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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Aufuahmen der kleinern Staaten.
schäfte, mit denen sie sich in einen Wettkampf mit
Gegnern einlassen, deren Ueberlegenheit sie zu spät fühlen,
wenn das kleine Kapital aufgezehrt ist und noch oben-
drein Schulden gemacht sind. Man sieht sich genöthigt,
um Spottpreise für Grossisten zu arbeiten und schließlich
doch wieder zum Fabrikanten zurückzukehren. Je schwie-
riger es für den bloßen Arbeiter in seiner Stellung ist,
eine genaue Kenntniß der statistischen Verhältnisse seines
Fabrikationszweigs sich zu verschaffen, desto mehr thut
Vorsicht bei Gründung neuer Unternehmungen Noth, wo
bei dem Fortschritt der Handelsfreiheit die Beurtheilung
des Umfangs der Konsumtion eines Artikels und seiner
Produktion immer schwieriger wird."

Die Geschäftsstockung im Jahre 1866 und 67
drückte nach den Berichten wesentlich auch auf die Lokal-
und Kleingewerbe; das hat mit der Gewerbefreiheit
nichts zu schaffen. Nicht uninteressant aber ist, daß
die in den Kleingewerben herrschende Geschäftsstockung
hauptsächlich den Hausirhandel, theilweise mehr den
Bettel in der Form des Hausirhandels angeschwellt hat.
In einzelnen Gegenden des Landes wird die Zunahme
als eine wahre Landeskalamität betrachtet. Besonders
das Ausgebot ganzer Waarenlager im Umherziehen von
Stadt zu Stadt unter dem Titel und der Form von
Waarenausverkäufen wird insofern beklagt, als solche
Leute sich den Steuern vollständig oder ganz zu ent-
ziehen wissen. "Allen Berichten gemeinschaftlich ist die
Klage, daß diese Leute den Absatz der ortsansässigen
und hochbesteuerten Handel- und Gewerbetreibenden
beeinträchtigen, und daß ihr herumziehendes Leben

Die Aufuahmen der kleinern Staaten.
ſchäfte, mit denen ſie ſich in einen Wettkampf mit
Gegnern einlaſſen, deren Ueberlegenheit ſie zu ſpät fühlen,
wenn das kleine Kapital aufgezehrt iſt und noch oben-
drein Schulden gemacht ſind. Man ſieht ſich genöthigt,
um Spottpreiſe für Groſſiſten zu arbeiten und ſchließlich
doch wieder zum Fabrikanten zurückzukehren. Je ſchwie-
riger es für den bloßen Arbeiter in ſeiner Stellung iſt,
eine genaue Kenntniß der ſtatiſtiſchen Verhältniſſe ſeines
Fabrikationszweigs ſich zu verſchaffen, deſto mehr thut
Vorſicht bei Gründung neuer Unternehmungen Noth, wo
bei dem Fortſchritt der Handelsfreiheit die Beurtheilung
des Umfangs der Konſumtion eines Artikels und ſeiner
Produktion immer ſchwieriger wird.“

Die Geſchäftsſtockung im Jahre 1866 und 67
drückte nach den Berichten weſentlich auch auf die Lokal-
und Kleingewerbe; das hat mit der Gewerbefreiheit
nichts zu ſchaffen. Nicht unintereſſant aber iſt, daß
die in den Kleingewerben herrſchende Geſchäftsſtockung
hauptſächlich den Hauſirhandel, theilweiſe mehr den
Bettel in der Form des Hauſirhandels angeſchwellt hat.
In einzelnen Gegenden des Landes wird die Zunahme
als eine wahre Landeskalamität betrachtet. Beſonders
das Ausgebot ganzer Waarenlager im Umherziehen von
Stadt zu Stadt unter dem Titel und der Form von
Waarenausverkäufen wird inſofern beklagt, als ſolche
Leute ſich den Steuern vollſtändig oder ganz zu ent-
ziehen wiſſen. „Allen Berichten gemeinſchaftlich iſt die
Klage, daß dieſe Leute den Abſatz der ortsanſäſſigen
und hochbeſteuerten Handel- und Gewerbetreibenden
beeinträchtigen, und daß ihr herumziehendes Leben

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[116/0138] Die Aufuahmen der kleinern Staaten. ſchäfte, mit denen ſie ſich in einen Wettkampf mit Gegnern einlaſſen, deren Ueberlegenheit ſie zu ſpät fühlen, wenn das kleine Kapital aufgezehrt iſt und noch oben- drein Schulden gemacht ſind. Man ſieht ſich genöthigt, um Spottpreiſe für Groſſiſten zu arbeiten und ſchließlich doch wieder zum Fabrikanten zurückzukehren. Je ſchwie- riger es für den bloßen Arbeiter in ſeiner Stellung iſt, eine genaue Kenntniß der ſtatiſtiſchen Verhältniſſe ſeines Fabrikationszweigs ſich zu verſchaffen, deſto mehr thut Vorſicht bei Gründung neuer Unternehmungen Noth, wo bei dem Fortſchritt der Handelsfreiheit die Beurtheilung des Umfangs der Konſumtion eines Artikels und ſeiner Produktion immer ſchwieriger wird.“ Die Geſchäftsſtockung im Jahre 1866 und 67 drückte nach den Berichten weſentlich auch auf die Lokal- und Kleingewerbe; das hat mit der Gewerbefreiheit nichts zu ſchaffen. Nicht unintereſſant aber iſt, daß die in den Kleingewerben herrſchende Geſchäftsſtockung hauptſächlich den Hauſirhandel, theilweiſe mehr den Bettel in der Form des Hauſirhandels angeſchwellt hat. In einzelnen Gegenden des Landes wird die Zunahme als eine wahre Landeskalamität betrachtet. Beſonders das Ausgebot ganzer Waarenlager im Umherziehen von Stadt zu Stadt unter dem Titel und der Form von Waarenausverkäufen wird inſofern beklagt, als ſolche Leute ſich den Steuern vollſtändig oder ganz zu ent- ziehen wiſſen. „Allen Berichten gemeinſchaftlich iſt die Klage, daß dieſe Leute den Abſatz der ortsanſäſſigen und hochbeſteuerten Handel- und Gewerbetreibenden beeinträchtigen, und daß ihr herumziehendes Leben

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/138>, abgerufen am 21.11.2024.