den nach der Höllen und Verdammniß zugehen! Dem Bauch wird mehr gedienet, in Augen - Lust, Fleisches-Lust und hoffärtigem Wesen, als dir dem lebendigen GOtt: Die vergängliche Schätze und Güther werden mit grösserm Bemühen gesucht, als das ewige Wohlseyn der unsterblichen Seele: Die- jenige die dem Bösen sollten steuren, und die him- melschreyende Laster abschaffen, machen entweder selbst durch böse Exempel Israel sündigen, oder las- sen sich durch Menschen-Furcht, Gaben oder An- sehen der Person blenden, den Lastern Thüre und Thore zu öffnen, die sie doch mit empfindlichem Gewissen abschaffen sollten: Da ist keine Treu, kei- ne Redlichkeit, keine Wahrheit und Aufrichtigkeit, keine Einträchtigkeit und Liebe, sondern Falschheit, Bosheit, Lügen, Trügen und Verläumden hat über- hand genommen, so daß Seelen, die dich, o GOtt! wahrhafftig fürchten, und in der Stille solchen jäm- merlichen und unheilbaren Brüchen Zions zusehen, wohl möchten blutige Thränen weinen, und dem Le- bens-müden Elia nachsprechen: Es ist genug, HErr! nimm meine Seele zu dir. Deine schwere Gerich- te, o GOtt! siehet man einbrechen: Aber wer bes- sert sein Leben; wer gehet mit Ernst in sich, und denckt, wie leb ich doch, und was wirds vor ein Ende nehmen? O langmüthiger GOtt! wie lang siehest du zu, solchen Menschen, die mit aufgehabner Hand so durstiglich sündigen, als ob kein GOtt in dem Him- mel wäre, vor dem sie sich fürchten müßten: Ach GOtt! erbarme dich doch über solche arme Seelen, die
sich
Gebett wegen Verfall
den nach der Höllen und Verdammniß zugehen! Dem Bauch wird mehr gedienet, in Augen - Luſt, Fleiſches-Luſt und hoffärtigem Weſen, als dir dem lebendigen GOtt: Die vergängliche Schätze und Güther werden mit gröſſerm Bemühen geſucht, als das ewige Wohlſeyn der unſterblichen Seele: Die- jenige die dem Böſen ſollten ſteuren, und die him- melſchreyende Laſter abſchaffen, machen entweder ſelbſt durch böſe Exempel Iſrael ſündigen, oder laſ- ſen ſich durch Menſchen-Furcht, Gaben oder An- ſehen der Perſon blenden, den Laſtern Thüre und Thore zu öffnen, die ſie doch mit empfindlichem Gewiſſen abſchaffen ſollten: Da iſt keine Treu, kei- ne Redlichkeit, keine Wahrheit und Aufrichtigkeit, keine Einträchtigkeit und Liebe, ſondern Falſchheit, Bosheit, Lügen, Trügen und Verläumden hat über- hand genommen, ſo daß Seelen, die dich, o GOtt! wahrhafftig fürchten, und in der Stille ſolchen jäm- merlichen und unheilbaren Brüchen Zions zuſehen, wohl möchten blutige Thränen weinen, und dem Le- bens-müden Elia nachſprechen: Es iſt genug, HErr! nimm meine Seele zu dir. Deine ſchwere Gerich- te, o GOtt! ſiehet man einbrechen: Aber wer beſ- ſert ſein Leben; wer gehet mit Ernſt in ſich, und denckt, wie leb ich doch, und was wirds vor ein Ende nehmen? O langmüthiger GOtt! wie lang ſieheſt du zu, ſolchen Menſchen, die mit aufgehabner Hand ſo durſtiglich ſündigen, als ob kein GOtt in dem Him- mel wäre, vor dem ſie ſich fürchten müßten: Ach GOtt! erbarme dich doch über ſolche arme Seelen, die
ſich
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Gebett wegen Verfall
den nach der Höllen und Verdammniß zugehen!
Dem Bauch wird mehr gedienet, in Augen - Luſt,
Fleiſches-Luſt und hoffärtigem Weſen, als dir dem
lebendigen GOtt: Die vergängliche Schätze und
Güther werden mit gröſſerm Bemühen geſucht, als
das ewige Wohlſeyn der unſterblichen Seele: Die-
jenige die dem Böſen ſollten ſteuren, und die him-
melſchreyende Laſter abſchaffen, machen entweder
ſelbſt durch böſe Exempel Iſrael ſündigen, oder laſ-
ſen ſich durch Menſchen-Furcht, Gaben oder An-
ſehen der Perſon blenden, den Laſtern Thüre und
Thore zu öffnen, die ſie doch mit empfindlichem
Gewiſſen abſchaffen ſollten: Da iſt keine Treu, kei-
ne Redlichkeit, keine Wahrheit und Aufrichtigkeit,
keine Einträchtigkeit und Liebe, ſondern Falſchheit,
Bosheit, Lügen, Trügen und Verläumden hat über-
hand genommen, ſo daß Seelen, die dich, o GOtt!
wahrhafftig fürchten, und in der Stille ſolchen jäm-
merlichen und unheilbaren Brüchen Zions zuſehen,
wohl möchten blutige Thränen weinen, und dem Le-
bens-müden Elia nachſprechen: Es iſt genug, HErr!
nimm meine Seele zu dir. Deine ſchwere Gerich-
te, o GOtt! ſiehet man einbrechen: Aber wer beſ-
ſert ſein Leben; wer gehet mit Ernſt in ſich, und
denckt, wie leb ich doch, und was wirds vor ein Ende
nehmen? O langmüthiger GOtt! wie lang ſieheſt
du zu, ſolchen Menſchen, die mit aufgehabner Hand
ſo durſtiglich ſündigen, als ob kein GOtt in dem Him-
mel wäre, vor dem ſie ſich fürchten müßten: Ach
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/482>, abgerufen am 28.06.2024.
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