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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die neueste Zunahme des Hausirhandels.
gleichbleibender Gesetzgebung zunahm, erklärt, warum
bei einer Erleichterung des Hausirhandels durch eine
liberalere Gesetzgebung der Zudrang ein so großer ist,
obwohl damit nicht geleugnet werden soll, daß, wenn
eine solche Gesetzesänderung eintritt, auch eine Reihe
unlauterer Motive, sowie die steigende Zahl der Bevöl-
kerung an sich zur Ausdehnung mitwirken.

Die Zahl der jährlich in Preußen nachgesuchten
und ertheilten Hausirscheine ist mir leider nur für ein-
zelne Jahre bekannt. Die Zahlen der in der amtlichen
Statistik seit 1837 angeführten Gewerbetreibenden dieser
Art sind mir zu einem strengen Beweis nicht ganz un-
verdächtig; denn einmal stimmen sie nicht überein mit
der Zahl der aus einzelnen Jahren mir bekannten
Hausirscheine; das hat wohl seinen Grund darin, daß
nur die ausschließlich als Hausirer lebenden Personen in
der Gewerbetabelle unter dieser Rubrik gezählt werden.
Dann ist die aufzunehmende Kategorie aber auch nicht
immer gleich gefaßt gewesen. Immerhin will ich die
Zahlen mittheilen und versuchen, zu folgern, was sie
ungefähr enthalten.

Die aufzunehmende Kategorie lautete zuerst1
"herumziehende Krämer," später "herumziehende Krämer
und Lumpensammler;" die Pferde- und Viehhändler
waren nicht darunter; sie machen 1858 noch eine beson-
dere Kategorie aus (12112 Personen zusammen mit
Kohlen-, Pech-, Theerhändlern und Trödlern). Im

1 Dieterici, statist. Uebersicht. 2te Forts. S. 617.

Die neueſte Zunahme des Hauſirhandels.
gleichbleibender Geſetzgebung zunahm, erklärt, warum
bei einer Erleichterung des Hauſirhandels durch eine
liberalere Geſetzgebung der Zudrang ein ſo großer iſt,
obwohl damit nicht geleugnet werden ſoll, daß, wenn
eine ſolche Geſetzesänderung eintritt, auch eine Reihe
unlauterer Motive, ſowie die ſteigende Zahl der Bevöl-
kerung an ſich zur Ausdehnung mitwirken.

Die Zahl der jährlich in Preußen nachgeſuchten
und ertheilten Hauſirſcheine iſt mir leider nur für ein-
zelne Jahre bekannt. Die Zahlen der in der amtlichen
Statiſtik ſeit 1837 angeführten Gewerbetreibenden dieſer
Art ſind mir zu einem ſtrengen Beweis nicht ganz un-
verdächtig; denn einmal ſtimmen ſie nicht überein mit
der Zahl der aus einzelnen Jahren mir bekannten
Hauſirſcheine; das hat wohl ſeinen Grund darin, daß
nur die ausſchließlich als Hauſirer lebenden Perſonen in
der Gewerbetabelle unter dieſer Rubrik gezählt werden.
Dann iſt die aufzunehmende Kategorie aber auch nicht
immer gleich gefaßt geweſen. Immerhin will ich die
Zahlen mittheilen und verſuchen, zu folgern, was ſie
ungefähr enthalten.

Die aufzunehmende Kategorie lautete zuerſt1
„herumziehende Krämer,“ ſpäter „herumziehende Krämer
und Lumpenſammler;“ die Pferde- und Viehhändler
waren nicht darunter; ſie machen 1858 noch eine beſon-
dere Kategorie aus (12112 Perſonen zuſammen mit
Kohlen-, Pech-, Theerhändlern und Trödlern). Im

1 Dieterici, ſtatiſt. Ueberſicht. 2te Fortſ. S. 617.
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[245/0267] Die neueſte Zunahme des Hauſirhandels. gleichbleibender Geſetzgebung zunahm, erklärt, warum bei einer Erleichterung des Hauſirhandels durch eine liberalere Geſetzgebung der Zudrang ein ſo großer iſt, obwohl damit nicht geleugnet werden ſoll, daß, wenn eine ſolche Geſetzesänderung eintritt, auch eine Reihe unlauterer Motive, ſowie die ſteigende Zahl der Bevöl- kerung an ſich zur Ausdehnung mitwirken. Die Zahl der jährlich in Preußen nachgeſuchten und ertheilten Hauſirſcheine iſt mir leider nur für ein- zelne Jahre bekannt. Die Zahlen der in der amtlichen Statiſtik ſeit 1837 angeführten Gewerbetreibenden dieſer Art ſind mir zu einem ſtrengen Beweis nicht ganz un- verdächtig; denn einmal ſtimmen ſie nicht überein mit der Zahl der aus einzelnen Jahren mir bekannten Hauſirſcheine; das hat wohl ſeinen Grund darin, daß nur die ausſchließlich als Hauſirer lebenden Perſonen in der Gewerbetabelle unter dieſer Rubrik gezählt werden. Dann iſt die aufzunehmende Kategorie aber auch nicht immer gleich gefaßt geweſen. Immerhin will ich die Zahlen mittheilen und verſuchen, zu folgern, was ſie ungefähr enthalten. Die aufzunehmende Kategorie lautete zuerſt 1 „herumziehende Krämer,“ ſpäter „herumziehende Krämer und Lumpenſammler;“ die Pferde- und Viehhändler waren nicht darunter; ſie machen 1858 noch eine beſon- dere Kategorie aus (12112 Perſonen zuſammen mit Kohlen-, Pech-, Theerhändlern und Trödlern). Im 1 Dieterici, ſtatiſt. Ueberſicht. 2te Fortſ. S. 617.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/267>, abgerufen am 24.11.2024.