Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Abend-Gebett am Sonntage.
rer Christ nach dem Gewissen sey; und daß ich mich
mit Ernst der Heiligkeit befleisse, entfernt von eitelm
Ruhm und schnöder Heucheley. Laß mich vor al-
lem dich von gantzem Hertzen lieben, und meinen
Nächsten denn, als wenn ichs selber wär. Ja laß
mir dein Gesätz ins Hertze seyn geschrieben, und was
dein Wille heischt, das sey auch mein Begehr. Bin
ich auf dich getaufft, und bin dein Glied geworden,
so hilff, daß mich kein Feind von deinem Leibe reißt:
Dein Geist regiere mich im reinen Christen-Orden,
der dich als Haupt erkennt, und deine Kirche heißt.
Ich kan nicht immer hier im GOttes Hause bleiben,
drum geb ich dir mein Hertz zu einem Tempel ein, und
will an meine Brust die süsse Losung schreiben: Hier
ist der HErr mein GOtt, hier soll ein Bethel seyn.
Gleichwie ein Hirsch der hier nach frischem Wasser
schreyet, so schreyet meine Seel und dürstet, GOtt!
nach dir; wenn komm ich doch dahin, wenn werd
ich doch erfreuet, dein Angesicht zu sehn in Sions
schönster Zier? Wohlan! du wirst mich einst aus
dieser Kirche führen, die nur die Streitende auf Er-
den wird genennt. Dort aber geht man ein zu an-
dern Kirchen-Thüren, wo man Triumphe singt, und
keinen Feind mehr kennt. Ich werde diese Lust hier
in der Ferne schauen, bis daß mein Glaube mich
zum wahren Schauen bringt. Indessen will ich
mich nur deiner Macht vertrauen, da abermal der
Schlaf zu meinen Augen dringt. Hast du, mein
GOtt! in mir, die Ruhe heut genommen, so nehm
ich meine Ruh auch wiederum in dir: Du bist zu mir

ins

Abend-Gebett am Sonntage.
rer Chriſt nach dem Gewiſſen ſey; und daß ich mich
mit Ernſt der Heiligkeit befleiſſe, entfernt von eitelm
Ruhm und ſchnöder Heucheley. Laß mich vor al-
lem dich von gantzem Hertzen lieben, und meinen
Nächſten denn, als wenn ichs ſelber wär. Ja laß
mir dein Geſätz ins Hertze ſeyn geſchrieben, und was
dein Wille heiſcht, das ſey auch mein Begehr. Bin
ich auf dich getaufft, und bin dein Glied geworden,
ſo hilff, daß mich kein Feind von deinem Leibe reißt:
Dein Geiſt regiere mich im reinen Chriſten-Orden,
der dich als Haupt erkennt, und deine Kirche heißt.
Ich kan nicht immer hier im GOttes Hauſe bleiben,
drum geb ich dir mein Hertz zu einem Tempel ein, und
will an meine Bruſt die ſüſſe Loſung ſchreiben: Hier
iſt der HErr mein GOtt, hier ſoll ein Bethel ſeyn.
Gleichwie ein Hirſch der hier nach friſchem Waſſer
ſchreyet, ſo ſchreyet meine Seel und dürſtet, GOtt!
nach dir; wenn komm ich doch dahin, wenn werd
ich doch erfreuet, dein Angeſicht zu ſehn in Sions
ſchönſter Zier? Wohlan! du wirſt mich einſt aus
dieſer Kirche führen, die nur die Streitende auf Er-
den wird genennt. Dort aber geht man ein zu an-
dern Kirchen-Thüren, wo man Triumphe ſingt, und
keinen Feind mehr kennt. Ich werde dieſe Luſt hier
in der Ferne ſchauen, bis daß mein Glaube mich
zum wahren Schauen bringt. Indeſſen will ich
mich nur deiner Macht vertrauen, da abermal der
Schlaf zu meinen Augen dringt. Haſt du, mein
GOtt! in mir, die Ruhe heut genommen, ſo nehm
ich meine Ruh auch wiederum in dir: Du biſt zu mir

ins
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0757" n="735"/><fw place="top" type="header">Abend-Gebett am Sonntage.</fw><lb/>
rer Chri&#x017F;t nach dem Gewi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ey; und daß ich mich<lb/>
mit Ern&#x017F;t der Heiligkeit beflei&#x017F;&#x017F;e, entfernt von eitelm<lb/>
Ruhm und &#x017F;chnöder Heucheley. Laß mich vor al-<lb/>
lem dich von gantzem Hertzen lieben, und meinen<lb/>
Näch&#x017F;ten denn, als wenn ichs &#x017F;elber wär. Ja laß<lb/>
mir dein Ge&#x017F;ätz ins Hertze &#x017F;eyn ge&#x017F;chrieben, und was<lb/>
dein Wille hei&#x017F;cht, das &#x017F;ey auch mein Begehr. Bin<lb/>
ich auf dich getaufft, und bin dein Glied geworden,<lb/>
&#x017F;o hilff, daß mich kein Feind von deinem Leibe reißt:<lb/>
Dein Gei&#x017F;t regiere mich im reinen Chri&#x017F;ten-Orden,<lb/>
der dich als Haupt erkennt, und deine Kirche heißt.<lb/>
Ich kan nicht immer hier im GOttes Hau&#x017F;e bleiben,<lb/>
drum geb ich dir mein Hertz zu einem Tempel ein, und<lb/>
will an meine Bru&#x017F;t die &#x017F;ü&#x017F;&#x017F;e Lo&#x017F;ung &#x017F;chreiben: Hier<lb/>
i&#x017F;t der HErr mein GOtt, hier &#x017F;oll ein Bethel &#x017F;eyn.<lb/>
Gleichwie ein Hir&#x017F;ch der hier nach fri&#x017F;chem Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
&#x017F;chreyet, &#x017F;o &#x017F;chreyet meine Seel und dür&#x017F;tet, GOtt!<lb/>
nach dir; wenn komm ich doch dahin, wenn werd<lb/>
ich doch erfreuet, dein Ange&#x017F;icht zu &#x017F;ehn in Sions<lb/>
&#x017F;chön&#x017F;ter Zier? Wohlan! du wir&#x017F;t mich ein&#x017F;t aus<lb/>
die&#x017F;er Kirche führen, die nur die Streitende auf Er-<lb/>
den wird genennt. Dort aber geht man ein zu an-<lb/>
dern Kirchen-Thüren, wo man Triumphe &#x017F;ingt, und<lb/>
keinen Feind mehr kennt. Ich werde die&#x017F;e Lu&#x017F;t hier<lb/>
in der Ferne &#x017F;chauen, bis daß mein Glaube mich<lb/>
zum wahren Schauen bringt. Inde&#x017F;&#x017F;en will ich<lb/>
mich nur deiner Macht vertrauen, da abermal der<lb/>
Schlaf zu meinen Augen dringt. Ha&#x017F;t du, mein<lb/>
GOtt! in mir, die Ruhe heut genommen, &#x017F;o nehm<lb/>
ich meine Ruh auch wiederum in dir: Du bi&#x017F;t zu mir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ins</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[735/0757] Abend-Gebett am Sonntage. rer Chriſt nach dem Gewiſſen ſey; und daß ich mich mit Ernſt der Heiligkeit befleiſſe, entfernt von eitelm Ruhm und ſchnöder Heucheley. Laß mich vor al- lem dich von gantzem Hertzen lieben, und meinen Nächſten denn, als wenn ichs ſelber wär. Ja laß mir dein Geſätz ins Hertze ſeyn geſchrieben, und was dein Wille heiſcht, das ſey auch mein Begehr. Bin ich auf dich getaufft, und bin dein Glied geworden, ſo hilff, daß mich kein Feind von deinem Leibe reißt: Dein Geiſt regiere mich im reinen Chriſten-Orden, der dich als Haupt erkennt, und deine Kirche heißt. Ich kan nicht immer hier im GOttes Hauſe bleiben, drum geb ich dir mein Hertz zu einem Tempel ein, und will an meine Bruſt die ſüſſe Loſung ſchreiben: Hier iſt der HErr mein GOtt, hier ſoll ein Bethel ſeyn. Gleichwie ein Hirſch der hier nach friſchem Waſſer ſchreyet, ſo ſchreyet meine Seel und dürſtet, GOtt! nach dir; wenn komm ich doch dahin, wenn werd ich doch erfreuet, dein Angeſicht zu ſehn in Sions ſchönſter Zier? Wohlan! du wirſt mich einſt aus dieſer Kirche führen, die nur die Streitende auf Er- den wird genennt. Dort aber geht man ein zu an- dern Kirchen-Thüren, wo man Triumphe ſingt, und keinen Feind mehr kennt. Ich werde dieſe Luſt hier in der Ferne ſchauen, bis daß mein Glaube mich zum wahren Schauen bringt. Indeſſen will ich mich nur deiner Macht vertrauen, da abermal der Schlaf zu meinen Augen dringt. Haſt du, mein GOtt! in mir, die Ruhe heut genommen, ſo nehm ich meine Ruh auch wiederum in dir: Du biſt zu mir ins

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/757
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/757>, abgerufen am 22.11.2024.