Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Morgen-Gebett am Mittwoche.
gröste Reichthum ist nur die Vergnüglichkeit. Hast
du mir diesen Schatz im Hertzen beygeleget, so frag
ich nicht darnach, was andrer Hertz erfreut. Du
weißst, was ich bedarff, ich will dich lassen sorgen,
weil du so lange Zeit schon Hausgehalten hast:
Giebst du mir heute was, so giebst du es auch morgen,
denn mein bescheiden Theil hast du schon abgefaßt.
Laß mich vernünfftig seyn bey allen meinen Wercken,
auch nichts zur Unzeit thun, auch nichts versäumet
seyn; giebt sich ein Fehler an, so laß mich ihn bald
mercken, und gieb mir Besserung zu meinem Besten
ein. Du wirst mich heute wohl des Creutzes nicht
verschonen, es sey groß oder klein, so bring es im-
mer her! Wer ohne Dornen will in dieser Wüsten
wohnen, der ist kein rechter Christ, und alles Trostes
leer. Sind meine Schultern schwach, du hast den
breiten Rücken, der aller Frommen Creutz und Trüb-
sal überträgt: Drückst du, so wirst du auch zu rech-
ter Zeit erquicken, du heilst mit einer Hand, wenn
gleich die andre schlägt. Und weil so in der Welt die
Lebens-Zeit vergehet, wann immerfort ein Tag den
andern abgelöst, so gieb, daß auch der Tod mir
stets vor Augen stehet, der uns nach aller Noth
mit sanffter Ruhe tröst. Wer weiß, ob ich den
Tag zum Ende bringen werde? Du weißst es
wohl, mein GOTT! drum mache mich geschickt:
Ich bin doch weiter nichts, als eine Hand voll
Erde, wohl mir, wenn deine Hand mein Auge
zugedrückt. Doch bin ich dir, mein GOtt! noch
in der Welt was nütze, so flösse heute mir ein neues

Leben
B b b

Morgen-Gebett am Mittwoche.
gröſte Reichthum iſt nur die Vergnüglichkeit. Haſt
du mir dieſen Schatz im Hertzen beygeleget, ſo frag
ich nicht darnach, was andrer Hertz erfreut. Du
weißſt, was ich bedarff, ich will dich laſſen ſorgen,
weil du ſo lange Zeit ſchon Hausgehalten haſt:
Giebſt du mir heute was, ſo giebſt du es auch morgen,
denn mein beſcheiden Theil haſt du ſchon abgefaßt.
Laß mich vernünfftig ſeyn bey allen meinen Wercken,
auch nichts zur Unzeit thun, auch nichts verſäumet
ſeyn; giebt ſich ein Fehler an, ſo laß mich ihn bald
mercken, und gieb mir Beſſerung zu meinem Beſten
ein. Du wirſt mich heute wohl des Creutzes nicht
verſchonen, es ſey groß oder klein, ſo bring es im-
mer her! Wer ohne Dornen will in dieſer Wüſten
wohnen, der iſt kein rechter Chriſt, und alles Troſtes
leer. Sind meine Schultern ſchwach, du haſt den
breiten Rücken, der aller Frommen Creutz und Trüb-
ſal überträgt: Drückſt du, ſo wirſt du auch zu rech-
ter Zeit erquicken, du heilſt mit einer Hand, wenn
gleich die andre ſchlägt. Und weil ſo in der Welt die
Lebens-Zeit vergehet, wann immerfort ein Tag den
andern abgelöst, ſo gieb, daß auch der Tod mir
ſtets vor Augen ſtehet, der uns nach aller Noth
mit ſanffter Ruhe tröſt. Wer weiß, ob ich den
Tag zum Ende bringen werde? Du weißſt es
wohl, mein GOTT! drum mache mich geſchickt:
Ich bin doch weiter nichts, als eine Hand voll
Erde, wohl mir, wenn deine Hand mein Auge
zugedrückt. Doch bin ich dir, mein GOtt! noch
in der Welt was nütze, ſo flöſſe heute mir ein neues

Leben
B b b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0775" n="753"/><fw place="top" type="header">Morgen-Gebett am Mittwoche.</fw><lb/>
grö&#x017F;te Reichthum i&#x017F;t nur die Vergnüglichkeit. Ha&#x017F;t<lb/>
du mir die&#x017F;en Schatz im Hertzen beygeleget, &#x017F;o frag<lb/>
ich nicht darnach, was andrer Hertz erfreut. Du<lb/>
weiß&#x017F;t, was ich bedarff, ich will dich la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;orgen,<lb/>
weil du &#x017F;o lange Zeit &#x017F;chon Hausgehalten ha&#x017F;t:<lb/>
Gieb&#x017F;t du mir heute was, &#x017F;o gieb&#x017F;t du es auch morgen,<lb/>
denn mein be&#x017F;cheiden Theil ha&#x017F;t du &#x017F;chon abgefaßt.<lb/>
Laß mich vernünfftig &#x017F;eyn bey allen meinen Wercken,<lb/>
auch nichts zur Unzeit thun, auch nichts ver&#x017F;äumet<lb/>
&#x017F;eyn; giebt &#x017F;ich ein Fehler an, &#x017F;o laß mich ihn bald<lb/>
mercken, und gieb mir Be&#x017F;&#x017F;erung zu meinem Be&#x017F;ten<lb/>
ein. Du wir&#x017F;t mich heute wohl des Creutzes nicht<lb/>
ver&#x017F;chonen, es &#x017F;ey groß oder klein, &#x017F;o bring es im-<lb/>
mer her! Wer ohne Dornen will in die&#x017F;er Wü&#x017F;ten<lb/>
wohnen, der i&#x017F;t kein rechter Chri&#x017F;t, und alles Tro&#x017F;tes<lb/>
leer. Sind meine Schultern &#x017F;chwach, du ha&#x017F;t den<lb/>
breiten Rücken, der aller Frommen Creutz und Trüb-<lb/>
&#x017F;al überträgt: Drück&#x017F;t du, &#x017F;o wir&#x017F;t du auch zu rech-<lb/>
ter Zeit erquicken, du heil&#x017F;t mit einer Hand, wenn<lb/>
gleich die andre &#x017F;chlägt. Und weil &#x017F;o in der Welt die<lb/>
Lebens-Zeit vergehet, wann immerfort ein Tag den<lb/>
andern abgelöst, &#x017F;o gieb, daß auch der Tod mir<lb/>
&#x017F;tets vor Augen &#x017F;tehet, der uns nach aller Noth<lb/>
mit &#x017F;anffter Ruhe trö&#x017F;t. Wer weiß, ob ich den<lb/>
Tag zum Ende bringen werde? Du weiß&#x017F;t es<lb/>
wohl, mein GOTT! drum mache mich ge&#x017F;chickt:<lb/>
Ich bin doch weiter nichts, als eine Hand voll<lb/>
Erde, wohl mir, wenn deine Hand mein Auge<lb/>
zugedrückt. Doch bin ich dir, mein GOtt! noch<lb/>
in der Welt was nütze, &#x017F;o flö&#x017F;&#x017F;e heute mir ein neues<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b b</fw><fw place="bottom" type="catch">Leben</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[753/0775] Morgen-Gebett am Mittwoche. gröſte Reichthum iſt nur die Vergnüglichkeit. Haſt du mir dieſen Schatz im Hertzen beygeleget, ſo frag ich nicht darnach, was andrer Hertz erfreut. Du weißſt, was ich bedarff, ich will dich laſſen ſorgen, weil du ſo lange Zeit ſchon Hausgehalten haſt: Giebſt du mir heute was, ſo giebſt du es auch morgen, denn mein beſcheiden Theil haſt du ſchon abgefaßt. Laß mich vernünfftig ſeyn bey allen meinen Wercken, auch nichts zur Unzeit thun, auch nichts verſäumet ſeyn; giebt ſich ein Fehler an, ſo laß mich ihn bald mercken, und gieb mir Beſſerung zu meinem Beſten ein. Du wirſt mich heute wohl des Creutzes nicht verſchonen, es ſey groß oder klein, ſo bring es im- mer her! Wer ohne Dornen will in dieſer Wüſten wohnen, der iſt kein rechter Chriſt, und alles Troſtes leer. Sind meine Schultern ſchwach, du haſt den breiten Rücken, der aller Frommen Creutz und Trüb- ſal überträgt: Drückſt du, ſo wirſt du auch zu rech- ter Zeit erquicken, du heilſt mit einer Hand, wenn gleich die andre ſchlägt. Und weil ſo in der Welt die Lebens-Zeit vergehet, wann immerfort ein Tag den andern abgelöst, ſo gieb, daß auch der Tod mir ſtets vor Augen ſtehet, der uns nach aller Noth mit ſanffter Ruhe tröſt. Wer weiß, ob ich den Tag zum Ende bringen werde? Du weißſt es wohl, mein GOTT! drum mache mich geſchickt: Ich bin doch weiter nichts, als eine Hand voll Erde, wohl mir, wenn deine Hand mein Auge zugedrückt. Doch bin ich dir, mein GOtt! noch in der Welt was nütze, ſo flöſſe heute mir ein neues Leben B b b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/775
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/775>, abgerufen am 02.07.2024.