Personalstatistik ohne Statistik der technischen Hülfs- mittel und des Umsatzes? Die ältern einfachen Kate- gorien "Meister und Gehülfen" passen auf heutige Zu- stände nicht mehr ganz, erschöpfen sie wenigstens nicht. Vielfach sind heute verschiedene Handwerke in Gesammt- unternehmungen vereinigt; dasselbe Geschäft treibt Pelz- handel, Hutfabrikation, Handschuhmacherei. Dadurch und durch andere solche Verhältnisse entsteht eine Reihe von Schwierigkeiten, Bedenken, Unkorrektheiten. Nur bei einer möglichst genauen Kenntniß der realen gewerb- lichen Verhältnisse, um die es sich handelt, wie der Art der Aufnahmen werden sich die Irrthümer, die noth- wendige Folge dieser Mißstände sind, nicht ganz, aber doch einigermaßen vermeiden lassen.
Der allgemeine Werth der Aufnahmen unterliegt neben diesen speziellen Bedenken noch dem Zweifel, der aus einer Vergleichung mit der Aufnahme der Bevölke- rungstabellen hervorgeht. Die Bevölkerungsaufnahmen haben sich successiv verbessert, eine wissenschaftlich bear- beitete Technik der Aufnahmen hat sich gebildet; die Selbstangaben in den Haus- oder Haushaltungslisten sind glaubwürdige Zeugnisse der betreffenden Personen über einfache verständliche Fragen. So sind die Gewerbe- tabellen nicht aufgenommen; sie stützen sich meist nicht auf Selbstangaben; schon die Rubriken der Tabellen sind zu komplizirt, um die Leute sie selbst ausfüllen zu lassen. Die Ausfüllung der ersten Tabellen fällt in die Hand von Lokalbehörden (Orts- oder Kreisvorstän- den), bei denen oftmals die gehörige Einsicht, öfter vielleicht noch der gehörige Wille fehlt. Für die Ver-
Einleitung.
Perſonalſtatiſtik ohne Statiſtik der techniſchen Hülfs- mittel und des Umſatzes? Die ältern einfachen Kate- gorien „Meiſter und Gehülfen“ paſſen auf heutige Zu- ſtände nicht mehr ganz, erſchöpfen ſie wenigſtens nicht. Vielfach ſind heute verſchiedene Handwerke in Geſammt- unternehmungen vereinigt; daſſelbe Geſchäft treibt Pelz- handel, Hutfabrikation, Handſchuhmacherei. Dadurch und durch andere ſolche Verhältniſſe entſteht eine Reihe von Schwierigkeiten, Bedenken, Unkorrektheiten. Nur bei einer möglichſt genauen Kenntniß der realen gewerb- lichen Verhältniſſe, um die es ſich handelt, wie der Art der Aufnahmen werden ſich die Irrthümer, die noth- wendige Folge dieſer Mißſtände ſind, nicht ganz, aber doch einigermaßen vermeiden laſſen.
Der allgemeine Werth der Aufnahmen unterliegt neben dieſen ſpeziellen Bedenken noch dem Zweifel, der aus einer Vergleichung mit der Aufnahme der Bevölke- rungstabellen hervorgeht. Die Bevölkerungsaufnahmen haben ſich ſucceſſiv verbeſſert, eine wiſſenſchaftlich bear- beitete Technik der Aufnahmen hat ſich gebildet; die Selbſtangaben in den Haus- oder Haushaltungsliſten ſind glaubwürdige Zeugniſſe der betreffenden Perſonen über einfache verſtändliche Fragen. So ſind die Gewerbe- tabellen nicht aufgenommen; ſie ſtützen ſich meiſt nicht auf Selbſtangaben; ſchon die Rubriken der Tabellen ſind zu komplizirt, um die Leute ſie ſelbſt ausfüllen zu laſſen. Die Ausfüllung der erſten Tabellen fällt in die Hand von Lokalbehörden (Orts- oder Kreisvorſtän- den), bei denen oftmals die gehörige Einſicht, öfter vielleicht noch der gehörige Wille fehlt. Für die Ver-
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Einleitung.
Perſonalſtatiſtik ohne Statiſtik der techniſchen Hülfs-
mittel und des Umſatzes? Die ältern einfachen Kate-
gorien „Meiſter und Gehülfen“ paſſen auf heutige Zu-
ſtände nicht mehr ganz, erſchöpfen ſie wenigſtens nicht.
Vielfach ſind heute verſchiedene Handwerke in Geſammt-
unternehmungen vereinigt; daſſelbe Geſchäft treibt Pelz-
handel, Hutfabrikation, Handſchuhmacherei. Dadurch
und durch andere ſolche Verhältniſſe entſteht eine Reihe
von Schwierigkeiten, Bedenken, Unkorrektheiten. Nur
bei einer möglichſt genauen Kenntniß der realen gewerb-
lichen Verhältniſſe, um die es ſich handelt, wie der
Art der Aufnahmen werden ſich die Irrthümer, die noth-
wendige Folge dieſer Mißſtände ſind, nicht ganz, aber
doch einigermaßen vermeiden laſſen.
Der allgemeine Werth der Aufnahmen unterliegt
neben dieſen ſpeziellen Bedenken noch dem Zweifel, der
aus einer Vergleichung mit der Aufnahme der Bevölke-
rungstabellen hervorgeht. Die Bevölkerungsaufnahmen
haben ſich ſucceſſiv verbeſſert, eine wiſſenſchaftlich bear-
beitete Technik der Aufnahmen hat ſich gebildet; die
Selbſtangaben in den Haus- oder Haushaltungsliſten
ſind glaubwürdige Zeugniſſe der betreffenden Perſonen
über einfache verſtändliche Fragen. So ſind die Gewerbe-
tabellen nicht aufgenommen; ſie ſtützen ſich meiſt nicht
auf Selbſtangaben; ſchon die Rubriken der Tabellen
ſind zu komplizirt, um die Leute ſie ſelbſt ausfüllen
zu laſſen. Die Ausfüllung der erſten Tabellen fällt in
die Hand von Lokalbehörden (Orts- oder Kreisvorſtän-
den), bei denen oftmals die gehörige Einſicht, öfter
vielleicht noch der gehörige Wille fehlt. Für die Ver-
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/30>, abgerufen am 23.11.2024.
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