dich wahrhafftig fürchten, und das wahre Weſen des Chriſtenthums in reiner Liebe und ungefärbtem Glauben und heiligem Wandel beweiſen: Das bloſ- ſe Ceremonien - Werck des äuſſerlichen Chriſten- thums, das Mund - und Lippen-Werck ſoll deinen Dienſt ausmachen? Zwar die Hertzen zu prüffen, ſtehet dir allein zu, o Hertzen - Kündiger! Aber wenn man aus den Früchten von den Bäumen urtheilen darf, ſo verrathen ſich gar viele durch ihre Wercke, wie ihr Inwendiges beſchaffen iſt. Auch wie ſiehet man ſo viel arme Seelen in ihren herrſchenden Sün-
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Gebett wegen Verfall des Chriſtenthums
und einreiſſender Laſter: Wann man Böſes
ſiehet oder höret.
Pſalm 12, 1. Hilff, HErr, die Heiligen haben abgenommen, und der Gläubigen
iſt wenig unter den Menſchen - Kindern.
OZions GOtt! du beſter Troſt deren, die mit be-
kümmerten und betrübten Seelen zu dir ihre
Zuflucht nehmen: Ich würde kein lebendiges Glied
deiner wahren Kirchen ſeyn, wann ich nicht ſchmertz-
lich empfinden ſollte, die jämmerliche Brüche Zions,
und den Verfall deren, HErr JEſu! die ſich nach
deinem Namen nennen. Die Ehre deines Namens,
die Gemeinſchafft der Gläubigen, und das Mitlei-
den gegen die, ſo mit ſich ſelbſt kein Mitleiden ha-
ben, erforderts, nicht nur den betrübten Zuſtand zu
beklagen, ſondern auch bey dir um Hülffe und Beſ-
ſerung zu bitten. Hilff, HErr! deine Heilige haben
abgenommen! wie wenig finden ſich, die dich, o
GOtt! in Aufrichtigkeit der Seelen meynen, die dich
wahrhafftig fürchten, und das wahre Weſen des
Chriſtenthums in reiner Liebe und ungefärbtem
Glauben und heiligem Wandel beweiſen: Das bloſ-
ſe Ceremonien - Werck des äuſſerlichen Chriſten-
thums, das Mund - und Lippen-Werck ſoll deinen
Dienſt ausmachen? Zwar die Hertzen zu prüffen,
ſtehet dir allein zu, o Hertzen - Kündiger! Aber wenn
man aus den Früchten von den Bäumen urtheilen
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/481>, abgerufen am 22.11.2024.
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