Jedes Dorf beinahe, jedes kleine Städtchen hat eine oder einige Brauereien. Die soziale Stellung des Brauers ist dort überwiegend noch die eines wohlhaben- den Handwerkers, während im Norden der Brauer ein vornehmer Fabrikherr geworden ist.
Die bairischen Brauereien, von welchen die Impulse des Fortschrittes ja wesentlich ausgingen, sind theilweise sehr groß, im Durchschnitt aber auch noch mäßigen Um- fangs. Der jährliche Durchschnittsverbrauch an Malz für eine Brauerei wird auf 247 bairische (etwa 1000 preußische) Scheffel gerechnet, die entsprechende Pro- duktion auf 1730 bairische Eimer Bier.1 In München waren 1857 zwei Brauereien, welche jährlich über 100000 Eimer (100 = 93 preuß.), 10 welche zwischen 34000 und 77000 Eimer produzirten, und 14 kleinere, auf welche durchschnittlich 14000 Eimer kamen. Das sind große Geschäfte. Aehnliche gibt es in Erlangen, Nürnberg, Kitzingen, Kulmbach, Landshut, Regensburg, Windsheim, Bayreuth, Hof und Tölz; die übrigen Brauereien im Lande sind dagegen viel kleiner.
In Preußen werden die nicht gewerblichen Brauereien, die nur für den Hausbedarf arbeiten, unterschieden von den gewerblichen; die Zahl der nicht gewerblichen hat sich wenig geändert, dagegen hat die Zahl der gewerblichen bedeutend abgenommen, während die Produktion allein von 1854--64 von 9 auf 14 Quart pro Kopf stieg; es waren:2
1 Bavaria I, erste Abtheilung, 501.
2 Bienengräber, Statistik des Verkehrs S. 159.
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
Jedes Dorf beinahe, jedes kleine Städtchen hat eine oder einige Brauereien. Die ſoziale Stellung des Brauers iſt dort überwiegend noch die eines wohlhaben- den Handwerkers, während im Norden der Brauer ein vornehmer Fabrikherr geworden iſt.
Die bairiſchen Brauereien, von welchen die Impulſe des Fortſchrittes ja weſentlich ausgingen, ſind theilweiſe ſehr groß, im Durchſchnitt aber auch noch mäßigen Um- fangs. Der jährliche Durchſchnittsverbrauch an Malz für eine Brauerei wird auf 247 bairiſche (etwa 1000 preußiſche) Scheffel gerechnet, die entſprechende Pro- duktion auf 1730 bairiſche Eimer Bier.1 In München waren 1857 zwei Brauereien, welche jährlich über 100000 Eimer (100 = 93 preuß.), 10 welche zwiſchen 34000 und 77000 Eimer produzirten, und 14 kleinere, auf welche durchſchnittlich 14000 Eimer kamen. Das ſind große Geſchäfte. Aehnliche gibt es in Erlangen, Nürnberg, Kitzingen, Kulmbach, Landshut, Regensburg, Windsheim, Bayreuth, Hof und Tölz; die übrigen Brauereien im Lande ſind dagegen viel kleiner.
In Preußen werden die nicht gewerblichen Brauereien, die nur für den Hausbedarf arbeiten, unterſchieden von den gewerblichen; die Zahl der nicht gewerblichen hat ſich wenig geändert, dagegen hat die Zahl der gewerblichen bedeutend abgenommen, während die Produktion allein von 1854—64 von 9 auf 14 Quart pro Kopf ſtieg; es waren:2
1 Bavaria I, erſte Abtheilung, 501.
2 Bienengräber, Statiſtik des Verkehrs S. 159.
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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
Jedes Dorf beinahe, jedes kleine Städtchen hat eine
oder einige Brauereien. Die ſoziale Stellung des
Brauers iſt dort überwiegend noch die eines wohlhaben-
den Handwerkers, während im Norden der Brauer ein
vornehmer Fabrikherr geworden iſt.
Die bairiſchen Brauereien, von welchen die Impulſe
des Fortſchrittes ja weſentlich ausgingen, ſind theilweiſe
ſehr groß, im Durchſchnitt aber auch noch mäßigen Um-
fangs. Der jährliche Durchſchnittsverbrauch an Malz
für eine Brauerei wird auf 247 bairiſche (etwa 1000
preußiſche) Scheffel gerechnet, die entſprechende Pro-
duktion auf 1730 bairiſche Eimer Bier. 1 In München
waren 1857 zwei Brauereien, welche jährlich über 100000
Eimer (100 = 93 preuß.), 10 welche zwiſchen 34000
und 77000 Eimer produzirten, und 14 kleinere, auf
welche durchſchnittlich 14000 Eimer kamen. Das
ſind große Geſchäfte. Aehnliche gibt es in Erlangen,
Nürnberg, Kitzingen, Kulmbach, Landshut, Regensburg,
Windsheim, Bayreuth, Hof und Tölz; die übrigen
Brauereien im Lande ſind dagegen viel kleiner.
In Preußen werden die nicht gewerblichen
Brauereien, die nur für den Hausbedarf arbeiten,
unterſchieden von den gewerblichen; die Zahl der
nicht gewerblichen hat ſich wenig geändert, dagegen
hat die Zahl der gewerblichen bedeutend abgenommen,
während die Produktion allein von 1854—64 von 9
auf 14 Quart pro Kopf ſtieg; es waren: 2
1 Bavaria I, erſte Abtheilung, 501.
2 Bienengräber, Statiſtik des Verkehrs S. 159.
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/430>, abgerufen am 22.11.2024.
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