Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Großbetrieb in den Nahrungsgewerben.
eine Branntweinbrennerei haben je nur gegen 3, eine
Essigfabrik, eine Fabrik für eingedickte Pflanzensäfte, eine
Fleischpökelei durchschnittlich nur gegen 2 Personen zur
Verfügung; auf eine preußische Mühle kommen noch
nicht 2 Personen nach der Aufnahme von 1861. Wenn
wir nur auf den Durchschnitt sehen, also lauter Ge-
schäfte, die den Grenzen des kleinern Betriebs noch nicht
oder kaum entwachsen sind.

In gewissem Sinne kann jede solche Durchschnitts-
zahl freilich trügen; sie kann das Produkt einer großen
Zahl mittlerer Geschäfte, wie das Produkt ganz großer
und ganz kleiner Unternehmungen sein. Mehr oder
weniger ist das letztere der Fall bei den Mühlen, den
Brauereien und Brennereien.

Im Mühlenwesen drängen zwei Ursachen auf
größere technisch verbesserte Einrichtungen. Der Mehl-
handel im Großen gewinnt eine immer steigende Bedeu-
tung gegenüber dem Getreidehandel. Nicht bloß die
große amerikanische und deutsche Einfuhr nach England
zeigt mehr und mehr statt des Getreides Mehl, auch
der deutsche Provinzialhandel geht schon vielfach auf
Mehl über. Bedeutende Massen Weizenmehl werden in
der Mark aus schlesischen, posenschen und preußischen
Mühlen bezogen. In Berlin wurden 1866 - 438949
Zentner Weizenmehl und 545204 Zentner Roggenmehl
eingeführt, in Berlin selbst gemahlen nur 118465 Zentner
Weizenkörner und 215718 Zentner Roggenkörner.1 Zu

1 Meyer, Bericht über den Getreide- etc. Handel in
Berlin im Jahre 1866. Berlin 1867. S. 11.

Der Großbetrieb in den Nahrungsgewerben.
eine Branntweinbrennerei haben je nur gegen 3, eine
Eſſigfabrik, eine Fabrik für eingedickte Pflanzenſäfte, eine
Fleiſchpökelei durchſchnittlich nur gegen 2 Perſonen zur
Verfügung; auf eine preußiſche Mühle kommen noch
nicht 2 Perſonen nach der Aufnahme von 1861. Wenn
wir nur auf den Durchſchnitt ſehen, alſo lauter Ge-
ſchäfte, die den Grenzen des kleinern Betriebs noch nicht
oder kaum entwachſen ſind.

In gewiſſem Sinne kann jede ſolche Durchſchnitts-
zahl freilich trügen; ſie kann das Produkt einer großen
Zahl mittlerer Geſchäfte, wie das Produkt ganz großer
und ganz kleiner Unternehmungen ſein. Mehr oder
weniger iſt das letztere der Fall bei den Mühlen, den
Brauereien und Brennereien.

Im Mühlenweſen drängen zwei Urſachen auf
größere techniſch verbeſſerte Einrichtungen. Der Mehl-
handel im Großen gewinnt eine immer ſteigende Bedeu-
tung gegenüber dem Getreidehandel. Nicht bloß die
große amerikaniſche und deutſche Einfuhr nach England
zeigt mehr und mehr ſtatt des Getreides Mehl, auch
der deutſche Provinzialhandel geht ſchon vielfach auf
Mehl über. Bedeutende Maſſen Weizenmehl werden in
der Mark aus ſchleſiſchen, poſenſchen und preußiſchen
Mühlen bezogen. In Berlin wurden 1866 - 438949
Zentner Weizenmehl und 545204 Zentner Roggenmehl
eingeführt, in Berlin ſelbſt gemahlen nur 118465 Zentner
Weizenkörner und 215718 Zentner Roggenkörner.1 Zu

1 Meyer, Bericht über den Getreide- ꝛc. Handel in
Berlin im Jahre 1866. Berlin 1867. S. 11.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0419" n="397"/><fw place="top" type="header">Der Großbetrieb in den Nahrungsgewerben.</fw><lb/>
eine Branntweinbrennerei haben je nur gegen 3, eine<lb/>
E&#x017F;&#x017F;igfabrik, eine Fabrik für eingedickte Pflanzen&#x017F;äfte, eine<lb/>
Flei&#x017F;chpökelei durch&#x017F;chnittlich nur gegen 2 Per&#x017F;onen zur<lb/>
Verfügung; auf eine preußi&#x017F;che Mühle kommen noch<lb/>
nicht 2 Per&#x017F;onen nach der Aufnahme von 1861. Wenn<lb/>
wir nur auf den Durch&#x017F;chnitt &#x017F;ehen, al&#x017F;o lauter Ge-<lb/>
&#x017F;chäfte, die den Grenzen des kleinern Betriebs noch nicht<lb/>
oder kaum entwach&#x017F;en &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>In gewi&#x017F;&#x017F;em Sinne kann jede &#x017F;olche Durch&#x017F;chnitts-<lb/>
zahl freilich trügen; &#x017F;ie kann das Produkt einer großen<lb/>
Zahl mittlerer Ge&#x017F;chäfte, wie das Produkt ganz großer<lb/>
und ganz kleiner Unternehmungen &#x017F;ein. Mehr oder<lb/>
weniger i&#x017F;t das letztere der Fall bei den Mühlen, den<lb/>
Brauereien und Brennereien.</p><lb/>
          <p>Im Mühlenwe&#x017F;en drängen zwei Ur&#x017F;achen auf<lb/>
größere techni&#x017F;ch verbe&#x017F;&#x017F;erte Einrichtungen. Der Mehl-<lb/>
handel im Großen gewinnt eine immer &#x017F;teigende Bedeu-<lb/>
tung gegenüber dem Getreidehandel. Nicht bloß die<lb/>
große amerikani&#x017F;che und deut&#x017F;che Einfuhr nach England<lb/>
zeigt mehr und mehr &#x017F;tatt des Getreides Mehl, auch<lb/>
der deut&#x017F;che Provinzialhandel geht &#x017F;chon vielfach auf<lb/>
Mehl über. Bedeutende Ma&#x017F;&#x017F;en Weizenmehl werden in<lb/>
der Mark aus &#x017F;chle&#x017F;i&#x017F;chen, po&#x017F;en&#x017F;chen und preußi&#x017F;chen<lb/>
Mühlen bezogen. In Berlin wurden 1866 - 438949<lb/>
Zentner Weizenmehl und 545204 Zentner Roggenmehl<lb/>
eingeführt, in Berlin &#x017F;elb&#x017F;t gemahlen nur 118465 Zentner<lb/>
Weizenkörner und 215718 Zentner Roggenkörner.<note place="foot" n="1">Meyer, Bericht über den Getreide- &#xA75B;c. Handel in<lb/>
Berlin im Jahre 1866. Berlin 1867. S. 11.</note> Zu<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[397/0419] Der Großbetrieb in den Nahrungsgewerben. eine Branntweinbrennerei haben je nur gegen 3, eine Eſſigfabrik, eine Fabrik für eingedickte Pflanzenſäfte, eine Fleiſchpökelei durchſchnittlich nur gegen 2 Perſonen zur Verfügung; auf eine preußiſche Mühle kommen noch nicht 2 Perſonen nach der Aufnahme von 1861. Wenn wir nur auf den Durchſchnitt ſehen, alſo lauter Ge- ſchäfte, die den Grenzen des kleinern Betriebs noch nicht oder kaum entwachſen ſind. In gewiſſem Sinne kann jede ſolche Durchſchnitts- zahl freilich trügen; ſie kann das Produkt einer großen Zahl mittlerer Geſchäfte, wie das Produkt ganz großer und ganz kleiner Unternehmungen ſein. Mehr oder weniger iſt das letztere der Fall bei den Mühlen, den Brauereien und Brennereien. Im Mühlenweſen drängen zwei Urſachen auf größere techniſch verbeſſerte Einrichtungen. Der Mehl- handel im Großen gewinnt eine immer ſteigende Bedeu- tung gegenüber dem Getreidehandel. Nicht bloß die große amerikaniſche und deutſche Einfuhr nach England zeigt mehr und mehr ſtatt des Getreides Mehl, auch der deutſche Provinzialhandel geht ſchon vielfach auf Mehl über. Bedeutende Maſſen Weizenmehl werden in der Mark aus ſchleſiſchen, poſenſchen und preußiſchen Mühlen bezogen. In Berlin wurden 1866 - 438949 Zentner Weizenmehl und 545204 Zentner Roggenmehl eingeführt, in Berlin ſelbſt gemahlen nur 118465 Zentner Weizenkörner und 215718 Zentner Roggenkörner. 1 Zu 1 Meyer, Bericht über den Getreide- ꝛc. Handel in Berlin im Jahre 1866. Berlin 1867. S. 11.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/419
Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/419>, abgerufen am 22.11.2024.