stand die gleiche Richtung haben, wo die Kinder schon mit den Handgriffen und technischen Vortheilen vertraut werden. Für einzelne Geschäftsbranchen ist das nichts Neues; die schwarzwälder Uhrenindustrie, die Bürsten- binderei in der Pfalz, die Anfertigung musikalischer Instrumente und verschiedener Blechwaaren in den sächsi- schen Gebirgsgegenden, die Kleineisenindustrie am Rhein und in Westfalen, die Holzschnitzerei vieler Gebirgs- gegenden, die Strohmanufaktur, die Weberei aller Orten sind Beispiele dafür. Neu ist es, daß sich für eine Reihe anderer Gewerbe, die früher nicht in dieser Kon- zentration vorkamen, dieselbe Tendenz zeigt. Die Ver- fertigung von Handschuhen, von Schuhen und Stiefeln, die Verfertigung von fertigen Weißwaaren, Hemden, Hemdkragen, von fertigen Kleidern, die Korbflechterei, die Anfertigung von Spielwaaren, Gürtlerwaaren, Bein- waaren -- alle diese Gewerbe sind mehr und mehr zu Hausindustrien in einzelnen Gegenden geworden.
Die geschäftliche Organisation dieser Hausindustrien ist sehr verschieden, je nach dem erforderlichen Bildungs- grad, dem Verdienst, den technischen Hülfsmitteln, die nothwendig sind. Je höher nach allen diesen Merk- malen eine Geschäftsbranche steht, desto mehr werden die kleinen Meister selbständige Unternehmer, Eigen- thümer von Rohstoff und Maschinen sein, nur den Ver- kauf und etwa die letzte Vollendung und Verpackung dem Verleger überlassen. Bei der Uhrenindustrie, bei manchen Produktionen von Metallwaaren übernimmt der einzelne Meister nur die Anfertigung bestimmter Theile; da ist die Zusammensetzung und Adjustirung der Waare
Alte und neue Hausinduſtrien.
ſtand die gleiche Richtung haben, wo die Kinder ſchon mit den Handgriffen und techniſchen Vortheilen vertraut werden. Für einzelne Geſchäftsbranchen iſt das nichts Neues; die ſchwarzwälder Uhreninduſtrie, die Bürſten- binderei in der Pfalz, die Anfertigung muſikaliſcher Inſtrumente und verſchiedener Blechwaaren in den ſächſi- ſchen Gebirgsgegenden, die Kleineiſeninduſtrie am Rhein und in Weſtfalen, die Holzſchnitzerei vieler Gebirgs- gegenden, die Strohmanufaktur, die Weberei aller Orten ſind Beiſpiele dafür. Neu iſt es, daß ſich für eine Reihe anderer Gewerbe, die früher nicht in dieſer Kon- zentration vorkamen, dieſelbe Tendenz zeigt. Die Ver- fertigung von Handſchuhen, von Schuhen und Stiefeln, die Verfertigung von fertigen Weißwaaren, Hemden, Hemdkragen, von fertigen Kleidern, die Korbflechterei, die Anfertigung von Spielwaaren, Gürtlerwaaren, Bein- waaren — alle dieſe Gewerbe ſind mehr und mehr zu Hausinduſtrien in einzelnen Gegenden geworden.
Die geſchäftliche Organiſation dieſer Hausinduſtrien iſt ſehr verſchieden, je nach dem erforderlichen Bildungs- grad, dem Verdienſt, den techniſchen Hülfsmitteln, die nothwendig ſind. Je höher nach allen dieſen Merk- malen eine Geſchäftsbranche ſteht, deſto mehr werden die kleinen Meiſter ſelbſtändige Unternehmer, Eigen- thümer von Rohſtoff und Maſchinen ſein, nur den Ver- kauf und etwa die letzte Vollendung und Verpackung dem Verleger überlaſſen. Bei der Uhreninduſtrie, bei manchen Produktionen von Metallwaaren übernimmt der einzelne Meiſter nur die Anfertigung beſtimmter Theile; da iſt die Zuſammenſetzung und Adjuſtirung der Waare
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0225"n="203"/><fwplace="top"type="header">Alte und neue Hausinduſtrien.</fw><lb/>ſtand die gleiche Richtung haben, wo die Kinder ſchon<lb/>
mit den Handgriffen und techniſchen Vortheilen vertraut<lb/>
werden. Für einzelne Geſchäftsbranchen iſt das nichts<lb/>
Neues; die ſchwarzwälder Uhreninduſtrie, die Bürſten-<lb/>
binderei in der Pfalz, die Anfertigung muſikaliſcher<lb/>
Inſtrumente und verſchiedener Blechwaaren in den ſächſi-<lb/>ſchen Gebirgsgegenden, die Kleineiſeninduſtrie am Rhein<lb/>
und in Weſtfalen, die Holzſchnitzerei vieler Gebirgs-<lb/>
gegenden, die Strohmanufaktur, die Weberei aller Orten<lb/>ſind Beiſpiele dafür. Neu iſt es, daß ſich für eine<lb/>
Reihe anderer Gewerbe, die früher nicht in dieſer Kon-<lb/>
zentration vorkamen, dieſelbe Tendenz zeigt. Die Ver-<lb/>
fertigung von Handſchuhen, von Schuhen und Stiefeln,<lb/>
die Verfertigung von fertigen Weißwaaren, Hemden,<lb/>
Hemdkragen, von fertigen Kleidern, die Korbflechterei,<lb/>
die Anfertigung von Spielwaaren, Gürtlerwaaren, Bein-<lb/>
waaren — alle dieſe Gewerbe ſind mehr und mehr zu<lb/>
Hausinduſtrien in einzelnen Gegenden geworden.</p><lb/><p>Die geſchäftliche Organiſation dieſer Hausinduſtrien<lb/>
iſt ſehr verſchieden, je nach dem erforderlichen Bildungs-<lb/>
grad, dem Verdienſt, den techniſchen Hülfsmitteln, die<lb/>
nothwendig ſind. Je höher nach allen dieſen Merk-<lb/>
malen eine Geſchäftsbranche ſteht, deſto mehr werden<lb/>
die kleinen Meiſter ſelbſtändige Unternehmer, Eigen-<lb/>
thümer von Rohſtoff und Maſchinen ſein, nur den Ver-<lb/>
kauf und etwa die letzte Vollendung und Verpackung<lb/>
dem Verleger überlaſſen. Bei der Uhreninduſtrie, bei<lb/>
manchen Produktionen von Metallwaaren übernimmt der<lb/>
einzelne Meiſter nur die Anfertigung beſtimmter Theile;<lb/>
da iſt die Zuſammenſetzung und Adjuſtirung der Waare<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[203/0225]
Alte und neue Hausinduſtrien.
ſtand die gleiche Richtung haben, wo die Kinder ſchon
mit den Handgriffen und techniſchen Vortheilen vertraut
werden. Für einzelne Geſchäftsbranchen iſt das nichts
Neues; die ſchwarzwälder Uhreninduſtrie, die Bürſten-
binderei in der Pfalz, die Anfertigung muſikaliſcher
Inſtrumente und verſchiedener Blechwaaren in den ſächſi-
ſchen Gebirgsgegenden, die Kleineiſeninduſtrie am Rhein
und in Weſtfalen, die Holzſchnitzerei vieler Gebirgs-
gegenden, die Strohmanufaktur, die Weberei aller Orten
ſind Beiſpiele dafür. Neu iſt es, daß ſich für eine
Reihe anderer Gewerbe, die früher nicht in dieſer Kon-
zentration vorkamen, dieſelbe Tendenz zeigt. Die Ver-
fertigung von Handſchuhen, von Schuhen und Stiefeln,
die Verfertigung von fertigen Weißwaaren, Hemden,
Hemdkragen, von fertigen Kleidern, die Korbflechterei,
die Anfertigung von Spielwaaren, Gürtlerwaaren, Bein-
waaren — alle dieſe Gewerbe ſind mehr und mehr zu
Hausinduſtrien in einzelnen Gegenden geworden.
Die geſchäftliche Organiſation dieſer Hausinduſtrien
iſt ſehr verſchieden, je nach dem erforderlichen Bildungs-
grad, dem Verdienſt, den techniſchen Hülfsmitteln, die
nothwendig ſind. Je höher nach allen dieſen Merk-
malen eine Geſchäftsbranche ſteht, deſto mehr werden
die kleinen Meiſter ſelbſtändige Unternehmer, Eigen-
thümer von Rohſtoff und Maſchinen ſein, nur den Ver-
kauf und etwa die letzte Vollendung und Verpackung
dem Verleger überlaſſen. Bei der Uhreninduſtrie, bei
manchen Produktionen von Metallwaaren übernimmt der
einzelne Meiſter nur die Anfertigung beſtimmter Theile;
da iſt die Zuſammenſetzung und Adjuſtirung der Waare
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/225>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.