an meine Sünden dencken, die mir diesen Verlust zugezogen: Das beseuffze ich, daß das Geschrey mei- ner Sünden grösser gewesen, als das Geschrey mei- nes Gebets.
Regiere mein Hertz, o mein GOtt! daß ich mich nun desto näher zu dir halte, je weniger Rath, Hülff und Beystand ich in der Welt habe: Sey du mein bester Freund, mein mächtiger Beschützer, mein gnä- diger Erhalter, mein Versorger, mein Berather, mein höchstes Guth und mein Alles: Du hast ein Wort geredet, deß tröst ich mich: Der dich gemacht hat, der ist dein Mann, der Heilige in Israel, der aller Welt GOtt genennet wird: Du hast dich mit mir verlobet in Ewigkeit, du hast mich mit dir ver- trauet in Gerechtigkeit: So will ich mich dann dir gantz zu eigen übergeben, und meine Seele soll an deiner Seele hangen; du wirst mein Rathgeber seyn, wann ich keinen Menschen habe, der mir Rath giebt: Du wirst mich trösten, wann ich trau- rig bin: Du wirst mir helffen, wann ich in Nöthen bin. Ich will mich er quicken in deinem Wort, und deine Gebotte sollen meine Rathsleute seyn: Es ist mir überaus tröstlich, daß du deinen Wittwen, die in dei- ner gar genauen Obhut und Gewahrsam stehen, so einen schönen Brief gegeben, und gesagt hast: Du sollt die Wittwen nicht beleidigen, dann sie wer- den zu mir schreyen, und ich werde sie erhören: Ach GOtt! daß doch diß die Feinde der Wittwen beden- cken möchten, die sie drücken und verfolgen; dann die Thränen der Wittwen sind gar heisse Thränen,
die
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Gebett einer Wittwe.
an meine Sünden dencken, die mir dieſen Verluſt zugezogen: Das beſeuffze ich, daß das Geſchrey mei- ner Sünden gröſſer geweſen, als das Geſchrey mei- nes Gebets.
Regiere mein Hertz, o mein GOtt! daß ich mich nun deſto näher zu dir halte, je weniger Rath, Hülff und Beyſtand ich in der Welt habe: Sey du mein beſter Freund, mein mächtiger Beſchützer, mein gnä- diger Erhalter, mein Verſorger, mein Berather, mein höchſtes Guth und mein Alles: Du haſt ein Wort geredet, deß tröſt ich mich: Der dich gemacht hat, der iſt dein Mann, der Heilige in Iſrael, der aller Welt GOtt genennet wird: Du haſt dich mit mir verlobet in Ewigkeit, du haſt mich mit dir ver- trauet in Gerechtigkeit: So will ich mich dann dir gantz zu eigen übergeben, und meine Seele ſoll an deiner Seele hangen; du wirſt mein Rathgeber ſeyn, wann ich keinen Menſchen habe, der mir Rath giebt: Du wirſt mich tröſten, wann ich trau- rig bin: Du wirſt mir helffen, wann ich in Nöthen bin. Ich will mich er quicken in deinem Wort, und deine Gebotte ſollen meine Rathsleute ſeyn: Es iſt mir überaus tröſtlich, daß du deinen Wittwen, die in dei- ner gar genauen Obhut und Gewahrſam ſtehen, ſo einen ſchönen Brief gegeben, und geſagt haſt: Du ſollt die Wittwen nicht beleidigen, dann ſie wer- den zu mir ſchreyen, und ich werde ſie erhören: Ach GOtt! daß doch diß die Feinde der Wittwen beden- cken möchten, die ſie drücken und verfolgen; dann die Thränen der Wittwen ſind gar heiſſe Thränen,
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Gebett einer Wittwe.
an meine Sünden dencken, die mir dieſen Verluſt
zugezogen: Das beſeuffze ich, daß das Geſchrey mei-
ner Sünden gröſſer geweſen, als das Geſchrey mei-
nes Gebets.
Regiere mein Hertz, o mein GOtt! daß ich mich
nun deſto näher zu dir halte, je weniger Rath, Hülff
und Beyſtand ich in der Welt habe: Sey du mein
beſter Freund, mein mächtiger Beſchützer, mein gnä-
diger Erhalter, mein Verſorger, mein Berather,
mein höchſtes Guth und mein Alles: Du haſt ein
Wort geredet, deß tröſt ich mich: Der dich gemacht
hat, der iſt dein Mann, der Heilige in Iſrael, der
aller Welt GOtt genennet wird: Du haſt dich mit
mir verlobet in Ewigkeit, du haſt mich mit dir ver-
trauet in Gerechtigkeit: So will ich mich dann dir
gantz zu eigen übergeben, und meine Seele ſoll an
deiner Seele hangen; du wirſt mein Rathgeber
ſeyn, wann ich keinen Menſchen habe, der mir
Rath giebt: Du wirſt mich tröſten, wann ich trau-
rig bin: Du wirſt mir helffen, wann ich in Nöthen bin.
Ich will mich er quicken in deinem Wort, und deine
Gebotte ſollen meine Rathsleute ſeyn: Es iſt mir
überaus tröſtlich, daß du deinen Wittwen, die in dei-
ner gar genauen Obhut und Gewahrſam ſtehen, ſo
einen ſchönen Brief gegeben, und geſagt haſt:
Du ſollt die Wittwen nicht beleidigen, dann ſie wer-
den zu mir ſchreyen, und ich werde ſie erhören: Ach
GOtt! daß doch diß die Feinde der Wittwen beden-
cken möchten, die ſie drücken und verfolgen; dann
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/569>, abgerufen am 25.11.2024.
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