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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Brodfabriken und die verbesserten Backöfen.
wirthschaftlichen Backöfen, -- sagt er -- in welchen nur
zeitweilig Brod gebacken wird, braucht man für je
100 Pfund Brod 60--70 Pfund Holz; in Oefen,
worin täglich 2- bis 3 mal gebacken wird, 30--36
Pfund; in Oefen, in welchen Tag und Nacht ununter-
brochen gebacken wird, 17--18 Pfund; das macht das
Pfund Holz zu 1 Pfennig gerechnet 70, 36 oder
18 Pfennige; bei konstanter Steinkohlenheizung braucht
man 10--12 Pfund Steinkohlen, die 7--8 Pfennige
kosten, womit die wirklichen Rechnungen der großen
Bäckerei im Hospital St. Jean in Brüssel überein-
stimmen. Engel nimmt an, daß in Sachsen jährlich
800 Millionen Pfund Brod konsumirt werden, und daß
demnach durch Konzentration der ganzen Brodbäckerei
eine Ersparniß von nahezu einer Million Thaler zu
erzielen wäre. Die jetzt viel genannten Wochenmeyer-
schen Dampfbacköfen leisten bei gleichen Kosten mindestens
das 21/2 fache gewöhnlicher Backöfen.

Zu derartigen großen Einrichtungen gehört aber ein
großes Kapital. Reiche Unternehmer nur oder Aktien-
gesellschaften, Spitäler, große militärische Verpflegungs-
anstalten, sowie Genossenschaften können sie in die Hand
nehmen. In Stuttgart ist Ende 1865 eine Brod-
fabrik entstanden, welche einen großen Zulauf hat und
eine gute Qualität Brod unter dem Preise der übrigen
Bäcker liefert. Die Berliner Aktienbäckerei hat nach
Viebahn einen jährlichen Absatz von 15 Millionen Pfund.
In Trier und Köln sind große Geschäfte, die ihre Pro-
dukte meilenweit in die Umgegend absetzen. Die Bäcke-
reien von Hameln sollen in den letzten Jahren für etwa

Die Brodfabriken und die verbeſſerten Backöfen.
wirthſchaftlichen Backöfen, — ſagt er — in welchen nur
zeitweilig Brod gebacken wird, braucht man für je
100 Pfund Brod 60—70 Pfund Holz; in Oefen,
worin täglich 2- bis 3 mal gebacken wird, 30—36
Pfund; in Oefen, in welchen Tag und Nacht ununter-
brochen gebacken wird, 17—18 Pfund; das macht das
Pfund Holz zu 1 Pfennig gerechnet 70, 36 oder
18 Pfennige; bei konſtanter Steinkohlenheizung braucht
man 10—12 Pfund Steinkohlen, die 7—8 Pfennige
koſten, womit die wirklichen Rechnungen der großen
Bäckerei im Hoſpital St. Jean in Brüſſel überein-
ſtimmen. Engel nimmt an, daß in Sachſen jährlich
800 Millionen Pfund Brod konſumirt werden, und daß
demnach durch Konzentration der ganzen Brodbäckerei
eine Erſparniß von nahezu einer Million Thaler zu
erzielen wäre. Die jetzt viel genannten Wochenmeyer-
ſchen Dampfbacköfen leiſten bei gleichen Koſten mindeſtens
das 2½ fache gewöhnlicher Backöfen.

Zu derartigen großen Einrichtungen gehört aber ein
großes Kapital. Reiche Unternehmer nur oder Aktien-
geſellſchaften, Spitäler, große militäriſche Verpflegungs-
anſtalten, ſowie Genoſſenſchaften können ſie in die Hand
nehmen. In Stuttgart iſt Ende 1865 eine Brod-
fabrik entſtanden, welche einen großen Zulauf hat und
eine gute Qualität Brod unter dem Preiſe der übrigen
Bäcker liefert. Die Berliner Aktienbäckerei hat nach
Viebahn einen jährlichen Abſatz von 15 Millionen Pfund.
In Trier und Köln ſind große Geſchäfte, die ihre Pro-
dukte meilenweit in die Umgegend abſetzen. Die Bäcke-
reien von Hameln ſollen in den letzten Jahren für etwa

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[413/0435] Die Brodfabriken und die verbeſſerten Backöfen. wirthſchaftlichen Backöfen, — ſagt er — in welchen nur zeitweilig Brod gebacken wird, braucht man für je 100 Pfund Brod 60—70 Pfund Holz; in Oefen, worin täglich 2- bis 3 mal gebacken wird, 30—36 Pfund; in Oefen, in welchen Tag und Nacht ununter- brochen gebacken wird, 17—18 Pfund; das macht das Pfund Holz zu 1 Pfennig gerechnet 70, 36 oder 18 Pfennige; bei konſtanter Steinkohlenheizung braucht man 10—12 Pfund Steinkohlen, die 7—8 Pfennige koſten, womit die wirklichen Rechnungen der großen Bäckerei im Hoſpital St. Jean in Brüſſel überein- ſtimmen. Engel nimmt an, daß in Sachſen jährlich 800 Millionen Pfund Brod konſumirt werden, und daß demnach durch Konzentration der ganzen Brodbäckerei eine Erſparniß von nahezu einer Million Thaler zu erzielen wäre. Die jetzt viel genannten Wochenmeyer- ſchen Dampfbacköfen leiſten bei gleichen Koſten mindeſtens das 2½ fache gewöhnlicher Backöfen. Zu derartigen großen Einrichtungen gehört aber ein großes Kapital. Reiche Unternehmer nur oder Aktien- geſellſchaften, Spitäler, große militäriſche Verpflegungs- anſtalten, ſowie Genoſſenſchaften können ſie in die Hand nehmen. In Stuttgart iſt Ende 1865 eine Brod- fabrik entſtanden, welche einen großen Zulauf hat und eine gute Qualität Brod unter dem Preiſe der übrigen Bäcker liefert. Die Berliner Aktienbäckerei hat nach Viebahn einen jährlichen Abſatz von 15 Millionen Pfund. In Trier und Köln ſind große Geſchäfte, die ihre Pro- dukte meilenweit in die Umgegend abſetzen. Die Bäcke- reien von Hameln ſollen in den letzten Jahren für etwa

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/435>, abgerufen am 22.11.2024.