Erst mit einer veränderten Gewerbegesetzgebung, welche diese Mißbräuche beseitigte oder zu beseitigen erlaubte, nahm die Brauerei einen neuen Aufschwung, zeigte sich aber auch bald die Neigung zu größern Ge- schäften. Die Möglichkeit eines bedeutenden Absatzes in die Ferne ist vorhanden, die technischen Ansprüche an die gute Leitung einer Brauerei, wie an die Vollkommen- heit der Einrichtung haben sich immer mehr gesteigert. "Eine den heutigen Anforderungen entsprechende Kunst- brauerei" -- sagt Viebahn -- "bedarf nächst ausgedehn- ten Gebäuden eines umfassenden Systems von Apparaten und Maschinen zum Darren und zur Zerkleinerung des Malzes, zur Fortschaffung und zum Kochen des Malz- schrotes, eiserner Kühler in Verbindung mit Ventilatoren und Eiskühlung, welche eine für längere Dauer geeignete Untergährung auch bei wärmerer Witterung ermöglichen, Saccharometer zur genauen Beobachtung des Gährungs- laufes, ausgedehnter Eis- und Bierkeller. Die alten professionsmäßigen Brauereien sind der Konkurrenz mit diesen neuen planmäßig eingerichteten Fabriken im Bier- handel selten gewachsen, sie beschränken sich deshalb, da sie meistens auch Schenken haben, auf die Produktion für den eigenen Bedarf."
Letztere sind im Süden Deutschlands, am Rhein und in Westfalen noch zahlreicher; auch da vergrößern sich die einzelnen Geschäfte;1 bessere, theuerere Einrich- tungen werden gemacht; aber vielfach auch in kleinern mit Schank- und Gastwirthschaft verbundenen Geschäften.
1 Siehe württemberg. Jahrb. 1862 Heft 2. S. 230.
Die Bierbrauerei.
Erſt mit einer veränderten Gewerbegeſetzgebung, welche dieſe Mißbräuche beſeitigte oder zu beſeitigen erlaubte, nahm die Brauerei einen neuen Aufſchwung, zeigte ſich aber auch bald die Neigung zu größern Ge- ſchäften. Die Möglichkeit eines bedeutenden Abſatzes in die Ferne iſt vorhanden, die techniſchen Anſprüche an die gute Leitung einer Brauerei, wie an die Vollkommen- heit der Einrichtung haben ſich immer mehr geſteigert. „Eine den heutigen Anforderungen entſprechende Kunſt- brauerei“ — ſagt Viebahn — „bedarf nächſt ausgedehn- ten Gebäuden eines umfaſſenden Syſtems von Apparaten und Maſchinen zum Darren und zur Zerkleinerung des Malzes, zur Fortſchaffung und zum Kochen des Malz- ſchrotes, eiſerner Kühler in Verbindung mit Ventilatoren und Eiskühlung, welche eine für längere Dauer geeignete Untergährung auch bei wärmerer Witterung ermöglichen, Saccharometer zur genauen Beobachtung des Gährungs- laufes, ausgedehnter Eis- und Bierkeller. Die alten profeſſionsmäßigen Brauereien ſind der Konkurrenz mit dieſen neuen planmäßig eingerichteten Fabriken im Bier- handel ſelten gewachſen, ſie beſchränken ſich deshalb, da ſie meiſtens auch Schenken haben, auf die Produktion für den eigenen Bedarf.“
Letztere ſind im Süden Deutſchlands, am Rhein und in Weſtfalen noch zahlreicher; auch da vergrößern ſich die einzelnen Geſchäfte;1 beſſere, theuerere Einrich- tungen werden gemacht; aber vielfach auch in kleinern mit Schank- und Gaſtwirthſchaft verbundenen Geſchäften.
1 Siehe württemberg. Jahrb. 1862 Heft 2. S. 230.
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Die Bierbrauerei.
Erſt mit einer veränderten Gewerbegeſetzgebung,
welche dieſe Mißbräuche beſeitigte oder zu beſeitigen
erlaubte, nahm die Brauerei einen neuen Aufſchwung,
zeigte ſich aber auch bald die Neigung zu größern Ge-
ſchäften. Die Möglichkeit eines bedeutenden Abſatzes in
die Ferne iſt vorhanden, die techniſchen Anſprüche an
die gute Leitung einer Brauerei, wie an die Vollkommen-
heit der Einrichtung haben ſich immer mehr geſteigert.
„Eine den heutigen Anforderungen entſprechende Kunſt-
brauerei“ — ſagt Viebahn — „bedarf nächſt ausgedehn-
ten Gebäuden eines umfaſſenden Syſtems von Apparaten
und Maſchinen zum Darren und zur Zerkleinerung des
Malzes, zur Fortſchaffung und zum Kochen des Malz-
ſchrotes, eiſerner Kühler in Verbindung mit Ventilatoren
und Eiskühlung, welche eine für längere Dauer geeignete
Untergährung auch bei wärmerer Witterung ermöglichen,
Saccharometer zur genauen Beobachtung des Gährungs-
laufes, ausgedehnter Eis- und Bierkeller. Die alten
profeſſionsmäßigen Brauereien ſind der Konkurrenz mit
dieſen neuen planmäßig eingerichteten Fabriken im Bier-
handel ſelten gewachſen, ſie beſchränken ſich deshalb, da
ſie meiſtens auch Schenken haben, auf die Produktion
für den eigenen Bedarf.“
Letztere ſind im Süden Deutſchlands, am Rhein
und in Weſtfalen noch zahlreicher; auch da vergrößern
ſich die einzelnen Geſchäfte; 1 beſſere, theuerere Einrich-
tungen werden gemacht; aber vielfach auch in kleinern
mit Schank- und Gaſtwirthſchaft verbundenen Geſchäften.
1 Siehe württemberg. Jahrb. 1862 Heft 2. S. 230.
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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