Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Morgen-Gebett am Sonntage.
mich mit Lebens-Brode speisen, mich dürstet, trän-
cke mich vom Brünnlein Israel; gieb deinen Die-
nern Krafft, daß sie mich unterweisen, aus ihrem
Munde geuß die reine Lebens-Quell. Dein Wein-
berg ist für mich, ach! laß mich Trauben bringen,
und keine Heerlinge an meinem Stocke stehn; erwe-
cke Safft und Krafft, die bis zur Wurtzel dringen,
daß deine Wercke bald bey mir ins Leben gehn. Laß
mich mein Antlitz nicht im Spiegel so beschauen, wie
einer der vergißt, wie er gestaltet war; ein jedes
Wort, das du mir lässest anvertrauen, stell als ein
Denckmahl mir im gantzen Leben dar. So bald
mich dein Gesätz mit seinem Hammer troffen, so
bald sey auch mein Hertz zermalmet und zerknirscht;
dein Evangelium steh mir auch wieder offen, wenn
der geängste Geist nach deinem Worte dürst. Laß
einen Tempel mich in deinen Tempel bringen; mein
Hertz dein Predig-Stuhl, die Lippen dein Altar;
der Weyrauch mein Gebett, das Opffer, Flehn und
Singen; du aber stell dich selbst zu meinem Priester
dar. So geh ich in dein Haus, auf deine grosse Güte,
u. setze mich getrost zu deinen Füssen hin; verbirge mich
allhier in dein Gezelt und Hütte, daß ich gantz unge-
stört in deinem Dienste bin, Ach HErr! wie lieb-
lich sind die Wohnungen zu nennen? Wie freuet sich
mein Geist auf Zions Heiligthum? Dort seh ich Licht
und Recht auf deinem Heerde brennen? Dort pre-
digt man dein Heyl und deines Namens Ruhm. So
wollst du nun mein Hertz beym Einigen erhalten, daß
deinen Namen ich mit Ernste fürchten mag; ja lasse

dei-

Morgen-Gebett am Sonntage.
mich mit Lebens-Brode ſpeiſen, mich dürſtet, trän-
cke mich vom Brünnlein Iſrael; gieb deinen Die-
nern Krafft, daß ſie mich unterweiſen, aus ihrem
Munde geuß die reine Lebens-Quell. Dein Wein-
berg iſt für mich, ach! laß mich Trauben bringen,
und keine Heerlinge an meinem Stocke ſtehn; erwe-
cke Safft und Krafft, die bis zur Wurtzel dringen,
daß deine Wercke bald bey mir ins Leben gehn. Laß
mich mein Antlitz nicht im Spiegel ſo beſchauen, wie
einer der vergißt, wie er geſtaltet war; ein jedes
Wort, das du mir läſſeſt anvertrauen, ſtell als ein
Denckmahl mir im gantzen Leben dar. So bald
mich dein Geſätz mit ſeinem Hammer troffen, ſo
bald ſey auch mein Hertz zermalmet und zerknirſcht;
dein Evangelium ſteh mir auch wieder offen, wenn
der geängſte Geiſt nach deinem Worte dürſt. Laß
einen Tempel mich in deinen Tempel bringen; mein
Hertz dein Predig-Stuhl, die Lippen dein Altar;
der Weyrauch mein Gebett, das Opffer, Flehn und
Singen; du aber ſtell dich ſelbſt zu meinem Prieſter
dar. So geh ich in dein Haus, auf deine groſſe Güte,
u. ſetze mich getroſt zu deinen Füſſen hin; verbirge mich
allhier in dein Gezelt und Hütte, daß ich gantz unge-
ſtört in deinem Dienſte bin, Ach HErr! wie lieb-
lich ſind die Wohnungen zu nennen? Wie freuet ſich
mein Geiſt auf Zions Heiligthum? Dort ſeh ich Licht
und Recht auf deinem Heerde brennen? Dort pre-
digt man dein Heyl und deines Namens Ruhm. So
wollſt du nun mein Hertz beym Einigen erhalten, daß
deinen Namen ich mit Ernſte fürchten mag; ja laſſe

dei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0752" n="730"/><fw place="top" type="header">Morgen-Gebett am Sonntage.</fw><lb/>
mich mit Lebens-Brode &#x017F;pei&#x017F;en, mich dür&#x017F;tet, trän-<lb/>
cke mich vom Brünnlein I&#x017F;rael; gieb deinen Die-<lb/>
nern Krafft, daß &#x017F;ie mich unterwei&#x017F;en, aus ihrem<lb/>
Munde geuß die reine Lebens-Quell. Dein Wein-<lb/>
berg i&#x017F;t für mich, ach! laß mich Trauben bringen,<lb/>
und keine Heerlinge an meinem Stocke &#x017F;tehn; erwe-<lb/>
cke Safft und Krafft, die bis zur Wurtzel dringen,<lb/>
daß deine Wercke bald bey mir ins Leben gehn. Laß<lb/>
mich mein Antlitz nicht im Spiegel &#x017F;o be&#x017F;chauen, wie<lb/>
einer der vergißt, wie er ge&#x017F;taltet war; ein jedes<lb/>
Wort, das du mir lä&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t anvertrauen, &#x017F;tell als ein<lb/>
Denckmahl mir im gantzen Leben dar. So bald<lb/>
mich dein Ge&#x017F;ätz mit &#x017F;einem Hammer troffen, &#x017F;o<lb/>
bald &#x017F;ey auch mein Hertz zermalmet und zerknir&#x017F;cht;<lb/>
dein Evangelium &#x017F;teh mir auch wieder offen, wenn<lb/>
der geäng&#x017F;te Gei&#x017F;t nach deinem Worte dür&#x017F;t. Laß<lb/>
einen Tempel mich in deinen Tempel bringen; mein<lb/>
Hertz dein Predig-Stuhl, die Lippen dein Altar;<lb/>
der Weyrauch mein Gebett, das Opffer, Flehn und<lb/>
Singen; du aber &#x017F;tell dich &#x017F;elb&#x017F;t zu meinem Prie&#x017F;ter<lb/>
dar. So geh ich in dein Haus, auf deine gro&#x017F;&#x017F;e Güte,<lb/>
u. &#x017F;etze mich getro&#x017F;t zu deinen Fü&#x017F;&#x017F;en hin; verbirge mich<lb/>
allhier in dein Gezelt und Hütte, daß ich gantz unge-<lb/>
&#x017F;tört in deinem Dien&#x017F;te bin, Ach HErr! wie lieb-<lb/>
lich &#x017F;ind die Wohnungen zu nennen? Wie freuet &#x017F;ich<lb/>
mein Gei&#x017F;t auf Zions Heiligthum? Dort &#x017F;eh ich Licht<lb/>
und Recht auf deinem Heerde brennen? Dort pre-<lb/>
digt man dein Heyl und deines Namens Ruhm. So<lb/>
woll&#x017F;t du nun mein Hertz beym Einigen erhalten, daß<lb/>
deinen Namen ich mit Ern&#x017F;te fürchten mag; ja la&#x017F;&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dei-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[730/0752] Morgen-Gebett am Sonntage. mich mit Lebens-Brode ſpeiſen, mich dürſtet, trän- cke mich vom Brünnlein Iſrael; gieb deinen Die- nern Krafft, daß ſie mich unterweiſen, aus ihrem Munde geuß die reine Lebens-Quell. Dein Wein- berg iſt für mich, ach! laß mich Trauben bringen, und keine Heerlinge an meinem Stocke ſtehn; erwe- cke Safft und Krafft, die bis zur Wurtzel dringen, daß deine Wercke bald bey mir ins Leben gehn. Laß mich mein Antlitz nicht im Spiegel ſo beſchauen, wie einer der vergißt, wie er geſtaltet war; ein jedes Wort, das du mir läſſeſt anvertrauen, ſtell als ein Denckmahl mir im gantzen Leben dar. So bald mich dein Geſätz mit ſeinem Hammer troffen, ſo bald ſey auch mein Hertz zermalmet und zerknirſcht; dein Evangelium ſteh mir auch wieder offen, wenn der geängſte Geiſt nach deinem Worte dürſt. Laß einen Tempel mich in deinen Tempel bringen; mein Hertz dein Predig-Stuhl, die Lippen dein Altar; der Weyrauch mein Gebett, das Opffer, Flehn und Singen; du aber ſtell dich ſelbſt zu meinem Prieſter dar. So geh ich in dein Haus, auf deine groſſe Güte, u. ſetze mich getroſt zu deinen Füſſen hin; verbirge mich allhier in dein Gezelt und Hütte, daß ich gantz unge- ſtört in deinem Dienſte bin, Ach HErr! wie lieb- lich ſind die Wohnungen zu nennen? Wie freuet ſich mein Geiſt auf Zions Heiligthum? Dort ſeh ich Licht und Recht auf deinem Heerde brennen? Dort pre- digt man dein Heyl und deines Namens Ruhm. So wollſt du nun mein Hertz beym Einigen erhalten, daß deinen Namen ich mit Ernſte fürchten mag; ja laſſe dei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/752
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/752>, abgerufen am 22.11.2024.