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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Licht- und Schattenseiten der großen Gehülfenzahl.
als es überhaupt Meister giebt, wirklich die Aussicht
auf die Meisterstelle eröffnet werden können." Wenn
man die Rechnung nur auf die Lehrlinge beschränkt, so
wird sie noch klarer. "Ein Meister" -- sagt Hoffmann
an anderer Stelle1 -- "unterhalte nur einen Lehrling
gleichzeitig, so wird er doch von seinem dreißigsten bis
zu seinem sechzigsten Lebensjahre bei vierjähriger Lehrzeit
sieben auslernen können, wovon endlich doch nur einer
ihn dereinst als Meister ersetzen kann. Rechnet man
auch darauf, daß während eines Zeitraums von dreißig
Jahren die Bevölkerung ungefähr um fünfzig auf hun-
dert wächst, daß also in demselben Verhältnisse auch
statt zwei jetzigen Meistern nach dreißig Jahren drei
zur Befriedigung der Bedürfnisse des Volkes nöthig sein
werden, und daß auch in den Gesellenjahren einige zum
Handwerke Angelernte sterben, so wird man doch immer
für Fünfe von jenen Sieben keine Aussicht auf anstän-
digen Erwerb als Meister eröffnen können. In die-
sem selten klar genug erkannten Verhältnisse liegt die
Unhaltbarkeit der Zunftverfassung und der seit Jahr-
hunderten fortdauernden Beschwerden über unverbesser-
liche Mißbräuche der zünftigen Handwerker."

Je nachdem man eine Zunahme der Meister für
möglich oder wahrscheinlich hält, je nachdem man
die mittlere Lebensdauer der Meister setzt und eine
Sterblichkeit unter den Lehrlingen und Gesellen annimmt,
wird die Rechnung etwas anders, aber in der Haupt-
sache bleibt die Frage dieselbe.

1 Die Befugniß zum Gewerbebetrieb S. 131.
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Licht- und Schattenſeiten der großen Gehülfenzahl.
als es überhaupt Meiſter giebt, wirklich die Ausſicht
auf die Meiſterſtelle eröffnet werden können.“ Wenn
man die Rechnung nur auf die Lehrlinge beſchränkt, ſo
wird ſie noch klarer. „Ein Meiſter“ — ſagt Hoffmann
an anderer Stelle1 — „unterhalte nur einen Lehrling
gleichzeitig, ſo wird er doch von ſeinem dreißigſten bis
zu ſeinem ſechzigſten Lebensjahre bei vierjähriger Lehrzeit
ſieben auslernen können, wovon endlich doch nur einer
ihn dereinſt als Meiſter erſetzen kann. Rechnet man
auch darauf, daß während eines Zeitraums von dreißig
Jahren die Bevölkerung ungefähr um fünfzig auf hun-
dert wächſt, daß alſo in demſelben Verhältniſſe auch
ſtatt zwei jetzigen Meiſtern nach dreißig Jahren drei
zur Befriedigung der Bedürfniſſe des Volkes nöthig ſein
werden, und daß auch in den Geſellenjahren einige zum
Handwerke Angelernte ſterben, ſo wird man doch immer
für Fünfe von jenen Sieben keine Ausſicht auf anſtän-
digen Erwerb als Meiſter eröffnen können. In die-
ſem ſelten klar genug erkannten Verhältniſſe liegt die
Unhaltbarkeit der Zunftverfaſſung und der ſeit Jahr-
hunderten fortdauernden Beſchwerden über unverbeſſer-
liche Mißbräuche der zünftigen Handwerker.“

Je nachdem man eine Zunahme der Meiſter für
möglich oder wahrſcheinlich hält, je nachdem man
die mittlere Lebensdauer der Meiſter ſetzt und eine
Sterblichkeit unter den Lehrlingen und Geſellen annimmt,
wird die Rechnung etwas anders, aber in der Haupt-
ſache bleibt die Frage dieſelbe.

1 Die Befugniß zum Gewerbebetrieb S. 131.
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[339/0361] Licht- und Schattenſeiten der großen Gehülfenzahl. als es überhaupt Meiſter giebt, wirklich die Ausſicht auf die Meiſterſtelle eröffnet werden können.“ Wenn man die Rechnung nur auf die Lehrlinge beſchränkt, ſo wird ſie noch klarer. „Ein Meiſter“ — ſagt Hoffmann an anderer Stelle 1 — „unterhalte nur einen Lehrling gleichzeitig, ſo wird er doch von ſeinem dreißigſten bis zu ſeinem ſechzigſten Lebensjahre bei vierjähriger Lehrzeit ſieben auslernen können, wovon endlich doch nur einer ihn dereinſt als Meiſter erſetzen kann. Rechnet man auch darauf, daß während eines Zeitraums von dreißig Jahren die Bevölkerung ungefähr um fünfzig auf hun- dert wächſt, daß alſo in demſelben Verhältniſſe auch ſtatt zwei jetzigen Meiſtern nach dreißig Jahren drei zur Befriedigung der Bedürfniſſe des Volkes nöthig ſein werden, und daß auch in den Geſellenjahren einige zum Handwerke Angelernte ſterben, ſo wird man doch immer für Fünfe von jenen Sieben keine Ausſicht auf anſtän- digen Erwerb als Meiſter eröffnen können. In die- ſem ſelten klar genug erkannten Verhältniſſe liegt die Unhaltbarkeit der Zunftverfaſſung und der ſeit Jahr- hunderten fortdauernden Beſchwerden über unverbeſſer- liche Mißbräuche der zünftigen Handwerker.“ Je nachdem man eine Zunahme der Meiſter für möglich oder wahrſcheinlich hält, je nachdem man die mittlere Lebensdauer der Meiſter ſetzt und eine Sterblichkeit unter den Lehrlingen und Geſellen annimmt, wird die Rechnung etwas anders, aber in der Haupt- ſache bleibt die Frage dieſelbe. 1 Die Befugniß zum Gewerbebetrieb S. 131. 22 *

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/361>, abgerufen am 23.11.2024.