Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.Abend-Gebett am Mittwoche. hier vor seinem Throne nieder, und habe Hertz undHand zur Andacht ihm geweyht; Allein, wie darf sich wohl ein Sünder unterstehen, vor den gerechten GOtt so ungerecht zu gehn; Es do[nn]ert ja sein Grimm von den entbrannten Höhen, kein Misse- thäter kan für seinem Wetter stehn. Ach ja! mein Hertze will mich leyder selbst verdammen, der Sa- tan zeiget mir der Sünden Handschrifft für, mich schrecket GOttes Zorn, wie auch der Höllen Flam- men, ach wo verbirg ich mich? Mein GOtt! ich flieh zu dir. Die Mittwoch lässet mich wohl mit- ten in der Sünde; Ich seh, wohin ich will, so ist nichts recht gethan: Doch dieses ist mein Trost, daß ich den Mittler finde, der mitten in dem Zorn dich, Vatter, stillen kan. Bin ich es gleich nicht werth, doch hats dein Sohn verdienet, daß du doch gnädig bist, wenn man zum Creutze kriecht; der hat mich durch sein Blut bey dir schon ausgesühnet, weil er gerichtet ward, so fürcht ich kein Gericht. Bedecke meine Schuld mit seinem Purpur-Kleide, und zeuch mir sein Verdienst als einen Schlaf-Rock an; Mein Hirte! lasse nicht das Schäflein deiner Weyde, daß mir der Höllen-Wolff kein Schrecken bringen kan. Mein Glaube sagt es mir, du willt mich nicht ver- schmähen, es läßt es deine Huld und Christi Tod nicht zu: Drum will ich nur getrost auf deine Güte sehen, in der allein besteht die allerbeste Ruh. Doch weil ich noch an mir den Leib der Sünden trage, so lehre künfftig mich dem Fleische widerstehn, daß kein Gewissens-Wurm an meinem Hertzen nage, und mei- Bbb 2
Abend-Gebett am Mittwoche. hier vor ſeinem Throne nieder, und habe Hertz undHand zur Andacht ihm geweyht; Allein, wie darf ſich wohl ein Sünder unterſtehen, vor den gerechten GOtt ſo ungerecht zu gehn; Es do[nn]ert ja ſein Grimm von den entbrannten Höhen, kein Miſſe- thäter kan für ſeinem Wetter ſtehn. Ach ja! mein Hertze will mich leyder ſelbſt verdammen, der Sa- tan zeiget mir der Sünden Handſchrifft für, mich ſchrecket GOttes Zorn, wie auch der Höllen Flam- men, ach wo verbirg ich mich? Mein GOtt! ich flieh zu dir. Die Mittwoch läſſet mich wohl mit- ten in der Sünde; Ich ſeh, wohin ich will, ſo iſt nichts recht gethan: Doch dieſes iſt mein Troſt, daß ich den Mittler finde, der mitten in dem Zorn dich, Vatter, ſtillen kan. Bin ich es gleich nicht werth, doch hats dein Sohn verdienet, daß du doch gnädig biſt, wenn man zum Creutze kriecht; der hat mich durch ſein Blut bey dir ſchon ausgeſühnet, weil er gerichtet ward, ſo fürcht ich kein Gericht. Bedecke meine Schuld mit ſeinem Purpur-Kleide, und zeuch mir ſein Verdienſt als einen Schlaf-Rock an; Mein Hirte! laſſe nicht das Schäflein deiner Weyde, daß mir der Höllen-Wolff kein Schrecken bringen kan. Mein Glaube ſagt es mir, du willt mich nicht ver- ſchmähen, es läßt es deine Huld und Chriſti Tod nicht zu: Drum will ich nur getroſt auf deine Güte ſehen, in der allein beſteht die allerbeſte Ruh. Doch weil ich noch an mir den Leib der Sünden trage, ſo lehre künfftig mich dem Fleiſche widerſtehn, daß kein Gewiſſens-Wurm an meinem Hertzen nage, und mei- Bbb 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0777" n="755"/><fw place="top" type="header">Abend-Gebett am Mittwoche.</fw><lb/> hier vor ſeinem Throne nieder, und habe Hertz und<lb/> Hand zur Andacht ihm geweyht; Allein, wie darf<lb/> ſich wohl ein Sünder unterſtehen, vor den gerechten<lb/> GOtt ſo ungerecht zu gehn; Es do<supplied>nn</supplied>ert ja ſein<lb/> Grimm von den entbrannten Höhen, kein Miſſe-<lb/> thäter kan für ſeinem Wetter ſtehn. Ach ja! mein<lb/> Hertze will mich leyder ſelbſt verdammen, der Sa-<lb/> tan zeiget mir der Sünden Handſchrifft für, mich<lb/> ſchrecket GOttes Zorn, wie auch der Höllen Flam-<lb/> men, ach wo verbirg ich mich? Mein GOtt! ich<lb/> flieh zu dir. Die Mittwoch läſſet mich wohl mit-<lb/> ten in der Sünde; Ich ſeh, wohin ich will, ſo iſt<lb/> nichts recht gethan: Doch dieſes iſt mein Troſt, daß<lb/> ich den Mittler finde, der mitten in dem Zorn dich,<lb/> Vatter, ſtillen kan. Bin ich es gleich nicht werth,<lb/> doch hats dein Sohn verdienet, daß du doch gnädig<lb/> biſt, wenn man zum Creutze kriecht; der hat mich<lb/> durch ſein Blut bey dir ſchon ausgeſühnet, weil er<lb/> gerichtet ward, ſo fürcht ich kein Gericht. Bedecke<lb/> meine Schuld mit ſeinem Purpur-Kleide, und zeuch<lb/> mir ſein Verdienſt als einen Schlaf-Rock an; Mein<lb/> Hirte! laſſe nicht das Schäflein deiner Weyde, daß<lb/> mir der Höllen-Wolff kein Schrecken bringen kan.<lb/> Mein Glaube ſagt es mir, du willt mich nicht ver-<lb/> ſchmähen, es läßt es deine Huld und Chriſti Tod<lb/> nicht zu: Drum will ich nur getroſt auf deine Güte<lb/> ſehen, in der allein beſteht die allerbeſte Ruh. Doch<lb/> weil ich noch an mir den Leib der Sünden trage, ſo<lb/> lehre künfftig mich dem Fleiſche widerſtehn, daß kein<lb/> Gewiſſens-Wurm an meinem Hertzen nage, und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Bbb 2</fw><fw place="bottom" type="catch">mei-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [755/0777]
Abend-Gebett am Mittwoche.
hier vor ſeinem Throne nieder, und habe Hertz und
Hand zur Andacht ihm geweyht; Allein, wie darf
ſich wohl ein Sünder unterſtehen, vor den gerechten
GOtt ſo ungerecht zu gehn; Es donnert ja ſein
Grimm von den entbrannten Höhen, kein Miſſe-
thäter kan für ſeinem Wetter ſtehn. Ach ja! mein
Hertze will mich leyder ſelbſt verdammen, der Sa-
tan zeiget mir der Sünden Handſchrifft für, mich
ſchrecket GOttes Zorn, wie auch der Höllen Flam-
men, ach wo verbirg ich mich? Mein GOtt! ich
flieh zu dir. Die Mittwoch läſſet mich wohl mit-
ten in der Sünde; Ich ſeh, wohin ich will, ſo iſt
nichts recht gethan: Doch dieſes iſt mein Troſt, daß
ich den Mittler finde, der mitten in dem Zorn dich,
Vatter, ſtillen kan. Bin ich es gleich nicht werth,
doch hats dein Sohn verdienet, daß du doch gnädig
biſt, wenn man zum Creutze kriecht; der hat mich
durch ſein Blut bey dir ſchon ausgeſühnet, weil er
gerichtet ward, ſo fürcht ich kein Gericht. Bedecke
meine Schuld mit ſeinem Purpur-Kleide, und zeuch
mir ſein Verdienſt als einen Schlaf-Rock an; Mein
Hirte! laſſe nicht das Schäflein deiner Weyde, daß
mir der Höllen-Wolff kein Schrecken bringen kan.
Mein Glaube ſagt es mir, du willt mich nicht ver-
ſchmähen, es läßt es deine Huld und Chriſti Tod
nicht zu: Drum will ich nur getroſt auf deine Güte
ſehen, in der allein beſteht die allerbeſte Ruh. Doch
weil ich noch an mir den Leib der Sünden trage, ſo
lehre künfftig mich dem Fleiſche widerſtehn, daß kein
Gewiſſens-Wurm an meinem Hertzen nage, und
mei-
Bbb 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |