zuzugeben ist, daß das Magazinsystem heute eine volks- wirthschaftliche Nothwendigkeit ist.
Der beste Beweis hiefür ist, daß sie trotz aller Klagen über schlechte Waaren ein immer größeres Publi- kum finden, immer mehr zunehmen. Und das hat ein- sache volkswirthschaftliche Ursachen. Die Arbeitstheilung zwischen Produktion und Vertrieb ermöglicht bessere Pro- duktion und bessern Vertrieb. Die Magazine ent- sprechen dem heutigen Stande der Kapitalansammlung, der Technik, der Geschäftsorganisation. Die Magazine haben Kapital und Kredit, die Konjunkturen zu benutzen, sie bilden, wo sie nicht selbst produziren, für die Fabriken oder kleinen Produzenten sichere, zahlungsfähige Abneh- mer; sie kaufen, wenn sie selbst produziren lassen, die Roh- und Hülfsstoffe billig im Großen ein. Sie liefern billigere Waaren als früher, sie bieten dem Publikum die große Auswahl zwischen fertigen Produkten, die es wünscht. Die Waarenvorräthe, welche sie halten, können als eine Art Reservefonds für das ganze Volk betrachtet werden. Sind nur die Verhältnisse richtig geordnet, so werden Preise und Betrieb durch die Magazine eher gleichmäßiger, Krisen seltener. Das Magazin hält eine Mißgunst der Konjunktur eher aus, als der kleine Meister; es wird auf Vorrath arbeiten lassen, gerade wenn die Löhne gedrückt sind.
Das Verhältniß der Magazine zu den Arbeitern ist sehr verschieden. Einzelne haben eigene Arbeits- räume, wo sie Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigen; sie sind ganz auf dem Fuß einer Fabrik eingerichtet; der Arbeiter hier unterscheidet sich nur darin vom
Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr.
zuzugeben iſt, daß das Magazinſyſtem heute eine volks- wirthſchaftliche Nothwendigkeit iſt.
Der beſte Beweis hiefür iſt, daß ſie trotz aller Klagen über ſchlechte Waaren ein immer größeres Publi- kum finden, immer mehr zunehmen. Und das hat ein- ſache volkswirthſchaftliche Urſachen. Die Arbeitstheilung zwiſchen Produktion und Vertrieb ermöglicht beſſere Pro- duktion und beſſern Vertrieb. Die Magazine ent- ſprechen dem heutigen Stande der Kapitalanſammlung, der Technik, der Geſchäftsorganiſation. Die Magazine haben Kapital und Kredit, die Konjunkturen zu benutzen, ſie bilden, wo ſie nicht ſelbſt produziren, für die Fabriken oder kleinen Produzenten ſichere, zahlungsfähige Abneh- mer; ſie kaufen, wenn ſie ſelbſt produziren laſſen, die Roh- und Hülfsſtoffe billig im Großen ein. Sie liefern billigere Waaren als früher, ſie bieten dem Publikum die große Auswahl zwiſchen fertigen Produkten, die es wünſcht. Die Waarenvorräthe, welche ſie halten, können als eine Art Reſervefonds für das ganze Volk betrachtet werden. Sind nur die Verhältniſſe richtig geordnet, ſo werden Preiſe und Betrieb durch die Magazine eher gleichmäßiger, Kriſen ſeltener. Das Magazin hält eine Mißgunſt der Konjunktur eher aus, als der kleine Meiſter; es wird auf Vorrath arbeiten laſſen, gerade wenn die Löhne gedrückt ſind.
Das Verhältniß der Magazine zu den Arbeitern iſt ſehr verſchieden. Einzelne haben eigene Arbeits- räume, wo ſie Arbeiter und Arbeiterinnen beſchäftigen; ſie ſind ganz auf dem Fuß einer Fabrik eingerichtet; der Arbeiter hier unterſcheidet ſich nur darin vom
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0254"n="232"/><fwplace="top"type="header">Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr.</fw><lb/>
zuzugeben iſt, daß das Magazinſyſtem heute eine volks-<lb/>
wirthſchaftliche Nothwendigkeit iſt.</p><lb/><p>Der beſte Beweis hiefür iſt, daß ſie trotz aller<lb/>
Klagen über ſchlechte Waaren ein immer größeres Publi-<lb/>
kum finden, immer mehr zunehmen. Und das hat ein-<lb/>ſache volkswirthſchaftliche Urſachen. Die Arbeitstheilung<lb/>
zwiſchen Produktion und Vertrieb ermöglicht beſſere Pro-<lb/>
duktion und beſſern Vertrieb. Die Magazine ent-<lb/>ſprechen dem heutigen Stande der Kapitalanſammlung,<lb/>
der Technik, der Geſchäftsorganiſation. Die Magazine<lb/>
haben Kapital und Kredit, die Konjunkturen zu benutzen,<lb/>ſie bilden, wo ſie nicht ſelbſt produziren, für die Fabriken<lb/>
oder kleinen Produzenten ſichere, zahlungsfähige Abneh-<lb/>
mer; ſie kaufen, wenn ſie ſelbſt produziren laſſen, die<lb/>
Roh- und Hülfsſtoffe billig im Großen ein. Sie liefern<lb/>
billigere Waaren als früher, ſie bieten dem Publikum<lb/>
die große Auswahl zwiſchen fertigen Produkten, die es<lb/>
wünſcht. Die Waarenvorräthe, welche ſie halten, können<lb/>
als eine Art Reſervefonds für das ganze Volk betrachtet<lb/>
werden. Sind nur die Verhältniſſe richtig geordnet, ſo<lb/>
werden Preiſe und Betrieb durch die Magazine eher<lb/>
gleichmäßiger, Kriſen ſeltener. Das Magazin hält eine<lb/>
Mißgunſt der Konjunktur eher aus, als der kleine<lb/>
Meiſter; es wird auf Vorrath arbeiten laſſen, gerade<lb/>
wenn die Löhne gedrückt ſind.</p><lb/><p>Das Verhältniß der Magazine zu den Arbeitern<lb/>
iſt ſehr verſchieden. Einzelne haben eigene Arbeits-<lb/>
räume, wo ſie Arbeiter und Arbeiterinnen beſchäftigen;<lb/>ſie ſind ganz auf dem Fuß einer Fabrik eingerichtet;<lb/>
der Arbeiter hier unterſcheidet ſich nur darin vom<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[232/0254]
Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr.
zuzugeben iſt, daß das Magazinſyſtem heute eine volks-
wirthſchaftliche Nothwendigkeit iſt.
Der beſte Beweis hiefür iſt, daß ſie trotz aller
Klagen über ſchlechte Waaren ein immer größeres Publi-
kum finden, immer mehr zunehmen. Und das hat ein-
ſache volkswirthſchaftliche Urſachen. Die Arbeitstheilung
zwiſchen Produktion und Vertrieb ermöglicht beſſere Pro-
duktion und beſſern Vertrieb. Die Magazine ent-
ſprechen dem heutigen Stande der Kapitalanſammlung,
der Technik, der Geſchäftsorganiſation. Die Magazine
haben Kapital und Kredit, die Konjunkturen zu benutzen,
ſie bilden, wo ſie nicht ſelbſt produziren, für die Fabriken
oder kleinen Produzenten ſichere, zahlungsfähige Abneh-
mer; ſie kaufen, wenn ſie ſelbſt produziren laſſen, die
Roh- und Hülfsſtoffe billig im Großen ein. Sie liefern
billigere Waaren als früher, ſie bieten dem Publikum
die große Auswahl zwiſchen fertigen Produkten, die es
wünſcht. Die Waarenvorräthe, welche ſie halten, können
als eine Art Reſervefonds für das ganze Volk betrachtet
werden. Sind nur die Verhältniſſe richtig geordnet, ſo
werden Preiſe und Betrieb durch die Magazine eher
gleichmäßiger, Kriſen ſeltener. Das Magazin hält eine
Mißgunſt der Konjunktur eher aus, als der kleine
Meiſter; es wird auf Vorrath arbeiten laſſen, gerade
wenn die Löhne gedrückt ſind.
Das Verhältniß der Magazine zu den Arbeitern
iſt ſehr verſchieden. Einzelne haben eigene Arbeits-
räume, wo ſie Arbeiter und Arbeiterinnen beſchäftigen;
ſie ſind ganz auf dem Fuß einer Fabrik eingerichtet;
der Arbeiter hier unterſcheidet ſich nur darin vom
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/254>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.