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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die preußischen Aufnahmen.

Die Zunahme von Meistern und Gehülfen zusam-
men beträgt 5,99 %, die der Bevölkerung nur 3,3 %;
die Zunahme mußte natürlich stärker sein als die der
Bevölkerung, wenn man nur halbwegs wieder auf
leidliche Zustände kommen wollte, da die Zahlen für 1849
einen Nothstand repräsentiren.

Die Zahl der Meister allein nahm um 3,28 % zu,
also nicht ganz so stark wie die Bevölkerung; in den
meisten einzelnen Gewerben zeigen aber die absoluten
Zahlen einige hundert Meister mehr als 1849. Abge-
sehen von denen, welche dauernd wegen Konkurrenz der
Großindustrie zurückgehen, hat die Meisterzahl von wich-
tigen Gewerben nur bei den Zimmerleuten auch absolut
etwas abgenommen; das wird den Prüfungen zuzu-
schreiben sein. Bei den Maurern ist die absolute Meister-
zahl trotz der Prüfungen gestiegen.

Die Meister zeigen nur eine absolute, keine relative
Zunahme, die wesentliche relative Zunahme der Gesammt-
zahl liegt in den Gehülfen. Sie nahmen um 9,44 %
zu; in den bedeutenden Gewerbszweigen handelt es sich
in jedem um einige tausend Gehülfen mehr, gegenüber
von 1849. Der Absatz ist wieder ein besserer, die
1849 entlassenen Gesellen sind meist wieder eingestellt.

Die Besserung der Zustände war aber noch keine
nachhaltige; war die politische Lage eine ruhigere, ja
warfen sich viele Kräfte, enttäuscht im politischen Leben,
um so mehr auf das Gebiet materieller Thätigkeit, so
wirkte das doch mehr nur belebend in den höheren
Regionen des gewerblichen Lebens. Mehrere schlechte
Ernten folgten sich, sie wirkten durch die Theurung

Die preußiſchen Aufnahmen.

Die Zunahme von Meiſtern und Gehülfen zuſam-
men beträgt 5,99 %, die der Bevölkerung nur 3,3 %;
die Zunahme mußte natürlich ſtärker ſein als die der
Bevölkerung, wenn man nur halbwegs wieder auf
leidliche Zuſtände kommen wollte, da die Zahlen für 1849
einen Nothſtand repräſentiren.

Die Zahl der Meiſter allein nahm um 3,28 % zu,
alſo nicht ganz ſo ſtark wie die Bevölkerung; in den
meiſten einzelnen Gewerben zeigen aber die abſoluten
Zahlen einige hundert Meiſter mehr als 1849. Abge-
ſehen von denen, welche dauernd wegen Konkurrenz der
Großinduſtrie zurückgehen, hat die Meiſterzahl von wich-
tigen Gewerben nur bei den Zimmerleuten auch abſolut
etwas abgenommen; das wird den Prüfungen zuzu-
ſchreiben ſein. Bei den Maurern iſt die abſolute Meiſter-
zahl trotz der Prüfungen geſtiegen.

Die Meiſter zeigen nur eine abſolute, keine relative
Zunahme, die weſentliche relative Zunahme der Geſammt-
zahl liegt in den Gehülfen. Sie nahmen um 9,44 %
zu; in den bedeutenden Gewerbszweigen handelt es ſich
in jedem um einige tauſend Gehülfen mehr, gegenüber
von 1849. Der Abſatz iſt wieder ein beſſerer, die
1849 entlaſſenen Geſellen ſind meiſt wieder eingeſtellt.

Die Beſſerung der Zuſtände war aber noch keine
nachhaltige; war die politiſche Lage eine ruhigere, ja
warfen ſich viele Kräfte, enttäuſcht im politiſchen Leben,
um ſo mehr auf das Gebiet materieller Thätigkeit, ſo
wirkte das doch mehr nur belebend in den höheren
Regionen des gewerblichen Lebens. Mehrere ſchlechte
Ernten folgten ſich, ſie wirkten durch die Theurung

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[92/0114] Die preußiſchen Aufnahmen. Die Zunahme von Meiſtern und Gehülfen zuſam- men beträgt 5,99 %, die der Bevölkerung nur 3,3 %; die Zunahme mußte natürlich ſtärker ſein als die der Bevölkerung, wenn man nur halbwegs wieder auf leidliche Zuſtände kommen wollte, da die Zahlen für 1849 einen Nothſtand repräſentiren. Die Zahl der Meiſter allein nahm um 3,28 % zu, alſo nicht ganz ſo ſtark wie die Bevölkerung; in den meiſten einzelnen Gewerben zeigen aber die abſoluten Zahlen einige hundert Meiſter mehr als 1849. Abge- ſehen von denen, welche dauernd wegen Konkurrenz der Großinduſtrie zurückgehen, hat die Meiſterzahl von wich- tigen Gewerben nur bei den Zimmerleuten auch abſolut etwas abgenommen; das wird den Prüfungen zuzu- ſchreiben ſein. Bei den Maurern iſt die abſolute Meiſter- zahl trotz der Prüfungen geſtiegen. Die Meiſter zeigen nur eine abſolute, keine relative Zunahme, die weſentliche relative Zunahme der Geſammt- zahl liegt in den Gehülfen. Sie nahmen um 9,44 % zu; in den bedeutenden Gewerbszweigen handelt es ſich in jedem um einige tauſend Gehülfen mehr, gegenüber von 1849. Der Abſatz iſt wieder ein beſſerer, die 1849 entlaſſenen Geſellen ſind meiſt wieder eingeſtellt. Die Beſſerung der Zuſtände war aber noch keine nachhaltige; war die politiſche Lage eine ruhigere, ja warfen ſich viele Kräfte, enttäuſcht im politiſchen Leben, um ſo mehr auf das Gebiet materieller Thätigkeit, ſo wirkte das doch mehr nur belebend in den höheren Regionen des gewerblichen Lebens. Mehrere ſchlechte Ernten folgten ſich, ſie wirkten durch die Theurung

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/114>, abgerufen am 21.11.2024.