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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Branntweinbrennerei.

Die Branntweinbrennerei gehört nach der sozialen
Stellung der Unternehmer weniger dem gewerblichen
als dem landwirthschaftlichen Leben an. Aber ein paar
Worte mögen doch erlaubt sein.

Die preußische Branntweinbrennerei empfing ihren
Hauptimpuls durch die landwirthschaftliche Ueberproduk-
tion der zwanziger Jahre. In jener verkehrsarmen Zeit
war sie doppelt am Platz, um die untransportablen
Kartoffeln, auch das Getreide zu verwerthen. Es ent-
standen die vielen kleinen und vielfach unvollkommenen
Brennereien. Von 1831 ab nimmt, wohl auch in
Folge der verschärften Steuer, die Zahl der Brennereien
schon ab, die Gesammtproduktion steigt aber noch bis
1839; da erreicht die preußische Produktion den Höhe-
punkt von 197 Millionen Quart Branntwein oder 13,2
Quart pro Kopf der Bevölkerung.1 In den vierziger
Jahren kamen die schlechten Kartoffelernten hinzu; 1854
ist die Produktion gesunken bis auf 109 Mill. Quart.2
Die Rohstoffe sind theilweise schon einträglicher anders
zu verwerthen, die Branntweinpreise sind in Folge der
Ueberproduktion außerordentlich gefallen. Das Quart
kostete in leichten Pfennigen:3

1 Dieterici, statist. Uebers., erste Folge, 1842. S. 223.
2 Bienengräber, Statistik des Verkehrs und Verbrauchs
im Zollverein für die Jahre 1842 -- 64. Berlin 1868. S. 183.
3 J. G. Hoffmann, Darstellung des Zustandes, worin sich die
Bereitung und der Verbrauch des Branntweins in Bezug auf
staatswirthschaftliche und sittliche Verhältnisse dermalen im preußi-
schen Staate befindet, Sammlung kleiner Schriften. Berlin
1843, S. 448.
26 *
Die Branntweinbrennerei.

Die Branntweinbrennerei gehört nach der ſozialen
Stellung der Unternehmer weniger dem gewerblichen
als dem landwirthſchaftlichen Leben an. Aber ein paar
Worte mögen doch erlaubt ſein.

Die preußiſche Branntweinbrennerei empfing ihren
Hauptimpuls durch die landwirthſchaftliche Ueberproduk-
tion der zwanziger Jahre. In jener verkehrsarmen Zeit
war ſie doppelt am Platz, um die untransportablen
Kartoffeln, auch das Getreide zu verwerthen. Es ent-
ſtanden die vielen kleinen und vielfach unvollkommenen
Brennereien. Von 1831 ab nimmt, wohl auch in
Folge der verſchärften Steuer, die Zahl der Brennereien
ſchon ab, die Geſammtproduktion ſteigt aber noch bis
1839; da erreicht die preußiſche Produktion den Höhe-
punkt von 197 Millionen Quart Branntwein oder 13,2
Quart pro Kopf der Bevölkerung.1 In den vierziger
Jahren kamen die ſchlechten Kartoffelernten hinzu; 1854
iſt die Produktion geſunken bis auf 109 Mill. Quart.2
Die Rohſtoffe ſind theilweiſe ſchon einträglicher anders
zu verwerthen, die Branntweinpreiſe ſind in Folge der
Ueberproduktion außerordentlich gefallen. Das Quart
koſtete in leichten Pfennigen:3

1 Dieterici, ſtatiſt. Ueberſ., erſte Folge, 1842. S. 223.
2 Bienengräber, Statiſtik des Verkehrs und Verbrauchs
im Zollverein für die Jahre 1842 — 64. Berlin 1868. S. 183.
3 J. G. Hoffmann, Darſtellung des Zuſtandes, worin ſich die
Bereitung und der Verbrauch des Branntweins in Bezug auf
ſtaatswirthſchaftliche und ſittliche Verhältniſſe dermalen im preußi-
ſchen Staate befindet, Sammlung kleiner Schriften. Berlin
1843, S. 448.
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[403/0425] Die Branntweinbrennerei. Die Branntweinbrennerei gehört nach der ſozialen Stellung der Unternehmer weniger dem gewerblichen als dem landwirthſchaftlichen Leben an. Aber ein paar Worte mögen doch erlaubt ſein. Die preußiſche Branntweinbrennerei empfing ihren Hauptimpuls durch die landwirthſchaftliche Ueberproduk- tion der zwanziger Jahre. In jener verkehrsarmen Zeit war ſie doppelt am Platz, um die untransportablen Kartoffeln, auch das Getreide zu verwerthen. Es ent- ſtanden die vielen kleinen und vielfach unvollkommenen Brennereien. Von 1831 ab nimmt, wohl auch in Folge der verſchärften Steuer, die Zahl der Brennereien ſchon ab, die Geſammtproduktion ſteigt aber noch bis 1839; da erreicht die preußiſche Produktion den Höhe- punkt von 197 Millionen Quart Branntwein oder 13,2 Quart pro Kopf der Bevölkerung. 1 In den vierziger Jahren kamen die ſchlechten Kartoffelernten hinzu; 1854 iſt die Produktion geſunken bis auf 109 Mill. Quart. 2 Die Rohſtoffe ſind theilweiſe ſchon einträglicher anders zu verwerthen, die Branntweinpreiſe ſind in Folge der Ueberproduktion außerordentlich gefallen. Das Quart koſtete in leichten Pfennigen: 3 1 Dieterici, ſtatiſt. Ueberſ., erſte Folge, 1842. S. 223. 2 Bienengräber, Statiſtik des Verkehrs und Verbrauchs im Zollverein für die Jahre 1842 — 64. Berlin 1868. S. 183. 3 J. G. Hoffmann, Darſtellung des Zuſtandes, worin ſich die Bereitung und der Verbrauch des Branntweins in Bezug auf ſtaatswirthſchaftliche und ſittliche Verhältniſſe dermalen im preußi- ſchen Staate befindet, Sammlung kleiner Schriften. Berlin 1843, S. 448. 26 *

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/425>, abgerufen am 22.11.2024.