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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Das Verhältniß der Magazine zur Produktion.
gewöhnlichen Fabrikarbeiter, daß er ein gelernter Hand-
werker ist, dem entsprechend eine andere Stellung und
andern Lohn beansprucht.

Andere Magazine sind ganz oder fast ausschließlich
auf Einkauf fertiger Produkte, fertiger Lederwaaren, fertiger
Kleider eingerichtet. Sie beziehen dieselben von Fabriken
oder von verschiedenen Handwerksgeschäften, welche selb-
ständig die Rohstoffe einkaufen und verarbeiten, welche
sich ausschließlich auf einzelne Spezialitäten, z. B. auf
die ausschließliche Anfertigung von Damenmänteln werfen.
Solche Handwerker arbeiten dann für eine Reihe von
Magazinen, oft für Magazine an verschiedenen Orten.
Ihre Geschäfte vervollkommnen sich technisch, sind durch
ihren Absatz an verschiedene Magazine unabhängig; sie
machen häufig gute Geschäfte; es ist kein allzugroßes
Kapital zum Beginne nöthig. In dieser Weise hat sich
in Thüringen und ganz Mitteldeutschland vielfach die
Schuhmacherei gestaltet. Die kleinen Meister kaufen
selbst das Leder -- besonders da, wo Rohstoffgenossen-
schaften ihnen das erleichtern -- und verkaufen die fer-
tige Waare an die Magazine.

Häufig aber beschäftigen die Magazine die kleinen
Meister und Arbeiter so, daß sie den Rohstoff liefern,
den Arbeiter in seiner eignen Wohnung arbeiten lassen,
ihm nur die Arbeit bezahlen. Von solchen Verhält-
nissen hauptsächlich geht die vielfach verbreitete Meinung
aus, als ob das Magazinsystem an sich identisch sei mit
Lohnherabdrückung, mit blutiger Aussaugung des Arbeiter-
standes. Diese Meinung irrt in ihrer Allgemeinheit
schon deshalb, weil das Magazinsystem ganz verschiedene

Das Verhältniß der Magazine zur Produktion.
gewöhnlichen Fabrikarbeiter, daß er ein gelernter Hand-
werker iſt, dem entſprechend eine andere Stellung und
andern Lohn beanſprucht.

Andere Magazine ſind ganz oder faſt ausſchließlich
auf Einkauf fertiger Produkte, fertiger Lederwaaren, fertiger
Kleider eingerichtet. Sie beziehen dieſelben von Fabriken
oder von verſchiedenen Handwerksgeſchäften, welche ſelb-
ſtändig die Rohſtoffe einkaufen und verarbeiten, welche
ſich ausſchließlich auf einzelne Spezialitäten, z. B. auf
die ausſchließliche Anfertigung von Damenmänteln werfen.
Solche Handwerker arbeiten dann für eine Reihe von
Magazinen, oft für Magazine an verſchiedenen Orten.
Ihre Geſchäfte vervollkommnen ſich techniſch, ſind durch
ihren Abſatz an verſchiedene Magazine unabhängig; ſie
machen häufig gute Geſchäfte; es iſt kein allzugroßes
Kapital zum Beginne nöthig. In dieſer Weiſe hat ſich
in Thüringen und ganz Mitteldeutſchland vielfach die
Schuhmacherei geſtaltet. Die kleinen Meiſter kaufen
ſelbſt das Leder — beſonders da, wo Rohſtoffgenoſſen-
ſchaften ihnen das erleichtern — und verkaufen die fer-
tige Waare an die Magazine.

Häufig aber beſchäftigen die Magazine die kleinen
Meiſter und Arbeiter ſo, daß ſie den Rohſtoff liefern,
den Arbeiter in ſeiner eignen Wohnung arbeiten laſſen,
ihm nur die Arbeit bezahlen. Von ſolchen Verhält-
niſſen hauptſächlich geht die vielfach verbreitete Meinung
aus, als ob das Magazinſyſtem an ſich identiſch ſei mit
Lohnherabdrückung, mit blutiger Ausſaugung des Arbeiter-
ſtandes. Dieſe Meinung irrt in ihrer Allgemeinheit
ſchon deshalb, weil das Magazinſyſtem ganz verſchiedene

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[233/0255] Das Verhältniß der Magazine zur Produktion. gewöhnlichen Fabrikarbeiter, daß er ein gelernter Hand- werker iſt, dem entſprechend eine andere Stellung und andern Lohn beanſprucht. Andere Magazine ſind ganz oder faſt ausſchließlich auf Einkauf fertiger Produkte, fertiger Lederwaaren, fertiger Kleider eingerichtet. Sie beziehen dieſelben von Fabriken oder von verſchiedenen Handwerksgeſchäften, welche ſelb- ſtändig die Rohſtoffe einkaufen und verarbeiten, welche ſich ausſchließlich auf einzelne Spezialitäten, z. B. auf die ausſchließliche Anfertigung von Damenmänteln werfen. Solche Handwerker arbeiten dann für eine Reihe von Magazinen, oft für Magazine an verſchiedenen Orten. Ihre Geſchäfte vervollkommnen ſich techniſch, ſind durch ihren Abſatz an verſchiedene Magazine unabhängig; ſie machen häufig gute Geſchäfte; es iſt kein allzugroßes Kapital zum Beginne nöthig. In dieſer Weiſe hat ſich in Thüringen und ganz Mitteldeutſchland vielfach die Schuhmacherei geſtaltet. Die kleinen Meiſter kaufen ſelbſt das Leder — beſonders da, wo Rohſtoffgenoſſen- ſchaften ihnen das erleichtern — und verkaufen die fer- tige Waare an die Magazine. Häufig aber beſchäftigen die Magazine die kleinen Meiſter und Arbeiter ſo, daß ſie den Rohſtoff liefern, den Arbeiter in ſeiner eignen Wohnung arbeiten laſſen, ihm nur die Arbeit bezahlen. Von ſolchen Verhält- niſſen hauptſächlich geht die vielfach verbreitete Meinung aus, als ob das Magazinſyſtem an ſich identiſch ſei mit Lohnherabdrückung, mit blutiger Ausſaugung des Arbeiter- ſtandes. Dieſe Meinung irrt in ihrer Allgemeinheit ſchon deshalb, weil das Magazinſyſtem ganz verſchiedene

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/255>, abgerufen am 24.11.2024.